Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1)
sah es und wünschte sich, die Hand seines Freundes halten zu können. Der jedoch leider auf der falschen Seite neben ihm gehende Leutnant war wie versteinert und bewegte sich mechanisch. Es war eine der vielen kleinen Schikanen des Feindes, den beiden letzten Gefangenen auch den kleinsten Trost zu versagen, indem sie Belian links neben Niven herführten. Dort, wo kein Arm war, um sich oder den Freund daran festzuhalten.
Die bis an die Zähne bewaffnete Wachmannschaft, die sie vorhin geradezu gewaltsam aus der Zelle geholt hatte, bestand aus zwei Leutnants, zwei Unteroffizieren und zwei Crewmen. Letztere waren Besatzungsmitglieder, die höchstwahrscheinlich keine Schulausbildung hatten und deshalb nicht theoretisch fundiert zu Spezialisten ausgebildet waren.
Bemerkenswert war die Aufteilung der Eskorte. Die Leutnants vorneweg, die Crewmen links und rechts außen und die Unteroffiziere dahinter. Der sich dahinschleppende Belian wurde von Leuten aus Alpha Centauri eskortiert, der am Rande des Zusammenbruchs stehende Niven von Unbekannten aus Sirius. Die beiden Partner der Allianz des Sternenreiches brachten so ihre Einigkeit zum Ausdruck. Diese Hinrichtung war gemeinsam beschlossen worden. Die einschüchternde, riesige Zuschauermenge hämmerte diesen Umstand geradezu ein. Sie schaffte Fakten. Zuschauer wurden nur eingeladen, wenn es auch etwas zu sehen gab.
Es würde demzufolge keine Begnadigung mehr geben. Das war so sicher wie der tägliche Aufgang der Sonne auf Planet Nouvelle Espérance. Etienne Belian würde die grüne fruchtbare Insel Auvergne nicht mehr sehen. Stattdessen würde er als letzter von sieben unschuldig Verurteilten heute durch die Schleuse in den Tod gehen.
Der Schrei, den er liebend gern geäußert hätte, blieb ihm im Hals stecken. Eingemauert und für immer verschlossen. Der jetzt im Angesicht dieser geballten, gegen sie gerichteten Woge des Hasses nur noch sehr mühsam vorwärtsgehende Julien Niven hatte ihn die ganze letzte Nacht gebraucht und war auch für ihn da gewesen. Sein Freund wollte ihn nicht enttäuschen.
Sterben mussten sie sowieso, aber es war besser, das zu akzeptieren und nicht noch ein entwürdigendes Schauspiel zu bieten. So lautete Belians Vorsatz, der jedoch beinahe völlig von der Panik weggeschwemmt zu werden drohte, die auch sein Denken zunehmend vernebelte.
Der breite, für sie freigemachte Gang war fast wie ein Korridor. Ein Weg ins Jenseits.
Jean Prévôts älterer Bruder, dessen Gesicht gleichfalls von Schlägen geschwollen war, stand mit abgewandtem Blick bei den sechs anderen Rekruten von Nouvelle Espérance. Genau dort, wo auch Captain Torres mit einem kleinen Offiziersgefolge wartete. Daneben waren auch noch mehrere Captains, ein Commander und der erste Admiral, den Belian jemals zu Gesicht bekam, präsent. Ein schnurrbärtiger und nicht einmal unsympathisch aussehender Mann in einer pompösen violetten Uniform mit einem breiten und zwei darüber platzierten normalen Ärmelstreifen.
Nur der infernalische Gesichtsausdruck verriet, wie sehr der erste Eindruck trog. Vice Admiral Naples war kein zugänglicher offener Mann, sondern der Offizier aus ACI hatte sechs Morde in Auftrag gegeben und bei der Besetzung dieses Systems damit gedroht, mindestens die Hauptstadt von Nouvelle Espérance zu bombardieren. Niven hatte anfänglich irgendwann einmal in der Stationszelle gesagt, dass es wahrscheinlich tatsächlich geschehen und obendrein später auch noch Terra angelastet worden wäre. Noch immer trug die Allianzflotte die Insignien der Terranischen Föderation. König Alexander hatte einen Teil seines Volkes wirklich gerettet, als er abgedankt hatte.
Captain Torres triumphierte. In seinen Augen stand die offene Abneigung, als Belian an ihm vorbeimarschierte. Ein Grund mehr, weshalb es für den Gefangenen heute keine Chance auf Rettung geben würde.
Irgendwie hätte Belian sowieso nicht den Mut gefunden, sich in einer derartigen Öffentlichkeit so zu erniedrigen. Der Tod in der Schleuse war das Schlimmste, was er sich ausmalen konnte, und sein Herz raste beim bloßen Gedanken daran, aber dennoch wollte er nicht um Gnade betteln. Damit hätte er sich selbst verraten. Auch wenn sein zu erwartendes Schicksal so schlimm war, dass Julien Niven, der zweifellos schon vom Vakuum getötete Männer gesehen hatte, bei einer äußerst vorsichtigen Nachfrage, ob es wehtun würde, nur einen Weinkrampf bekommen hatte. Belian hatte nicht mehr weiter gefragt.
Seine Lippen blieben
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