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Die Netzhaut

Die Netzhaut

Titel: Die Netzhaut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torkil Damhaug
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Handy herum und schrieb anscheinend eine SMS .
    »Da kann man mal sehen«, sagte er, als Roar auf ihn zuging. Schwer zu sagen, was er damit meinte. Seit ihrem Gespräch in Bergers Küche war es das erste Mal, dass sie wieder allein waren. Roar hatte mehrmals erwogen, in Vikens Büro zu gehen und dem Kommissar zu erklären, warum er in der Tiefgarage verschwiegen hatte, wer seine Informationsquelle war, doch es sträubte sich alles in ihm bei dem Gedanken, mit Viken über Jennifer Plåterud zu reden. Außerdem war das Gefühl lächerlich, dass er etwas zu gestehen hatte. Er nahm sich zusammen, rief sich zur Ordnung und dachte daran, dass er vierunddreißig und nicht sechzehn Jahre alt war.
    In diesem Moment erschien
sie
auf der Bildfläche. Er verzog das Gesicht und wandte den Kopf ab, während er das Klacken ihrer Stilettos auf dem Asphalt hörte. Er hätte sich ja denken können, dass auch Jennifer hier auftauchen würde. Aus irgendeinem Grund hatte sie sowohl zu Liss Bjerke als auch zu deren Mutter ein Vertrauensverhältnis entwickelt. Als er sich zu ihr umdrehte, blinzelte sie ihn auf eine Art und Weise an, die Verwunderung darüber ausdrücken mochte, ihn im Anzug zu sehen. Roar wusste genau, was sie über das mangelnde Stilempfinden der norwegischen Männer dachte. Viken war da natürlich eine rühmliche Ausnahme. Hätte man den bestangezogenen Kommissar der Osloer Polizei gekürt, wäre die Wahl unweigerlich auf ihn gefallen.
    »Immer bei der Arbeit?«, fragte Jennifer leise.
    »Wir schon, Sie nicht!«, entgegnete der Kommissar schroff.
    Roar schaute sie mit undurchdringlichem Blick an. Hätte er gewusst, hier zwischen die Fronten von Jennifer und Viken zu geraten, hätte er sich für diese Beerdigung eine Ausrede einfallen lassen. Gestern Abend hatte sie ihn angerufen und angedeutet, dass sie durchaus noch bei ihm vorbeikommen könne. Er hatte entgegnet, Emily sei bei ihm und er müsse früher aus den Federn als Andersen auf Skarnes, um seine Tochter am nächsten Tag in den Kindergarten zu bringen, außerdem sei er schon auf dem Weg ins Bett. Jennifer hatte erwidert, sie kenne keinen Andersen auf Skarnes, die Botschaft aber verstanden.
     
    Roar war schon mehrmals in der Kirche in Lørenskog gewesen, das letzte Mal bei der Taufe seines Neffen vor einem Jahr. Die Kirche stammte aus dem 12. Jahrhundert, schlicht, weiß gekalkt, mit nach Süden gewandten Fenstern, die das einströmende Licht färbten und es quer durch den Kirchenraum warfen, der jetzt bis auf den letzten Platz gefüllt war.
    Sie ergatterten gerade noch zwei Randplätze in der vorletzten Reihe. Viele blieben an der Eingangstür oder im Vorraum stehen, manche auch draußen vor der Tür. Der Kirchenraum war ein einziges Blumenmeer. Roar konnte sich nicht daran erinnern, jemals so viele Blumen bei einer Beerdigung gesehen zu haben. Sie schmückten sowohl den Sarg als auch den Altar und den Mittelgang.
    Er spürte den Druck von Jennifers Oberschenkel an seinem. Sie saß zwischen ihm und Viken. Der Blick des Kommissars schweifte durch den Raum. Nicht einen Augenblick lang hatte er diesen Fall für aufgeklärt gehalten. Roar hatte erwartet, dass der Fund des Rings Viken zum Umdenken veranlassen würde, doch als sie am Freitagnachmittag die neuen Erkenntnisse rekapitulierten, hatte sich Viken nicht ansatzweise beeindruckt gezeigt. Er betonte, dass Berger ständig Besuch gehabt habe und in letzter Zeit nahezu durchgehend berauscht gewesen sei. Dass jemand Mailin Bjerkes Ring vorsätzlich in Bergers Auto deponiert habe, sei nicht nur denkbar, sondern sogar wahrscheinlich, behauptete er. Der Betreffende hätte ohne Weiteres ein paar Haarsträhnen aus Bergers Wohnung entwenden und am Fundort der Leiche platzieren können.
    »Wirkt das nicht ein bisschen konstruiert?«, hatte Dezernatsleiter Helgarson während der Nachmittagsbesprechung eingeworfen.
    »Konstruiert?«, fragte Viken zurück. »Dass jemand versucht, den Verdacht von sich abzulenken, oder sich an diesem Typen für irgendwas rächen will? Berger war ja nicht gerade beliebt.«
    Der Dezernatsleiter nahm an der Besprechung teil, um sich einen Eindruck davon zu verschaffen, wie viele Mitarbeiter er von dem Bjerke-Fall abziehen und mit anderen dringlichen Aufgaben betrauen konnte. Auf der Pressekonferenz, die unmittelbar zuvor stattgefunden hatte, war er unvorsichtig genug gewesen zu behaupten, es gebe »eindeutige Hinweise, die Berger mit dem Mord an Mailin Bjerke in Verbindung bringen«. Das

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