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Die neue Historia des Dr. Faustus 03 - Die Engelskrieger

Die neue Historia des Dr. Faustus 03 - Die Engelskrieger

Titel: Die neue Historia des Dr. Faustus 03 - Die Engelskrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Schlangenbiss. Er zog eine Münze hervor und warf sie vor dem Mörtelmeister in den Dreck.
    »Ich wäre Euch außerordentlich dankbar, wenn Euch ein Einfall käme, wo man ihn unterbringen könnte.«
    Das hängende Augenlid des Mörtelmeisters begann zu zucken und verriet seine Gier und Erregung. Dennoch war er zu stolz, sich zu bücken, und gab stattdessen einem seiner vier Arbeiter einen Wink. Der halb nackte Kerl ließ sogleich das Rad los, fiel vor seinem Herrn auf die Knie, pickte die Münze auf und reichte sie ihm. Die drei anderen blieben stehen, doch der Mörtelmeister schrie sie an, augenblicklich mit der Arbeit fortzufahren. Der vierte gesellte sich wieder zu ihnen, und bald drehte sich das Rad wieder knirschend über dem Mörtelbecken.
    Der Fettsack hielt die Münze hoch und ließ die Sonne darauf funkeln. »Für eine hiervon im Monat könnte ich mich überreden lassen, Euren … Freund in meine Dienste zu nehmen.«
    »Herr!«, entfuhr es mir entsetzt.
    Faustus lächelte den Mischer freundlich an. »Ich habe Euch für eine Auskunft bezahlt, nicht für Eure Unverschämtheit.«
    Der Mann schnaubte, dann deutete er hinter sich zum Fuß der Basilikamauern. »Dort drüben ist die Zahlstelle. Wendet Euch an einen der Männer, die dort sitzen. Es gibt hier genug Arbeit für Leute wie Euch.«
    Ich atmete erleichtert auf. Zumindest für den Moment war ich gerettet. Um nichts in der Welt, auch nicht für meinen Meister, hätte ich dieses Rad gedreht. Ich war Scholar, kein Sklave!
    Faustus lenkte sein Pferd am Mörtelmischwerk vorbei, und ich beeilte mich, zu ihm aufzuschließen.
    »Meister, wie könnt Ihr …«
    Er unterbrach mich. »Erinnerst du dich an die Worte des Ägypters?«
    »Natürlich, Herr.«
    »Er sprach von einem Toten im Herzen der Kirche. Und er sagte: Fragt nach dem Filius. Genau das werden wir tun.«
    »Ich verstehe nicht …«
    Ich brach ab, als ich aus dem Augenwinkel eine rasche Bewegung bemerkte. »Vorsicht, Herr!«
    Wir zogen die Köpfe ein. Zwei Hand voll Schlamm sausten über uns hinweg. Als ich wütend herumfuhr, sah ich, dass zwei der Mörtelmischer vom Rad abgelassen hatten und uns feixend hinterher grinsten. Ihr Meister wies sie nicht zurecht, was darauf schließen ließ, dass er den Befehl zu der Schlammattacke gegeben hatte.
    Bevor Faustus oder ich reagieren konnten, war Angelina schon vom Pferd gesprungen, mit jener tierhaften, völlig unmenschlichen Flinkheit, die ich nur von ihr und den anderen Engelskriegern kannte. Wie ein Derwisch wirbelte sie unter die Männer, verpasste dem ersten einen Faustschlag, der ihn rückwärts in den Schmutz schickte, während sie ohne jede Mühe einem Hieb des zweiten auswich und ihm die Faust in den Magen rammte. Die beiden Übrigen wollten ihren Gefährten zur Hilfe kommen, doch der Mörtelmeister rief sie mit panischen Schreien zu sich, damit sie sich schützend vor ihn stellten.
    »Angelina!«, rief Faustus, der sich Sorgen wegen des Aufsehens machte, das der Kampf erregte.
    Doch sie hörte nicht auf ihn. Anders als ich stand sie nicht in seinen Diensten und hatte keinen Grund, ihm zu gehorchen. Ihre Wut war zu groß, und ehe wir uns versahen, lagen auch die beiden anderen Männer am Boden, hielten sich stöhnend Gesicht und Bauch. Nun befand sich niemand mehr zwischen Angelina und dem Mörtelmeister.
    »Pfeift sie zurück!«, keifte der Fette ängstlich in Faustens Richtung.
    »Das habe ich getan«, erwiderte mein Meister ungerührt, »aber wie Ihr seht, gehorcht sie nicht.«
    »Sie wird mich umbringen!«
    »Das bezweifle ich.«
    Angelina näherte sich dem Mörtelmeister. Er wich vor ihr zurück, fuchtelte hilflos mit den Händen und stieß mit dem Rücken gegen eine der Stangen des Rades. Hätte Angelina noch lächeln können, sie hätte es in diesem Augenblick wohl getan.
    »Das ist nicht gut«, flüsterte Faustus mir zu.
    Ich nickte, aber in Wahrheit freute ich mich diebisch über die peinliche Niederlage der Mörtelmischer. Faustus mochte all das mit seiner unschlagbaren Vernunft betrachten, doch ich dachte mir, dass es ihm vielleicht gut tun würde, wenn er einmal über seinen eigenen Schatten springen könnte. Die Mischer hatten ihre Abreibung redlich verdient.
    Der Mörtelmeister schob sich an der Holzstange entlang, während Angelina mit katzenhaften und zugleich sehr ruhigen Schritten auf ihn zuglitt. Sein Augenlid zuckte immer heftiger. Er erreichte das Rad, wimmernd und um Hilfe keifend, doch niemand reagierte, auch nicht die

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