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Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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König. Aber Ihr wißt ebenso gut wie ich, daß sie zu alt ist, um noch ein Kind zu gebären. Ja, mein Gebieter, kommt her und seht…«, sagte sie barsch. »Männer denken nie darüber nach, was sie da anrichten. Und die Frauen müssen die Lust der Männer mit dieser blutigen Angelegenheit bezahlen! Nein, es war zu früh, um zu sagen, ob es ein Sohn oder eine Tochter geworden wäre. Aber sie hat bereits einen prächtigen Sohn, und ich bin sicher, wenn sie jung und stark genug gewesen wäre, hätte sie Euch noch einen Sohn geboren!«
    »Morgaine… meine Liebste, sieh mich an«, flehte Uriens. »Es tut mir so leid, daß du leidest! Aber sei nicht traurig, Liebste! Ich habe noch zwei Söhne und mache dir keinen Vorwurf…«
    »Ach nein?« fragte die alte Hebamme unwirsch. »Ich würde an Eurer Stelle nicht von Vorwürfen sprechen, mein König. Sie ist immer noch schwach und krank. Wir werden ein zweites Bett in die Kammer stellen, damit Ihr ruhig schlafen könnt, bis es ihr wieder bessergeht. Hier…«, Morgaine spürte den Arm der Frau, die ihr liebevoll den Kopf stützte, und etwas angenehm Warmes an ihren Lippen, »kommt, meine Liebe, trinkt das. Es ist Honig darin, und die Medizin stillt das Bluten… Ich weiß, Ihr seid krank. Versucht trotzdem, es zu trinken… so ist es gut…«
    Morgaine schluckte die bittersüße Flüssigkeit; Tränen nahmen ihr die Sicht. Einen Augenblick lang schien sie wieder das kleine kranke Mädchen zu sein, das sich trostsuchend in Igraines Arme schmiegte. »Mutter…« Selbst im Fieberwahn wußte sie, daß Igraine schon lange tot war, daß sie selbst kein Mädchen und keine Jungfrau mehr war, sondern alt, zu alt, um hier zu liegen und mit dem Tode zu ringen…
    »Nein, mein König. Sie weiß nicht, was sie sagt… Schon gut, schon gut, Liebes, bleibt ruhig liegen und versucht zu schlafen. Wir haben Euch warme Ziegelsteine an die Füße gelegt, gleich wird Euch wärmer werden…«
    Getröstet und besänftigt sank Morgaine in einen tiefen Schlaf und träumte. Sie war ein kleines Mädchen in Avalon im Haus der Jungfrauen. Viviane sprach mit ihr, sagte etwas, an das sie sich nicht richtig erinnern konnte… über die Göttin, die das Leben der Menschen spann. Sie gab Morgaine eine Spindel und befahl ihr zu spinnen. Aber der Faden wurde nicht gleichmäßig, sondern verwirrte und verknotete sich. Schließlich sagte Viviane ärgerlich: »Gib her…« Sie übergab ihr die Spindel und zerrissene Fäden – aber es war nicht Viviane. Sie trug das drohende Gesicht der Göttin, und sie selbst war so klein, so klein… Sie spann und spann, mit Fingern, die zu klein waren, um den Spinnrocken zu halten, und die Göttin trug Igraines Gesicht…
    Morgaine kam ein oder zwei Tage später wieder zu sich. Sie konnte klar denken, aber sie hatte Schmerzen am ganzen Körper. Sie legte die Hand auf die wunde Stelle und dachte bitter:
Ich hätte mir einen Teil der Qualen sparen können. Ich hätte wissen sollen, daß ich ohnedies eine Fehlgeburt haben würde. Nun, was geschehen ist, ist geschehen. Ich muß mich auf die Nachricht von Artus
'
Tod vorbereiten. Ich muß darüber nachdenken, was ich tun werde, wenn Accolon zurückkehrt… Gwenhwyfar soll in ein Kloster gehen, oder mit Lancelot in die Bretagne, wenn sie das vorzieht. Ich werde sie nicht daran hindern…
    Sie verließ das Bett, kleidete sich an und machte sich schön. »Du solltest liegenbleiben, Morgaine, du siehst immer noch angegriffen aus«, sagte Uriens.
    »Nein«, erwiderte sie, »wir werden bald seltsame Nachrichten erhalten, mein Gemahl, und müssen uns bereitmachen, sie entgegenzunehmen.«
    Sie kämmte sich und flocht rote Bänder und Edelsteine in ihre Haare. Uriens stand am Fenster und sagte: »Sieh doch, die Gefährten üben mit den Waffen… Ich glaube, Uwain ist der beste Reiter. Sieh doch selbst, meine Liebe, er reitet ebenso gut wie Gawain. Und an seiner Seite sehe ich Galahad. Morgaine, traure nicht um das Kind, das du verloren hast. Uwain wird dich immer als seine Mutter ansehen. Ich habe dir schon bei unserer Hochzeit gesagt, daß ich dir deine Unfruchtbarkeit nie zum Vorwurf machen würde. Ich hätte mich über ein Kind gefreut. Aber da es nicht sein soll… wir haben keinen Grund, traurig zu sein. Und…«, schüchtern griff er nach ihrer Hand, »vielleicht ist es besser so… Ich wußte nicht, wie nahe ich daran war, dich zu verlieren.«
    Morgaine stand neben ihm am Fenster. Er hatte den Arm um ihre Hüfte gelegt, und sie

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