Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1)
konnte ihm keiner einen Strick drehen. „Terra hat dieses Gespräch gefördert und ermöglicht, aber…“ Eigentlich waren es die hiesigen Föderierten insgesamt gewesen, aber egal! Er kämpfte einige kurze Augenblicke gegen einen kindischen Drang an und schaffte immerhin, wenigstens nicht allzu laut herauszuplatzen. „… für mich ist es privat. Ich…“ Verdammt, war das schwer! „… würde gern zurückkehren. Nach Gut Auvergne.“ Es hörte sich so kindlich an, wenn man ‚Ich will nach Hause!’ sagte, aber genau das dachte er immer wieder.
Ein Muskel im Gesicht des Familienoberhaupts zuckte. Ansonsten reagierte der Herzog gar nicht. Das war schlecht.
Also musste Belian nachsetzen:
„Ich bedaure das bei meinem Abschied Vorgefallene. Ich habe mich kindisch verhalten und… Eure Weisheit infrage gestellt.“ Er spürte, wie er zu schwitzen begann. „Ich habe dagegen verstoßen wollen, dass die Familie immer vorgeht. Das tut mir aufrichtig leid und ich… werde jede Strafe annehmen, die Ihr mir auferlegt. Nur… ich bitte Euch…“ Nicht heulen! Er würde nicht losflennen! „… mir die Rückkehr zu gestatten. Ich… werde alles akzeptieren… und dem Erstgeborenen zur Seite stehen, wie es meine Pflicht ist. Das… habe ich eingesehen. Ihr habt richtig gehandelt, als Ihr mich… enterbt habt.“
Es war heraus. Er hatte es gesagt. Seine Ehre hatte er einem berechnenden Lügner zu Füßen gelegt. Für seine Heimat. Den Platz, wo er für immer sein wollte, oder zumindest, solange es ihm gestattet war. Sein Bruder Paul würde Gut Auvergne irgendwann bekommen und ihn irgendwohin verbannen. Nach Dunoise oder auf eines der kleineren Güter. Trotzdem würde es ein Ort auf Nouvelle Espérance sein und nicht die unbekannte Fremde.
Belian empfand trotzdem Selbsthass. Und hilflose Wut auf die Terraner, die ihm den Ort, die Zeit und die Umstände dieser Aussprache auferlegt hatten und dabei mithörten! Die mitbekamen, wie er sich selbst Schande machte. Außerdem hätte ein Teil seiner selbst dieses Gespräch gar nicht führen wollen. Und dieser Teil wuchs!
Die Entschuldigung wurde gar nicht gut aufgenommen. Die Stille wurde belastend. Der Lautsprecher schwieg, weil der weit entfernte Mann, dessen Avatar die Leinwand zierte, es tat.
Als Belian ihn beinahe schon angefleht oder gar angebrüllt hätte, doch irgendetwas zu sagen, kam eine Reaktion, die ihn geschockt Luft holen ließ.
„Ist das alles?“
Als der Jugendliche wieder sprechen konnte, brach aus ihm heraus: „Ja, Euer Ehren. Ich schwöre es Euch. Nur bitte…“ Seine linke Hand, die Belian unter dem abgenutzten, billigen Schreibtisch in der Hosentasche stecken hatte, umkrampfte Louises Medaillon. Das Kleinod gab ihm Halt.
„Du hast kein Recht, etwas von mir zu erbitten, Etienne.“
Belian stöhnte auf. Das hier war sein Alptraum! Er sah sich wieder in der Bibliothek stehen, während sein Vormund ihm eröffnete, ihn seit langer Zeit belogen zu haben. Wie der Duc ihn deklassierte, und jetzt würde es bald wieder anfangen! Sogar während die Terraner zuhörten.
„Du nicht. Du gehörst nicht mehr zu meiner Familie.“
Ein Blattschuss, der mit mühsam verhohlenen Emotionen angebracht worden war. Jetzt waren die Gefühle da, aber es war keine Sympathie, sondern eher Hass! Hass, der sich von der Leinwand in Belians Herz bohrte und dort festsetzte.
Keine Rückkehr! Kein Wiedersehen mit Louise! Von ihrer Heirat würde er in ungefähr einem halben Jahrzehnt aus den Medien erfahren. Bürger waren dazu nicht eingeladen.
„Euer Ehren…“ Er stieß die Worte gequält hervor.
„Hör auf, mich so zu nennen! Deinetwegen wird die Auvergne noch sechzehn Jahre lang ohne erwachsenen Erben sein! Du redest vom Vergessen deiner Verpflichtungen gegenüber der Familie, aber de facto hast du sie verraten! Verrat kann niemals rückgängig gemacht werden! Deinetwegen hat das Sternenreich uns Paul genommen! Du hast dir aus Selbstsucht und Neid angemaßt, gegen Gottes Willen und Seine Vorsehung zu verstoßen, indem du deinen neunjährigen Bruder verraten hast! Du hast ein Kind den Wölfen ausgeliefert, anstatt selbst zu gehen, wie es deine Pflicht gewesen wäre! Er ist an deiner Stelle gestorben! Deinetwegen sind mir nur noch zwei Kinder von fünf verblieben! Der Rest ist tot!“
Belian hielt sich eine Hand vors Gesicht. Er hörte Laute, die nicht seine sein konnten. Der Duc vernichtete ihn! Sein ehemaliger Vormund berief sich auf den Willen eines nicht existenten
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