Die netten Nachbarn
des Geschäfts auskennt. Vorige Woche hat das Ohel-Theater zwei Tennessee Williams auf dem schwarzen Markt verkauft. Dabei ist es nicht ohne Komplikationen abgegangen. Ursprünglich waren die Rechte in New York von einem Steward der El-Al erworben worden, der sich dem Agenten des Autors als israelischer Erziehungsminister vorgestellt hatte. Von ihm gingen die Rechte an eine alternde hebräische Schauspielerin, die sich auf diese Weise die weibliche Hauptrolle sichern wollte. Da der Direktor des Theaters damit nicht einverstanden war, tauschte er die zwei Tennessees gegen einen Max Frisch, den ein bekannter Basketballspieler von einem griechischen Antiquitätenhändler gekauft hatte. Als das Kammertheater von dieser Transaktion erfuhr, schaltete er sich blitzschnell ein und kam der Habima um eine Nasenlänge zuvor.«
»Einen Augenblick!« Ich fühlte, wie mich die Leidenschaft überkam. »Wenn der Frisch noch frei ist, kaufe ich ihn.«
Felix sprach, der Sache nachzugehen. Ich warte jetzt auf seinen Bescheid. Wie ich höre, hat Frisch bereits um zwei Punkte angezogen. Arthur Miller notiert unverändert. Brecht schwankt. Ich auch. Soll ich nicht doch ein Musical kaufen?
Goldstein, kehre zurück, alles vergeben
Die Frage, wer Schlomo Goldstein aufgefordert hat, unser Schlafzimmer neu zu streichen, ruft in unserer Familie immer noch stürmische Diskussionen hervor. Die beste Ehefrau von allen behauptet, ich hätte ihr wegen der Flecken an der Decke das Leben zur Hölle gemacht. Ich meinerseits erinnere mich nur an ihren wenig abwechslungsreichen Ausruf: »Schau dir die Wände an! Bitte schau dir die Wände an!«
Wie immer dem sei – eines Morgens erspähte sie vor der Tür unserer Wohnungsnachbarn Selig zwei Maler mit Leitern und Eimern, schlich sich sofort an sie heran und lud sie in unser Schlafzimmer ein. Die beiden, Schlomo Goldstein und sein Gehilfe Mahmud, sagten ja, sie würden kommen, Donnerstag um halb acht in der Früh, wenn’s recht ist. Die Frage der Bezahlung blieb zunächst offen; es wurde lediglich ein Vorschuss in Höhe von 200 Pfund vereinbart.
Am Donnerstag kamen sie überpünktlich um 7.10 Uhr. Mahmud verhüllte unsere Möbel sorgfältig mit ausländischen Zeitungen, für den Fußboden verwendete er die »Jerusalem Post«. Als Nächstes stellten sie eine bunte Holzleiter auf, banden sich Taschentücher vor den Mund, gegen den Staub, kratzten drei Wände und die halbe Decke ab und verschwanden.
Es verschwanden allerdings nur Goldstein und Mahmud, nicht die Leiter, nicht die Zeitungen und nicht der Staub unter unseren Füßen. Anfangs dachten wir, dass die beiden nur weggegangen wären, um Farbe oder Ähnliches zu kaufen, aber nach drei Tagen wurden wir doch ein wenig nervös.
Es ist schwer, in einem mit Zeitungspapier tapezierten Zimmer zu schlafen und beim Aufstehen sofort in knöcheltiefem Staub zu versinken, den wir nämlich auf Goldsteins ausdrückliche Anordnung nicht wegkehren durften, weil er – der Staub, nicht Goldstein – einen natürlichen Schutz gegen herabtropfende Farbe darstellt. Aber es tropfte keine Farbe, und es war kein Goldstein zu sehen.
»Und er hat einen so soliden Eindruck gemacht …« Die beste Ehefrau von allen schüttelte den staubigen Kopf. »Ich hätte ihm das niemals zugetraut.«
Sie ging zu den Seligs hinüber und fand deren Wohnung in gleichem Zustand wie die unsere: verwaiste Leitern, vereinsamte Eimer, viel Staub und weder Goldstein noch Mahmud. Die beiden hatten auch bei Seligs nur einen halben Tag gearbeitet, und Mahmud hatte sein bevorstehendes Verschwinden vorsorglich durch die Anfrage getarnt, ob er am Morgen immer ein Glas Milch haben könnte, er sei daran gewöhnt und danke im Voraus. Seither fehlte von ihm und Goldstein jede Spur.
Die Seligs ihrerseits besuchten letzten Samstag die mit ihnen befreundete Familie Friedländer in Ramat Gan und wurden gleich an der Tür von einer alleinstehenden Leiter begrüßt. Sie ersetzte die Aufschrift »Goldstein war hier«. Allem Anschein nach hatte er seine Arbeit dort unmittelbar nach seinem Abgang von uns aufgenommen. Einige Tage später erschien Mahmud mit der Mitteilung, dass ihre beiden Frauen, Goldsteins und die seine, sich im Krankenhaus befänden. Das war das Letzte, was man von ihnen sah.
»Ephraim«, erklärte die beste Ehefrau von allen, »wir haben es mit zwei Verrückten zu tun.«
Es musste eine sonderbare Verrücktheit sein, eine Art Sprachfehler vielleicht, die beiden konnten offenbar nicht
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