Die neue Lustschule
Alternativvorschläge machen. Die dynamische Variabilität des Ablaufes bietet – so man will – Stoff genug für ein entspanntgenussvolles Nachspiel der Reflexion und Kommunikation über das Geschehene. So wachsen und reifen die sexuellen Erfahrungen mit dem Partner, was nächste Abstimmungen wieder erleichtern kann. Verständlicherweise werden Unstimmigkeiten kaum direkt,während des sexuellen Aktes, thematisiert, aber im Nachhinein, angesichts ausreichend zufriedener Entspannung, bietet sich die Gelegenheit, auch Kritisches oder Nichtgelungenes anzusprechen und die möglichen Zusammenhänge gemeinsam zu erforschen.
Im Folgenden fasse ich die Grundlagen einer «Lustschule» in Frageform zusammen. Die «Lehre» ergibt sich aus den Antworten, die jeder Einzelne für sich und seine Beziehung findet.
1.
Bin ich dem Sexualpartner liebevoll zugeneigt?
Ist meine Beziehung zum Partner wohlwollend, respektvoll, alles in allem auf positiver Grundlage und frei von Angst, Ärger, Hass, Kränkung und Rachegelüsten? Sind Distanzen und Abneigungen vorhanden, wird sich nicht viel Lust entfalten können. Die für eine lustvolle Entladung erforderliche Energie wird dann von den negativen Affekten und ihrer Zügelung absorbiert oder zum Abreagieren auf pervertierten Wegen verbraucht. Beziehungsklärung ist geboten, wenn real bestehende Diskrepanzen Verständigung und Kompromisse erfordern oder projektive Übertragungen aus frühen, belastenden Erfahrungen auf den Partner bestehen. Dabei muss die Relation erlebter Gefühle zum realen Anlass abgeglichen werden, um Übertragungsaffekte identifizieren zu können. Fällt die Reaktion heftiger aus, als durch den Anlass zu begründen wäre, ist der Verdacht auf übertragungsbedingte Reaktionen berechtigt. Zur weiteren Klärung ist dann therapeutische Hilfe empfehlenswert.
2.
Kann ich mich auf die Genitalien und den Geschlechtsakt in der Wahrnehmung und in Gedanken konzentrieren?
Oder bin ich von anderen Dingen und Inhalten abgelenkt? Dominierengerade konflikthaft besetzte Themen oder stressauslösende Erfahrungen meine Gedanken und Affekte? Dazu gibt es nur einen Rat: Willst du lustvollen Sex, gehe vorher auf die «Matte» – anders gesagt, kläre vorher deine Belastungen und Konflikte und bemühe dich, die damit verbundenen Spannungen emotional (d.h. energetisch) abzuführen. Mit Kummer und Sorgen lässt sich nicht gut ficken!
3.
Nehme ich mir / nehmen wir uns ausreichend Zeit für den Sex und bin ich / sind wir bereit, an der Qualität der sexuellen Begegnung zu arbeiten?
Der «Quickie» ist die Ausnahme von der Regel. Will man also guten Sex haben, zu dem immer auch Absprache, Vor- und Nachspiel gehören und natürlich ein möglichst lustvoll ausgedehnter Akt, braucht es Zeit, auf die man sich in der Planung einrichten sollte. Ungestörte und unbelastete Zeit schafft einen Freiraum, in dem sich lustvolles Geschehen entfalten kann, insofern dann Verständigung, Absprachen, Probieren, Experimentieren und gegenseitige Unterstützung in ausreichendem Maße möglich sind. Die Arbeit am sexuellen Erleben gehört zu jedem Sexualakt und zur Sexkultur der gemeinsamen Erfahrungen über den gesamten Zeitraum einer sexuellen Beziehung hinzu.
4.
Akzeptiere ich die Unterschiede und versuche mich abzustimmen?
Sexualität ist Abstimmung unterschiedlicher Vorlieben, Interessen, Bedürfnisse und Abneigungen. Das fordert von jedem Sexualpartner
Selbstwahrnehmung
(«Weiß ich, was ich will?»),
Kommunikation
(«Teile ich verständlich mit, was ich will und was nicht?»),
Verhandeln
(«Unterschiede sind normal und bedürfen der Vereinbarungen und Kompromisse») sowie nachträgliche
Reflexion
(«Was war gut, was nicht, was hat geholfen, was gestört? Was ist dazwischengekommen und welche neuen Erfahrungen sind gewonnen worden?»).
5.
Bin ich bereit, die Komplexität des Sexualverkehrs zu reflektieren?
Sexualität als ein ganzheitliches Geschehen bedarf der Beachtung der
Körperlust
, die durch aufgestaute Gefühle behindert werden kann. Dementsprechend gehört zu einer Lustschule vor allem Gefühlskunde mit der Lehre davon, wie man Gefühle entwickelt und zum Ausdruck bringt, aber auch, wann man sie zurückhalten und kontrollieren muss.
Die Beachtung der
Beziehungslust
erfordert vor allem ein Verständnis für die Beziehungskonflikte, die aus Übertragungen entstehen, also aus dem unbewussten Missbrauch des Partners für unerfüllt gebliebene mütterliche und väterliche
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