Die neue arabische Welt
bald allerdings freigepresst.
Chalids Einsatz war Teil der bis zum Anschlag auf das World Trade Center 2001 größten Terroraktion mit Flugzeugen. Innerhalb von 70 Stunden überfielen palästinensische Kommandos fünf Jets mit zusammen 650 Passagieren und 80 Besatzungsmitgliedern. Die PFLP-Kader erreichten die Freilassung von sieben Kampfgenossen. Dann evakuierten sie auf einem Flugplatz bei Amman drei Jets und sprengten sie in die Luft. Die explodierenden Flugzeuge in der Wüste, dank TV in alle Welt verbreitet, trafen Israel und die verbündeten westlichen Staaten ins Mark. Seitdem assoziieren deren Bürger Araber vielfach mit Gewalt und Terror gegen Zivilisten, mit fanatischem Kampf, bei dem das Ziel die Mittel heiligt.
Der Vater des palästinensischen Terrors war Georges Habasch, eigentlich ein kultivierter, im später israelischen Lod geborener Palästinenser aus einer griechisch-orthodoxen Familie, der die amerikanische Universität Beirut besucht hatte und als Arzt palästinensische Flüchtlingskinder behandelte. Für ihn und andere Palästinenser, die von Juden aus ihrer Heimat vertrieben worden waren, brachte der Sechstagekrieg Israels gegen die Araber im Juni 1967 eine schwere Ernüchterung. Ägypter und Syrer waren trotz ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit unfähig, Israel zu besiegen. Palästinensische Nationalisten sahen sich auf sich selbst zurückgeworfen und griffen auf eine anarchistische Strategie des 19. Jahrhunderts zurück, die »Propaganda
der Tat«. Dabei entwickelten sie den Terrorismus als Strategie im Zeitalter der Massenmedien weiter. Zwar warfen PFLP-Kämpfer auch Bomben in Jerusalem, doch das Kalkül Habaschs lautete: »Ein toter Jude in Westeuropa ist mehr wert als hundert tote Juden in Israel.«
Vor diesem Hintergrund war München der ideale Schauplatz für eine spektakuläre Aktion. Es war am 5. September 1972 gegen 4.10 Uhr, als im Norden der Stadt acht junge Männer in Trainingsanzügen über den Zaun des olympischen Dorfes kletterten. Sie nahmen Kalaschnikows aus ihren Sporttaschen, erschossen im Mannschaftsquartier der Israelis zwei Männer und nahmen neun Geiseln. Das Kommando des »Schwarzen September« verlangte die Freilassung von mehr als 230 Palästinensern sowie von Andreas Baader und Ulrike Meinhof von der Roten Armee Fraktion. Die Palästinenser wollten mit ihren Geiseln nach Kairo ausgeflogen werden.
Bei einer dilettantischen Befreiungsaktion der bayerischen Polizei kamen sämtliche neun Geiseln, fünf der Palästinenser und ein Polizist zu Tode. Die drei überlebenden Palästinenser ließ die Bundesregierung, mit der Entführung einer Lufthansa-Maschine unter Druck gesetzt, knapp zwei Monate später frei.
Die Terrorstrategie der Palästinenser funktionierte: Ihre Sache war nun weltweit bekannt. Zwei Jahre nach dem Massaker von München durfte Jassir Arafat erstmals vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York auftreten und die Vertreibung seines Volkes geißeln. Theatralisch geschickt hatte der Vorsitzende der Palestine Liberation Organization (PLO) eine Pistole umgeschnallt und erklärte: »Ich bin heute zu Ihnen gekommen mit einem Olivenzweig und der Pistole eines Freiheitskämpfers. «
Während sich Arafats Fatah-Fraktion mit der PLO nach und nach auf den Weg zu einer politischen Lösung des Konflikts machte, verbündeten sich die PFLP-Kader, die an der Terrorstrategie festhalten wollten, mit der deutschen RAF, der nordirischen IRA und anderen kleinen terroristischen Gruppen.
Für sein Abkommen mit dem israelischen Premier Jizchak Rabin erhielt der einstige Terrorist Arafat 1994 den Friedensnobelpreis. Er verhinderte jedoch später nicht, dass die Fatah-nahen Aksa-Brigaden in der Intifada weiter mit blutigem Terror gegen Israel kämpften.
Zu Arafats stärksten innenpolitischen Konkurrenten wurden die Aktivisten der fundamentalistischen Hamas, die als Gotteskrieger zur Befreiung des noch immer besetzten Palästina große Zustimmung der Bevölkerung erhielten. Ihr Gründer Ahmed Jassin war von der ägyptischen Muslimbruderschaft und ihrem konservativen Verständnis des Islam geprägt. In den siebziger Jahren erhielt er Unterstützung durch die israelische Regierung, die ihn als Konkurrenz der säkularen PLO schätzte.
Jassin begann mit Sozialarbeit und religiöser Erziehung in Flüchtlingslagern, in den achtziger Jahren entstand ein bewaffneter Arm der Organisation. Eine entscheidende Rolle übernahmen Jassin und seine Männer mit dem Beginn
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