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Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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annimmt oder sein hohes Amt an mich abtritt! Hält er seinen Rang wegen seines Könnens oder aus einem anderen Grund, mein Herr und Gebieter?«
    »Ich wollte«, erklärte Morgause, »dein Sohn wäre noch jung genug, um ihm den Hintern zu versohlen, Morgaine.«
    »Warum ihm die Schuld geben?« fragte Morgaine. »Warum nicht Gwenhwyfar? Schließlich hat sie ihren Gemahl so angreifbar gemacht. Jeder im Reich weiß, daß sie Lancelot ihre Gunst schenkt. Aber niemand ruft ›Hexe‹ oder ›Hure‹, wenn sie vor das Volk tritt.«
    Inzwischen hatte Lancelot sich erhoben und ging mit großen Schritten auf Gwydion zu. Er hob die behandschuhte Hand und schlug dem jungen Mann ins Gesicht. »Jetzt habt Ihr mir wirklich Grund gegeben, Euch wegen Eurer vorlauten Zunge zu züchtigen, Gwydion. Wir wollen sehen, wer jetzt dem Kampf ausweicht!«
    »Deshalb bin ich hier«, erklärte Gwydion ungerührt von Lancelots Worten und dem Schlag. Aus seinem Mundwinkel tropfte Blut. »Ich erkenne sogar Euren ersten Treffer an. Es ist nur richtig, daß ein Mann in Eurem Alter einen gewissen Vorteil hat.«
    Lancelot sagte etwas zu einem der Marschälle, der seinen Platz als Kampfrichter einnahm. Auf den Rängen erhob sich lautes Gemurmel, als Lancelot und Gwydion die Schwerter zogen und sich vor dem König verbeugten, wie das Zeremoniell es vor einem Kampf vorschrieb. Morgause dachte:
Niemand wird sich ausreden lassen, daß die beiden nicht Vater und Sohn sind.
Die beiden Männer hatten das Visier geschlossen und standen sich mit erhobenem Schwert gegenüber. Sie waren beinahe gleich groß. Der einzige Unterschied war Lancelots alte, zerbeulte Rüstung im Gegensatz zu Gwydions glänzender neuer Brustplatte. Langsam umkreisten sie einander, stürzten dann aufeinanderlos, und Morgause verlor den Überblick. Die Hiebe hagelten so schnell und dicht, daß sie ihnen nicht mehr folgen konnte. Sie sah, daß Lancelot versuchte, die Kräfte des jungen Mannes einzuschätzen. Dann verstärkte er seinen Angriff und holte zu einem mächtigen Schlag aus. Gwydion wehrte das Schwert mit dem Schildrand ab, doch die Wucht der niedersausenden Klinge war so groß, daß er schwankte, das Gleichgewicht verlor und der Länge nach hinfiel. Er richtete sich mühsam auf. Lancelot legte das Schwert beiseite und half seinem Gegner wieder auf die Beine. Morgause hörte nicht, was er zu Gwydion sagte. Aber seine Geste wirkte gutmütig und bedeutete soviel wie: »Habt Ihr nun genug, junger Mann?«
    Gwydion deutete auf das Blut an Lancelots Armgelenk, wo er ihm eine kleine Wunde beigebracht hatte. Laut und vernehmlich sagte er: »Ihr habt den ersten blutigen Treffer gelandet, Herr, und ich den zweiten. Sollen wir durch einen neuen Gang entscheiden, wer Sieger ist?«
    Ein Sturm von Zischen und mißbilligenden Rufen antwortete ihm. Da die Gegner mit scharfen Waffen kämpften, war bei Schaukämpfen ein Kampf üblicherweise mit dem ersten blutigen Treffer beendet. Artus erhob sich. »Dies ist ein Fest und ein höfisches Turnier, kein Duell! Ich erlaube nicht, daß Zwistigkeiten hier ausgetragen werden, es sei denn mit Fäusten oder Keulen! Kämpft weiter, wenn ihr wollt. Aber ich warne euch. Wenn einer eine ernsthafte Wunde davonträgt, setzt ihr euch beide meinem größten Mißfallen aus!« Sie verbeugten sich und umkreisten einander, um bei dem Gegner eine Blöße zu entdecken. Dann stürzten sie vorwärts. Morgaine hielt die Luft an, als sie sah, mit welcher Heftigkeit sie aufeinander einhieben. Jeden Augenblick konnte einer die Schildwehr des anderen zerschlagen und ihm eine tödliche Wunde beibringen. Einer der Männer sank plötzlich auf die Knie… ein Hagel von Schlägen ging auf seinen Schild nieder. Die Schwerter verfingen sich ineinander, und einer sank immer weiter zu Boden… Gwenhwyfar erhob sich und schrie: »Man muß sie trennen!«
    Artus warf seinen Stab in die Schranken. Wenn dies geschah, mußte jeder Kampf sofort unterbrochen werden. Aber die beiden bemerkten es nicht; die Marschälle mußten sie trennen. Gwydion nahm den Helm ab und stand aufrecht und lächelnd da. Ein Schildknappe mußte Lancelot auf die Füße helfen. Er atmete schwer. Schweiß und Blut rannen ihm über das Gesicht. Von allen Seiten erhob sich wütendes Gezisch. Selbst die anderen Ritter auf dem Turnierplatz stimmten ein. Gwydion hatte sich nicht beliebter gemacht, indem er den Helden der Menge beschämte.
    Aber er verbeugte sich vor dem älteren Ritter: »Ihr habt mir eine große Ehre

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