Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1)
warten, weil… weil ich nicht anwesend war. Danach hat er mich bis in den Orbit begleitet. Das muss längst am Abend gewesen sein! Er hat Euren Sohn nicht geholt… Euer Ehren! Genauso wenig wie sein Vorgesetzter. Commander Delaigne ist ranghöher und hat den Planeten als Schiffskommandant vermutlich niemals betreten!“ Es gab doch viele Leutnants! Wenn allein die terranische Berlin sechs davon hatte und die Madagascar damals fünf, dann mussten es hier im Militär doch Dutzende sein. Genauso aufseiten der die Föderation bekämpfenden Allianz. Es war ein anderer Offizier gewesen, der Gut Tourennes aufgesucht und Adrian Gervais verhaftet hatte!
Francis Garthers Übersetzung verklang. Der Dolmetscher in seiner braunen Leutnantsuniform starrte auf den festlich gedeckten Tisch. Vielleicht sah er ihn nicht einmal.
Auch die anderen geretteten Offiziere und Julien Niven schwiegen. Und zwar genau auf dieselbe Art. William Heathens Augen waren geschlossen, seine Fäuste geballt. Vielleicht sah der Captain gerade die blutbesudelte Luftschleuse vor sich, in welche man ihn stieß, während auch diese zwei Feinde dabei zugeschaut hatten.
Belian drang nicht durch. Das merkte er deutlich. Commodore Yon schaltete sich nach einer langen Pause ein, und der Duc de Montierre agierte anstelle des mental abwesenden, mit seiner traumatischen Erinnerung ringenden blonden Leutnants.
„Führen Sie uns dorthin!“ Die herrische Macht eines Herzogs von Nouvelle Espérance, gepaart mit der Gleichgültigkeit eines terranischen Flaggoffiziers, dessen Erlaubnis die Worte doch waren.
„Leutnant Auberg…“ Achmed Wahiri drückte eine unmissverständliche Aufforderung aus.
Als sogar der neben ihm sitzende Comte de Lille sich erhob und seinen Stuhl zurückschob, um die Tafel zu verlassen, warf Belian flehende Blicke zu William Heathen. Der Captain reagierte jedoch nicht darauf. Heathen wirkte gleichfalls verloren. Gänzlich gefangen von dem, woran auch er nie mehr denken wollte.
„Nach Ihnen, Monsieur Belian.“ Vielleicht lag sogar eine Spur von Abfälligkeit in den Worten des Herrschers von Tourennes.
Der dünne Leutnant von der Berlin gab wieder den ortskundigen Führer. Auf Wahiris Befehl hin. Ihm war nichts anzumerken, aber der gegen den eigenen Willen mitgekommene Francis Garther, der sich sogar eine Zurechtweisung von Yons Seite eingefangen hatte, als er sich schlicht weigerte, bewegte sich starr.
Er wurde blasser und blasser, je näher der Arrestbereich des Hilfsschiffes rückte. Vielleicht hatte der Stabsoffizier sogar Angst vor den dunkelgrünen Uniformen, die er gleich womöglich sehen würde. Und das, obwohl die beiden Gefangenen keinerlei Gefahr mehr darstellten. Die Offiziere aus Sirius waren jedoch dabei gewesen. Sie hatten auch zu der Flotte gehört, die Garther Unaussprechliches angetan hatte.
Die Ducs hielten Abstand voneinander und von Belian, der keine andere Wahl gehabt hatte als mitzukommen. Auch seine Schritte wurden langsamer, aber er wusste, er konnte es nicht lange hinauszögern.
Keiner der drei einheimischen Gäste war bewaffnet, aber was hieß das schon? Um einem anderen Menschen das Leben zu nehmen, brauchte man keine Waffe. Das war etwas, das Belian, der vor Captain Abrahams Hinrichtung im Stationshangar selbst zwei Militärs des Sternenreiches getötet hatte, sehr genau wusste. Gleich würde er womöglich erneut zwei Ermordungen beiwohnen und nichts dagegen tun können. Commodore Yon war nur zu bereit gewesen, den Besuch zu gestatten. Wer sollte die neuerlichen Bluttaten verhindern? Francis Garther? Der würde nur heulen und dabeistehen. Leutnant Auberg von der Berlin? Nie! Der Schiffsoffizier würde höchstens draußen warten oder dem Ganzen als Zeuge beiwohnen. Falls der genau als solcher mitgeschickte traumatisierte Leutnant Garther nicht reichte.
Diese hergekommenen Männer hatten Interesse an ihren verlorenen Söhnen. Sie wollten sie unzweifelhaft gerächt haben. Genauso wie der Duc d’Auvergne den für ihn so wichtigen zweiten Sohn ‚gerächt’ hatte. Durch Louises Ermordung, weil der eigentliche Schuldige alias älteste Nachkomme nicht mehr verfügbar war. Etienne Belian, der vermeintlich zu den Terranern übergelaufen war und dadurch das Unglück über seinen neunjährigen Bruder Paul gebracht hatte. Es lag alles so klar auf der Hand und war unabwendbar.
Leutnant Auberg öffnete eine der merkwürdig geformten massiven Türen, die von Zeit zu Zeit überall auf den Gängen zu sehen waren.
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