Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1)
wenn Sie es sind, so macht Sie das keineswegs vollreif“, meinte der Commander herablassend. „Sie kämen niemals allein ohne Unterstützung klar! Francis meinte zwar heute Nacht, Sie würden es schaffen, aber er kann im Moment nicht klar denken und Ihre Lage nach dem, was er erlebt hat, nicht analytisch betrachten.“
Also hatte die Gerüchteküche wirklich schnell gearbeitet. Francis Garther litt augenscheinlich dermaßen unter Angstzuständen, dass er nicht einmal nachts zum Schlafen allein im Zimmer sein konnte. Sein wegen der fundierten französischen Sprachkenntnisse auch noch für Belian zuständiger älterer Bruder bekam sein Schiff Island momentan wohl so gut wie gar nicht zu sehen.
„Sie täuschen sich. Ich bin durchaus in der Lage, eigene Entscheidungen für mein Leben zu treffen. Ich bin kein verwöhnter Erstgeborener mehr, sondern ich bin…“ Ja, was war er eigentlich? „… anders geworden!“ Jeder hatte sich verändert. Auch er. Genau wie ein hasserfüllter Andreas Maitland, ein trauernder und von Selbstvorwürfen geplagter William Heathen, ein wütender Julien Niven und ein labiler Francis Garther.
Was mochte erst aus Kristian Jasko geworden sein? Davor graute Belian ehrlich. Er hatte bislang noch nicht den Mut gefunden, mithilfe des Übersetzungsgeräts einen Medikus um Besuchserlaubnis zu bitten. Er konnte einfach nicht. Aus Angst. Bald würde er es jedoch einmal tun müssen. Aus Anstand, bevor er endgültig nach Planet Nouvelle Espérance zurückkehrte. Egal, als was. „Der Krieg, der nicht meiner ist, hat auch mich verändert! Er hat uns alle verändert! Ihr Krieg! Er zerstört die Menschen!“
„Es ist der Krieg der Menschheit! Verstehen Sie das endlich oder verharren Sie weiter in Ihrer geistigen Unreife! Er wird das Ende der zivilisierten Menschheit sein, wenn die Föderation verliert oder dieser Irre und wir uns gegenseitig auslöschen! Niemand kann sich davon ausschließen! Auch Ihr Ihnen so heiliges, kleines Nouvelle Espérance nicht! Das Paradies der Glückseligen ist das Jenseits! Wachen Sie endlich auf und stellen Sie sich der Wirklichkeit! Wir oder…“
„… der Feind. Ich weiß!“ Belian bemühte sich, nicht zu schreien. Wie oft hatte er diese Litanei in den letzten drei Tagen schon gehört, wenn auch nie in dieser beleidigenden Form? Dabei gab es doch zwischen beiden Seiten keine Unterschiede! Diktatorische menschenverachtende Grausamkeit oder menschenverachtende Grausamkeit unter dem Deckmantel der aufgesetzten Gerechtigkeit. Alpha Centauri plus Sirius oder Terra und die anderen Föderierten. Sinnlos, darüber zu debattieren und sich mitten in der Frachthalle anzugehen. „Mein Vater wartet, Monsieur! Bringen wir es hinter uns!“ Unbewusst verwendete er aus Ärger den terranischen Begriff, den es zwar auf Nouvelle Espérance auch gab, aber er wurde kaum benutzt. Schon gar nicht innerhalb der großen Familien. Hier war der Duc d’Auvergne der ‚Vormund’. Nicht der ‚Vater‘.
Als er ausschritt, so rasch sein schmerzendes rechtes Bein zuließ, folgte Stephen Garther ihm mühelos.
„Nicht einfach nur ‚der Feind’! Wir reden von…“
Mitten in die Belehrung hinein brüllte jemand: „Mister Belian!“
Der Jugendliche kannte den Rufer überhaupt nicht, aber ein entfesselter Tumult, der die wenigen mutigen oder vom Stellvertreterrat hierher befohlenen Einheimischen und Belian gleichermaßen erschreckte, wies die Richtung.
„Mister Belian! Bitte!“ Ein auf Englisch vorgebrachtes Flehen, das einen schrillen Schmerzensschrei zur Folge hatte.
„Kommen Sie, Monsieur.“ Stephen Garther packte ihn am Arm und zog den auf der Stelle verharrenden Siebzehnjährigen mit sich. Die Stimme des Terraners war wie tiefgekühlt.
Und dennoch konnte Belian nicht laufen. Der Schrei hatte endgültig offenbart, wer der Urheber gewesen war und wo sich dieser befand. Es war der hinterste Winkel der Halle. Eine Luftschleuse für Fracht, vor der sich Menschen tummelten. Manche von ihnen, die gehörigen Abstand hielten, waren von Nouvelle Espérance. Das erkannte man am Fehlen jeglicher Uniform und an der Art der Zivilkleidung. Die Einheimischen hatten sogar ihre Scheu vor den Ausländern abgelegt, weil es etwas zu sehen gab.
Belian kniff die Lider zusammen, um nicht anschauen zu müssen, wie sich mehrere bewaffnete terranische Unteroffiziere und Crewmen unter Aufsicht eines einzelnen Leutnants verhielten. Was sie taten.
„Hören Sie nicht hin! Sie bekommen nur, was sie
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