Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
gegürtet… Jetzt stand sie knietief in einer unbarmherzigen Flut und mußte mitansehen, wie alles davongetragen wurde. Die anklagenden Blicke von Uwain und seinem Vater waren auf sie gerichtet.
    »Oh, ich weiß wohl, Ihr habt diesen Verrat geplant«, sagte Uwain. »Aber ich habe kein Mitleid mit Accolon, denn er ließ sich von einer Frau verführen! Ich hoffe, Ihr besitzt genug Anstand, Mutter, meinen Vater nicht weiter in Eure verruchten Pläne gegen unseren König hineinzuziehen!« Er starrte sie wütend an und wendete sich seinem Vater zu, der sich wie betäubt an den Tisch klammerte. Uwain führte den alten Mann zu einem Stuhl, kniete vor ihm nieder und küßte ihm die Hand: »Lieber Vater. Ich bin immer noch an Eurer Seite…«
    »Oh, mein Sohn, mein Sohn…«, klagte Uriens verzweifelt. »Ruht Euch aus, Vater. Ihr müßt jetzt stark sein. Aber ich muß mich um meine Mutter kümmern. Auch sie leidet…«
    »Mutter nennst du sie!« schrie Uriens, richtete sich hoch auf und starrte Morgaine mit unversöhnlichem Haß an. »Ich will nie mehr hören, daß du dieses verwünschte Weib ›Mutter‹ nennst! Glaubst du, ich weiß nicht, daß sie meinen guten Sohn durch ihre Zauberkünste gegen den König aufgestachelt hat? Und jetzt glaube ich auch, daß sie durch ihre böse Hexerei den Tod Avallochs verschuldet hat… Ach, und den Sohn, den sie mir hätte gebären sollen… sie hat drei meiner Söhne in den Tod geschickt! Sieh dich vor, Uwain, daß sie nicht auch dich mit ihrer Zauberei in Tod und Verderben lockt… Nein, sie ist nicht deine Mutter!«
    »Vater! Mein Gebieter!« rief Uwain entsetzt und streckte die Hand nach Morgaine aus. »Vergebt ihm, Mutter. Er weiß nicht, was er sagt! Ihr seid beide außer euch vor Schmerz… Ich bitte euch, bewahrt in Gottes Namen Ruhe. Der Tag hat bereits genug Leid über uns gebracht!«
    Aber Morgaine hörte seine Worte kaum. Diesen Mann, diesen Ehemann hatte sie nie gewollt. Und er überlebte als einziger das Scheitern all ihrer Pläne! Hätte sie ihn doch im Feenreich sterben lassen. Jetzt stand er ihr immer noch mit seinem nutzlosen alten Leben im Weg, während Accolon tot war. Accolon hätte all das wiedergutmachen sollen, was sein Vater gelobt und nicht gehalten hatte, was Artus Avalon geschworen und verraten hatte… Nichts war geblieben, als Uriens, dieser Tattergreis…
    Sie griff nach ihrem Sichelmesser, schob Uwain beiseite und stürzte sich auf Uriens. Sie wußte kaum, was sie tat, als sie den Dolch hob und zustieß…
    Eine eiserne Hand umklammerte ihren Arm und entwand ihr den Dolch. Sie wehrte sich, und Uwain hätte ihr dabei fast den Arm gebrochen. »Nein, das dürft Ihr nicht, Mutter!« flehte er. »Mutter, ist der Teufel in Euch gefahren? Seht doch, Mutter, es ist nur Vater… O Gott, habt Ihr denn kein Mitgefühl für sein Leid? Er will Euch nicht anklagen. Er ist außer sich und weiß nicht, was er sagt. Wenn er wieder zur Vernunft kommt, wird er wissen, daß er Unsinn geredet hat. Ich beschuldige Euch auch nicht… Mutter, Mutter, hört auf mich. Gebt mir den Dolch… liebe Mutter…«
    Die wiederholten Rufe ›Mutter‹, und die Angst und Liebe in Uwains Stimme durchdrangen schließlich den Nebel, der über Morgaines Augen und Geist lag. Sie ließ sich von Uwain den kleinen Dolch abnehmen und bemerkte aus unendlicher Ferne, daß ihre Finger bluteten, wo sie sich mit der Klinge bei dem Handgemenge geschnitten hatte. Auch seine Hand war verletzt. Er steckte den Finger in den Mund und lutschte daran wie ein Knabe.
    »Vater, lieber Vater! Vergebt ihr«, bettelte Uwain und beugte sich über Uriens, der totenblaß auf dem Bett lag. »Sie ist vor Schmerz von Sinnen. Auch sie liebte meinen Bruder… Vergeßt nicht, wie krank sie war. Sie hätte das Bett heute nicht verlassen dürfen. Mutter, darf ich Eure Frauen rufen, damit sie Euch wieder zu Bett bringen…? Hier, das gehört Euch«, sagte er und drückte ihr das Sichelmesser in die Hand. »Ich weiß, es gehörte Eurer Ziehmutter, der Herrin von Avalon, Ihr habt es mir erzählt, als ich noch ein Knabe war. Oh, arme kleine Mutter«, rief er und schlang die Arme um ihre Schultern.
    Morgaine erinnerte sich noch an die Zeit, als sie ihn überragte. Damals war er ein mageres Kerlchen gewesen, dessen Knochen so klein und weich waren wie die eines Vogels. Jetzt war er größer als sie und drückte sie liebevoll an sich. »Liebste Mutter, meine arme kleine Mutter, weint nicht. Ich weiß, Ihr habt Accolon ebenso sehr

Weitere Kostenlose Bücher