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Die Netzhaut

Die Netzhaut

Titel: Die Netzhaut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torkil Damhaug
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Zako saß mit dem Rücken zu ihr und redete mit einem Typ am Nebentisch.
    Nachdem Liss sich hineingeschlängelt hatte, beugte sich Rikke zu ihr vor.
    »Zako glaubt, dass du ihm aus dem Weg gehst«, flüsterte sie ihr ins Ohr.
    Liss musste lachen. Hatte Rikke jetzt auch noch damit begonnen, für ihn zu sprechen? Denn erst jetzt drehte Zako sich um. Seine Augen glänzten. Es hätte den Anschein haben können, als amüsiere er sich, aber sie kannte ihn. Er lehnte sich über den Tisch, legte ihr die Hand auf den Arm und blickte sie durchdringend an.
    »… bis jetzt gearbeitet?«, nahm sie durch die Musik hindurch wahr.
    Zako war stets auf der Hut, auch wenn er high war. Stellte immer dieselben Fragen, um zu prüfen, was sie getan hatte und mit wem sie zusammen gewesen war.
    Sie war hungrig. Hatte seit dem frühen Nachmittag nichts gegessen. Sie zog eine Marlboro aus der Schachtel, steckte sie an und lehnte sich an die Wand. Zako saß immer noch da und studierte ihr Gesicht, als sähe er sie zum ersten Mal. Auf der Bühne spielte der Bassist, den Liss ebenfalls von der Schule her kannte, sein Solo, wobei sein Kopf die ganze Zeit in Bewegung war. Es sah aus, als hätte er eine Angelschnur zwischen den Zähnen, mit deren Hilfe er die Töne aus dem schwarzen Kasten hervorzauberte.
    Ein süß und klebrig riechender Joint machte die Runde. Liss ließ ihn weiter zu Rikke wandern, die ihren Kopf vertraulich an Liss’ Schulter gelehnt hatte.
    »Ich brauch was anderes als diese Kamelscheiße.«
    »Stimmt. Komm mit!«
    Rikke ging vor ihr die Treppe hinauf. Liss spürte Zakos Blick auf ihrem Rücken, direkt unterhalb ihres Nackens.
    Sie schlossen sich auf der Toilette ein. Rikke fischte einen Umschlag, einen Spiegel und ein Röhrchen aus ihrer Handtasche und gab alles Liss.
    »Ich muss mal«, sagte sie, hob ihren kurzen Rock, zog die Strumpfhose nach unten und setzte sich hin.
    Liss zog eine Linie. Umfasste ihr Haar mit einer Hand. Rikke hielt das Röhrchen für sie. Liss beugte den Kopf und zog das Pulver entlang dem Spiegel so tief ein, wie sie konnte. Ihr Mund verschwand dabei fast in ihrem Ausschnitt. Eine neue Linie für das andere Nasenloch.
    »Was sollte ich ohne dich tun?«, sagte sie, nachdem sie die Plätze getauscht hatten.
    Rikke zog sich ihre beiden Linien rein, blieb an der Toilettentür stehen und beobachtete, wie Liss sich abwischte.
    »Mein Gott, Liss, weißt du eigentlich, wie hübsch du bist?«
    Liss mochte es, wenn Rikke das sagte, obwohl sie wusste, dass sie nie richtig
hübsch
sein würde. Sie stand auf und küsste Rikke lange auf den Mund, bevor sie sich die Hose hochzog.
    Zako stand draußen, als sie rauskamen.
    »Was ist los mit euch?«
    Er starrte Liss an. Rikke legte einen Finger an die Lippen und verschwand die Treppe hinunter.
    »Warum bist du gestern nicht gekommen?«, wollte er wissen.
    »Hatte ich gesagt, dass ich kommen will?«
    Er packte sie am Arm, aber nicht besonders hart.
    »Ich verstehe ja, dass du sauer bist wegen der Sache mit Rikke.«
    Sie verdrehte die Augen.
    »Warum sollte ich denn sauer sein? Ihr könnt vögeln, soviel ihr wollt. Viel Spaß dabei!«
    Jetzt grinste er.
    »Du bist sauer, ich kenne dich doch.«
    »Beides falsch«, entgegnete sie ebenfalls grinsend und befreite sich aus seinem Griff.
    Er drückte sie an die Wand und starrte von oben auf sie herab. Seine Pupillen waren Stecknadelköpfe, dennoch sahen seine Augen schwarz aus. Sie fragte sich, was er genommen hatte.
    »Ich lasse sie fallen.«
    »Wen?«
    »Rikke. Ich geb ihr den Laufpass.«
    Liss konnte sich ihr Lachen nicht verkneifen.
    »Ich dachte, da wäre nichts zwischen euch. Und jetzt willst du ihr den Laufpass geben?«
    Er machte eine Grimasse, mit der er anscheinend versuchte, seinen eigenen Widerspruch ins Lächerliche zu ziehen.
    »Sorry!«, sagte er.
    »Wofür?«
    »Ich habe dich nicht gut behandelt. Das wird sich ändern.«
    Sie stutzte. Sie hatte von Zako noch nie so etwas wie ein Eingeständnis gehört. Sein Stolz hatte sie angezogen, dass er es nicht nötig hatte, sich kleinzumachen. Und nun entschuldigte er sich sogar. Er meinte das natürlich nicht ernst. Aber als Taktik war es nicht schlecht.
    »Mit Rikke hat das nichts zu tun«, sagte sie. »Oder mit anderen Mädchen. Ich brauche dich nicht, Zako.«
    Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie das sagte, und ihr Kopf füllte sich mit einem sprudelnden Gas. Alles konnte jetzt geschehen. Aber sie ließ sich nicht unterkriegen.
    »Wir haben eine Abmachung«,

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