Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1)
Normalerweise waren sie alle zugänglich, aber diese war ausnahmsweise verschlossen gewesen. Der Schiffsoffizier musste an einem massiven Rad drehen, nachdem er kurz, wie schon beinahe automatisch, zu zwei Lampen über der Tür geschaut hatte. Die rote war aus, die grüne leuchtete.
Als Belian den Höhergestellten den Vortritt ließ und mit dem genauso unwilligen Garther folgte, schoss ihm durch den Kopf, dass dies ein unpassendes erstes Mal war. Yon hatte dem Siebzehnjährigen damals eröffnet, er trüge die Verantwortung für die beiden Geiseln aus Sirius. Dennoch war Belian davongelaufen. Er hatte sie sich selbst überlassen. Und nun kam er ausgerechnet mit ihren Mördern zusammen hierher.
Was würde der Commander der Winterblossom empfinden? Zorn? Würde er sich verraten vorkommen? Ganz sicher! Und er würde enttäuscht sein. Maßlos enttäuscht, weil der Siebzehnjährige, dessen Schutz Delaigne sich so erhofft hatte, als er sich ihm nochmals unterwarf, ihn im Stich gelassen hatte. Genauso wie den noch hilfloseren, genauso schutzbedürftigen Leutnant Pasco, für den der ältere Offizier aus Sirius das alles auch getan hatte.
Unbewusst tastete Belian nach der Wand, weil ihm die Beine schwach zu werden drohten. Da hörte er die panischen, verstümmelten Schreie, die aus einer acht Meter entfernten, bereits offenen Tür kamen.
Sich selbst und alles andere vergessend stürzte er vor und rempelte dabei sogar den gleichsam stehen gebliebenen Leutnant der Berlin an. Es war pures Glück, dass kein wichtiger Gast im Weg war, denn er hätte dasselbe Schicksal erlitten.
Die Szene in der winzigen Zelle war wieder einmal eine, die Belian lange verfolgen würde. Eine derer, die er in die wachsende Anzahl der Erinnerungen einreihen musste, die ein Mensch nie vergaß.
Der komplett unbekleidete und blutende Ginnes Pasco riss verzweifelt an den hinter ihm gefesselten Händen, die zusätzlich an der einzigen im Raum befindlichen Lagerstatt fixiert waren. Ein Teil der Laute kam von ihm, denn sein Mund war von einem silbernen Klebestreifen bedeckt.
Weiteres solches Zeug war um den Hals des sich wild auf dem Boden hin und her werfenden Commanders gewunden. Es fixierte die durchsichtige Plastiktüte, die über den Kopf des Mannes mit den gleichfalls hinter dem Rücken geketteten Händen gestülpt war. Der sich windende, gleichfalls nackte Delaigne erstickte qualvoll, und der weinende Leutnant konnte ihm nicht helfen.
„… Jeffrey!“ Andreas Maitland hob mit der linken, nicht gebrochenen Hand das eiserne Rohr und ließ es auf Ginnes Pascos Körper niedersausen.
Einmal, zweimal und beim dritten Mal war da Widerstand. Maitland riss mit aller Kraft an dem Rohr, das nicht herunterkommen wollte, weil es festgehalten wurde.
Etienne Belian war zu keiner Rationalität mehr fähig. Er entwand Maitland das Schlaginstrument und zog seinerseits dem Commander der Terranischen Navy eines über den Rücken.
Die Wut des Jugendlichen kannte keine Grenzen mehr, und er schrie den Mann, den er für einen Bündnisgenossen gehalten hatte, haltlos an.
Als der Commander sich endlich wehrte und seinerseits mit der Faust ausholte, riss Belian ihn von Pasco weg.
Der harte Treffer ging völlig an dem Siebzehnjährigen vorbei. Das Rohr in die Ecke werfend ging er neuerlich zum Angriff über. Er wollte Maitland schlagen, ihn verletzen, ja ihn sogar umbringen! Dafür, dass der Offizier das hier getan hatte.
Trotz des gellenden Schreis aus dem Mund eines Leutnant Auberg, in den beinahe sofort auch Francis Garther einfiel, setzte Belian nach.
Es war ein ungleicher Kampf, den Maitland aufgab, bevor er ihn gänzlich verlieren konnte.
Delaignes gequälte Laute ließen den für die Gefangenen Verantwortlichen herumfahren. Belian stürzte hin und zerriss das potenziell tödliche Folterinstrument mit den Fingern.
Der Offizier aus Sirius japste nach Luft. Seine Lippen unter dem gleichfalls aufgebrachten silbernen Klebeband, das auch schleunigst von Belian abgerissen wurde, waren bereits blau angelaufen. Der Mann krümmte sich mit geschlossenen Augen zusammen, ohne seinen Retter auch nur wahrzunehmen. Der Körper des Gefangenen war über alle Maßen geschunden. Belian erkannte durch eigene leidvolle Erfahrung auf einen Blick, dass die blauen Flecken unterschiedlich alt waren. Vor allem gab es aber auch verhärtete Schwellungen. Nach zwei Wochen noch!
„Du bist hier gewesen! Wie oft?“ Belian schrie es heraus.
Maitland, der sich neben die anderen beiden
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