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Die Nebelkinder

Die Nebelkinder

Titel: Die Nebelkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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Reitertrupp zu. Bardo hielt etwas zwischen seinen Zähnen: ein Stück Stoff, das Egolf ihm streitig zu machen versuchte. Wieder und wieder schnappte das schwarzköpfige Tier danach und bekam endlich einen Zipfel zu fassen. Der Stoff spannte sich zwischen den Hunden und riss.
    Jeder der beiden hatte jetzt seinen eigenen Fetzen und hätte damit zufrieden sein können. Doch Bardo, offenbar zornig über den Verlust der halben Beute, ließ auch den ihm verbliebenen Rest fallen und griff den Gefährten an, der sich knurrend und beißend verteidigte. Von einem Augenblick auf den nächsten waren die Hunde in einen heftigen Kampf verstrickt und schienen alles andere vergessen zu haben. Selbst die lauten Rufe ihres wütenden Herrn blieben unbeachtet. Von gleicher Größe und gleicher Stärke, gelang es weder Bardo noch Egolf, die Oberhand zu gewinnen. Sie bluteten bereits aus mehreren Wunden und immer wieder schnappten die geröteten Fänge nach dem Leib des Gegners.
    »Was haben die beiden bloß?«, schnaubte Wenrich und sah Volko an. »Glotz nicht so blöde, Mann, bring sie endlich auseinander!«
    »Ja, Herr!«
    Volko drückte die Hacken in die Flanken seines Braunen und ritt auf die beiden tobenden Hunde zu. Der wilde Kampf erschreckte das Pferd. Es scheute und stieg auf die Hinterbeine. Der Reiter verlor den Halt. Vergebens ruderte er Hilfe suchend mit den Armen in der Luft. Er fiel auf den Boden, wo er rücklings aufschlug. Der Braune ergriff die Flucht, und einer von Wenrichs Männern ritt ihm nach.
    Der Gestürzte stöhnte laut, schaffte es aber nicht, sich aufzurichten. Als er es zum zweiten Mal versuchte, fielen ihn die Hunde an. Der Zwist untereinander schien vergessen. Die rasenden Bestien hatten Volko zur gemeinsamen Beute erkoren.
    Wenrich sah dem grausigen Schauspiel ungerührt zu. Mit keinem Wort versuchte er seine Tiere von Volko abzuhalten. Albin hatte den Eindruck, dass die Hunde ihm wichtiger waren als der hilflos am Boden liegende Mensch. Der Vogt schien froh darüber zu sein, dass Bardo und Egolf sich nicht mehr gegenseitig bekämpften.
    Guntram gab seinen Leuten einen Wink. »Helft dem Mann!«
    Vier Reiter sprengten nach vorn und versuchten die Hunde durch Schläge mit stumpfen Speerenden und flachen Schwertklingen von Volko wegzutreiben. Die beiden wütenden Tiere nahmen das kaum zur Kenntnis. Ihr ganzes Streben schien darauf ausgerichtet, Volko, der schon aus mehreren Bisswunden blutete, zu töten.
    »Erledigt diese tollwütigen Köter!«, rief Guntram.
    Seine Männer stießen mit den Speeren zu, bis die Hunde reglos in ihrem eigenen Blut lagen. Guntrams Leute kümmerten sich um Volko und lehnten ihn mit dem Rücken gegen einen mannshohen Felsen. Verstört blickte er auf die Hunde, die fast sein Ende gewesen wären.
    Wenrich stieg aus dem Sattel und ging zu seinen Hunden. Er sah auf sie hinab, dann wandte er sich mit wutverzerrtem Gesicht zu Guntram um. »Deine Männer haben sie getötet. Sie haben Bardo und Egolf einfach abgestochen!«
    »Sie haben getan, was du deinen Männern hättest befehlen sollen«, erwiderte Guntram ungerührt.
    »Die Hunde waren weitaus wertvoller als ein Mann. Du wirst mir für ihren Tod einen hohen Preis zahlen müssen, Guntram!«
    »Gar nichts werde ich!« Guntrams Stimme gewann an Schärfe. »Niemand wird mich dafür zur Rechenschaft ziehen, dass ich einen Menschen vor zwei tollwütigen Hunden gerettet habe. Vergiss nicht, Wenrich, dass du mit dem Gesandten des Königs sprichst!«
    Kurze Zeit hielt der Vogt dem Blick des Grafen stand. Dann senkte Wenrich das Haupt und murmelte: »Du hast Recht, Graf Guntram, ich war vermessen. Verzeih meine Erregung, aber die Hunde haben mir wirklich viel bedeutet.«
    Albin, der vom Pferd gestiegen war, blickte in Wenrichs Gesicht. Es wollte so gar nicht zu seinen Worten passen. Die verhärteten Züge kündeten von nur mühsam unterdrücktem Zorn, die flatternden Augenlider von heftiger Erregung. Albin bezweifelte, dass der Vogt es mit seiner Entschuldigung ehrlich meinte. Graf Guntram schien sich durch den Tod der Hunde einen erbitterten Feind geschaffen zu haben.
    Als Albin die Kadaver aus der Nähe betrachtete, bemerkte er den Schaum, der von den Mäulern troff. Waren die Tiere wirklich von der Tollwut gepackt worden? Das erschien ihm wenig wahrscheinlich, da beide Hunde fast im selben Augenblick der Raserei anheim gefallen waren. Und zwar in dem Augenblick, als sie sich um den Fetzen Stoff zankten. Das zerrissene Beutestück lag

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