Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1)
Immerhin konnte er sich die englischen Worte einmal übersetzen lassen, bevor er sie dann mühevoll herunterlas. Dabei kam er sich sehr verloren vor. Fast so, als verdamme er seine Seele. Oder besser gesagt so, als verkaufe er sie hier gerade. Ob Captain Abraham und seine Untergebenen sich damals auf Gut Auvergne genauso gefühlt hatten, als der Duc den Gehorsamsschwur von ihnen verlangt hatte? Wahrscheinlich.
Der überraschte Kommandant der Berlin hatte ebenso innegehalten wie der Erste Leutnant. Steinhoff zog kurz die Schultern hoch und schüttelte den Kopf, während Wahiri dünn lächelte.
Das sollte wohl genügen, Monsieur. Willkommen in der Terranischen Navy!
Belian war keineswegs gewillt, Freude zu heucheln. Es wurde auch nicht von ihm erwartet. Ein halbes Jahr lang würde er hier auf dem Hilfsschiff festsitzen und danach weitere neunzehneinhalb auf dieser oder anderen Flotteneinheiten. Am Ende würde er 38 Jahre alt sein, falls er zu dem fernen Zeitpunkt seiner Entlassung überhaupt noch am Leben war.
‚William will sich um mich bemühen und wird es hoffentlich nicht vergessen!’ Darauf musste Belian jetzt bauen.
Das erinnerte ihn wiederum an seinen rabenschwarzen achtzehnten Geburtstag.
Richten Sie Leutnant Auberg bitte meinen Dank aus.
Meinte Belian es nur oder täuschte Steinhoff den Hustenanfall gerade wirklich vor? Nach Wahiris Verärgerung zu urteilen war es eine Ablenkung, die jedoch nicht fruchtete. Der Commander war wütend, was eine erschreckende Tatsache darstellte.
Machen Sie es selbst, wenn Mr. Auberg nächsten Monat wieder aus dem Arrest kommt!
Damit rauschte Wahiri davon.
Walther Steinhoff schüttelte missbilligend den Kopf und folgte.
‚Die spinnen, Louise! Der Leutnant rettet mir zusammen mit William das Leben und sie sperren ihn dafür ein!’
Irgendetwas hatte Belian gerade falsch gemacht, aber er wusste beim besten Willen nicht, was.
Allzu lange dachte er jedoch nicht darüber nach, denn schon sehr bald klopfte ein äußerst zögerlicher Besucher an die Tür.
„Bist du wach, Etienne?“
Obwohl die Antwort auch so deutlich genug zu sehen war, nickte der Patient nochmals und machte eine einladende Geste mit der rechten Hand.
„Hallo, Julien.“
Das breite Lächeln und die strahlenden Augen in Nivens blassem, übernächtigtem Gesicht ließen dem Verletzten das Herz aufgehen.
„Wie geht es dir? Oder vielmehr…“ Ein Schwall englischer Worte ging auf Belian nieder.
„Besser, danke. Nur hör bitte mit dem Englisch auf! Wahiri und Steinhoff waren gerade hier.“
Nach einem kurzen Senken des Blicks nickte Niven. „Ich weiß. Der Leutnant hat es mir gesagt und die Besuchssperre aufgehoben.“
„Besuchssperre?“
„Sprechen wir nicht davon. Bitte! Ich wäre schon viel früher gekommen, denn ich bin seit dreizehn Tagen die Wände hochgegangen. Zeitweise hat Mister Steinhoff mich sogar in meiner Kabine eingesperrt. Ich durfte nicht kommen. Auch jetzt ist meine Anwesenheit an Auflagen geknüpft. Ich bin Zivilist, wie du weißt. Ab morgen muss oder vielmehr soll ich dir trotzdem Englisch beibringen. Ich bin dank meiner Zeit auf Nouvelle Espérance dazu am besten in der Lage. Betrachte unser heutiges unbeschwertes Beisammensein trotzdem lieber als die letzte Gelegenheit, bei der wir noch ungestört in deiner Muttersprache reden dürfen.“
Das klang traurig und entsprach genau dem, was Belian auch empfand. Niven war zugleich froh und niedergeschlagen, sofern das möglich war.
„Ich bedaure es, dir Kummer bereitet zu haben“, rang Belian sich ab. „Gleichzeitig danke ich dir für deine Besorgnis.“
„Du bist mein Freund.“ Niven sah zu Boden und knetete mit seiner ihm gebliebenen Hand das Material seiner schwarzen Stoffhose. Jenes Kleidungsstück stammte genau wie die restlichen wohl von Nouvelle Espérance. „Wie könnte ich anders empfinden?“
Nach William Heathen trug ihm also jetzt auch Niven offen die Freundschaft an. Das war nicht überraschend, denn sie hatten auf der Raumstation zusammen die Folter und die Haft überstanden. „Du bist genauso ein Freund für mich. Ich glaube, ich habe das nur vorher nicht so gezeigt und dich manches Mal gekränkt. Das bedaure ich.“
„Es ist nicht deine Schuld“, kam dumpf zurück. „Du kannst nichts für meine Fehler… oder meine Probleme mit mir selbst.“
„Geht es dir nicht gut? Kannst du immer noch nicht schlafen?“, wollte Belian erschrocken wissen und dachte dabei an
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