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Die neue Lustschule

Die neue Lustschule

Titel: Die neue Lustschule Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Joachim Maaz
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so abzuwerten.
    Er:
  Verdammt noch mal, das ist doch blöd. Du brauchst gar nicht so gönnerhaft zu sein. Du hast doch allen Grund, dich zu beklagen.
    Sie:
Nun mal langsam. Es ist doch nicht die Regel, dass du nicht richtig zum Abschluss kommst. Was soll ich dich beschimpfen, bevor ich weiß, was los ist.
    Er:
  Nichts ist los! Einsargen kann ich mich lassen!
    Sie
  (schweigt)
    Er:
  Das siehst du wohl auch so?
    Sie:
Komm, hör schon auf damit.
    Er:
  Ich glaube, wenn ich nicht mehr richtig kann, bin ich auch nichts mehr wert.
    Sie:
Das ist eine harte Aussage! Stimmt das denn wirklich?
    Er:
  Du weißt, wie wichtig mir Sex ist, ich hab mich immer darüber definiert.
    Sie:
Ja, das weiß ich, aber du hast es doch bereits selbst in Frage gestellt.
    Er:
  Ja, schon, aber es trifft mich doch hart. Ich glaube, ich muss nicht nur mein Sexualleben neu definieren, sondern den bisherigen Sinn und Wert meines Lebens in Frage stellen.
    Sie:
Nicht gleich wieder so dick auftragen, aber es ist schon ein Thema für uns beide, wir sind eben nicht mehr vierzig.
     
    Hier liegt offensichtlich kein aktueller Konflikt zugrunde, sondern ein prinzipieller, struktureller. Er ist durch das sexuelle «Versagen» schwer narzisstisch gekränkt und in Gefahr, seinen Unmut an ihr auszulassen, indem er sie mit Selbstvorwürfen quält. Sie hält stand, lässt sich nicht vonihm in einen Konflikt verwickeln und führt das Gespräch zu einer tieferen Erkenntnis: Mit dem Älterwerden stehen die narzisstischen Werte, die Lebensform in Frage – was symptomatisch in einer sexuellen Funktionsstörung aufscheint. Das Nachgespräch führt aus der Sexfalle heraus, hin zu einer allgemeinen kritischen Reflexion angesichts der sich verändernden Lebensumstände.
     
    5. Nachgespräch
    Sie:
Das war nicht gut heute!
    Er:
  Was meinst du, was war nicht gut?
    Sie:
Du bist viel zu schnell gekommen, ich hatte gar keine Chance mitzuhalten.
    Er:
  Ich kann nicht immer auf dich warten.
    Sie:
Was ist denn los mit dir?
    Er:
  Was soll denn los sein? Ich bin nicht zuständig für deinen Orgasmus.
    Sie:
Du hast so losgerammelt, als wenn du mich niedermachen wolltest.
    Er:
  Ja, das war mal nötig!
    Sie:
… was?
    Er:
  Ich denke eben mal an mich, du tust es ja schon lange nicht mehr.
    Sie:
Was soll das heißen? Bin ich deine Mama?
    Er:
  Jetzt reicht es aber, hör bloß auf.
    Sie:
Ja, das willst du nicht hören.
    Er:
  Du bist ja so blöd!
    Sie:
Und dann soll ich auch noch stillhalten, damit du abbumsen kannst – das war das letzte Mal.
    Er:
  Jetzt zeigst du dein wahres Gesicht, du verstehst mich überhaupt nicht.
    Sie:
Was soll ich denn noch verstehen?
    Er:
  Ach, lass es doch.
     
    Ein Nachgespräch, das im offenen Konflikt endet. Es wird deutlich, dass es nicht um Sex geht, sondern über den Sex ein ernstes, tief greifendes Beziehungsproblem ausgetragen wird. Sie fühlt sich missbraucht (und wird es auch), er fühlt sich unverstanden und abgelehnt – und so geschieht es auch. Man darf annehmen, dass beide von Übertragungen aus leidvoller Frühgeschichte geplagt sind, dies aber nicht erkennen wollen, sondern den Partner provozieren und dazu missbrauchen, sich abzureagieren. Beide brauchen Hilfe.
Ein Plädoyer für die Lustschule
    Eine Konfliktlage vieler Partnerschaften lautet: Unser Sex war mal ganz «gut», aber jetzt macht es gar keinen Spaß mehr, oder wir haben damit nur Ärger. Fragt man nach, was eigentlich mit «gut» gemeint sei, gehen die Meinungen weit auseinander: «Er war so zärtlich und aufmerksam», «Sie war gerne bereit», «Wir haben viel ausprobiert», «Es war alles so neu», «Wir waren ganz unerfahren», «Wir wollten gerne ein Kind haben», «Endlich jemand, der für mich da war», «Nur weg von zu Hause!», «Ich war begehrt», «Wir kamen nur selten zusammen, weil wir entfernt voneinander wohnten», «Sie hat mich gut behandelt», «Ich war immer gut versorgt», «Endlich hat mir jemand zugehört», «Wir konnten uns gut unterhalten», «Ich war so stolz», «Ich fühlte mich so wertvoll», «Es hat Spaß gemacht, so zusammenzusein». Aussagen dieser Art weisen auf eine Beziehungssehnsucht, eine Bedürftigkeit, auf Hoffnungen und Erwartungen, Wünsche und Defizite hin. Körperliche Lustvorgänge werden im Grunde gar nicht erwähnt. Darauf angesprochen, erhält man ausweichende, verständnislose Antworten und trifft auf Blicke voller Fragezeichen. «Wie war es denn mit derLust?» – «Ja, schön!», oder:

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