Die neue Lustschule
gut schlafen; psychisch ist man befriedigt, glücklich und zufrieden; sozial ist man zugewandt, dankbar, friedlich und liebevoll; und spirituell erlebt man sich in einüber den eigenen Horizont hinausreichendes Geschehen eingebunden.
In meiner psychotherapeutischen Praxis habe ich keinen einzigen Menschen kennengelernt, der über psychische, psychosomatische und Beziehungsprobleme geklagt hätte, ohne auch an sexuellen Störungen zu leiden. Bei jeder funktionellen Sexualstörung – die vorwiegend organisch verursachten ausgenommen – lassen sich entsprechende intrapsychische und interpersonelle Konflikte finden. So wird man die meisten Sexualstörungen vorwiegend psychotherapeutisch behandeln können und müssen. Wichtig ist nur, dass in der Therapie auch die körperliche Dimension der Sexualität (vor allem der Muskelstatus und die Beweglichkeit) und die Beziehungsdimension (vor allem die angstfreie, konfliktarme und liebevolle Begegnung) hinreichend Berücksichtigung finden. Neurotische Konflikte behindern die sexuelle Entspannung, während regelmäßige sexuelle Entspannung, wie bereits gesagt, auch Energien abführt, die dann nicht mehr zur neurotischen Konfliktverarbeitung zur Verfügung stehen. Es stimmt die Formel: Je mehr guter Sex, desto weniger Neurose – je weniger Neurose, desto besser der Sex. Es lohnt sich, diesen Zirkel zugunsten der sexuellen Entspannung zu beeinflussen. Wenn wir die aufgenommene Energie nicht angemessen verarbeiten, müssen wir sie behelfsweise verbrauchen. So kommen dann die Ängste, Zwangshandlungen, depressiven Lebensbremsen, die funktionellen Störungen und Muskelverspannungen zustande; sie führen aufgestaute Energie in körperlichen und seelischen Symptomen ab. Sexuelle Entspannung dagegen ist ein Königsweg zur Gesundheit!
Beziehungslust
Beziehungslust ist nicht zu verwechseln mit der vordergründigen Beziehungszufriedenheit einer kollusiven Partnerschaft. Jörg Willi hat die «Kollusion» als eine weit verbreitete Beziehungsform von Paaren beschrieben, die einander durch entgegengesetzte Eigenschaften (wie aktiv – passiv, dominant – unterordnend, autonom – abhängig, selbstherrlich – bescheiden) ergänzen und wunderbar wie Schloss und Schlüssel zusammenpassen. Darin liegt aber zugleich das Problem: Die lediglich geringe Veränderung eines Partners von beiden stört die Passung, und die Beziehung gerät in den Konflikt. Das ist in der Regel besonders dramatisch, da die Kollusion dazu dient, eigene unterdrückte und verbotene Impulse dadurch zu kontrollieren, dass sie vom Partner ausgelebt werden. Verlässt dieser jedoch die ihm zugedachte spezifische Funktion, fordern die abgewehrten Eigenschaften in dem Partner, der sie vorher projiziert hatte, nun selbst ihr Recht, was infolge der durchlebten Unterdrückungsgeschichte als sehr beängstigend und schmerzlich erlebt werden kann. Wer sich immer unterordnen musste, jetzt aber gefordert ist, sich selbst zu organisieren und durchzusetzen, dem wird die gesamte Geschichte seiner Unterwerfung wieder spürbar werden. Mit einem dominanten Partner war diese Gefahr gebannt, der «Untertan» konnte so weiterleben wie gelernt und genötigt. In der Anpassung an seine Rolle hatte er relative Ruhe und Zufriedenheit erlangt. Schuldzuweisungen in der Partnerschaft sind eine hervorragende Möglichkeit, von den eigenen Schwächen abzulenken und vor allem um die introjizierten «Täter», die man in sich trägt (die Elternbilder!), unerkannt und beschützt zu lassen. Viele Menschen «paaren» sich gerade deshalb miteinem Partner, dem sie Fehler und Schwächen real nachweisen können, mit dem sie oberflächlich – wenn auch oft sehr erregt – Ärger und Streit haben und unter dem sie dann auch ordentlich leiden, um von dem eigenen tieferen Leid abzulenken, das sie auch ohne diesen belastenden Partner hätten. Die kollusive Beziehungszufriedenheit bleibt also an eine labile und einengende Lebensform gebunden – weit entfernt von wirklicher Beziehungslust.
Beziehungslust hingegen erwächst aus der Freude, sich gut verständigen zu können, aus der Fähigkeit, Konflikte zu klären und dabei Andersheit zu tolerieren und auf diesem Wege die gemeinsame Entwicklung zu befördern. Anders gesagt, sie erwächst aus
übertragungsarmen
Beziehungen, die sich dadurch auszeichnen, dass beide in der Lage sind, den anderen so zu sehen und zu nehmen, wie er wirklich ist. Da wir stets die ersten Beziehungserfahrungen mit unseren Eltern tief
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