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Die neuen Großmächte: Wie Brasilien, China und Indien die Welt erobern - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Die neuen Großmächte: Wie Brasilien, China und Indien die Welt erobern - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Die neuen Großmächte: Wie Brasilien, China und Indien die Welt erobern - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Follath
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am Eingang ab. Bei ihrem großen Sprung nach vorn ist die Stadt in mancher Beziehung wieder da angekommen, wo sie zu Zeiten der kolonialen Herrschaft schon einmal war.
    Zhang ist keiner, der sich mutig und konsequent und bis zur Selbstzerstörung gegen das System aufgelehnt hat. Wie die allermeisten Nicht-Helden in Diktaturen ging er zeitlebens einen anderen, ungefährlicheren Weg, den der kritischen Anpassung. An der Jesuitenschule von Schanghai lernte er in vorkommunistischer Zeit so gut Englisch, dass er seinen westlichen Spitznamen abbekam. »Peter« glaubte dann an die Revolution, litt aber wie Millionen andere unter ihr. Als Musiker wäre der Beethoven-Fan arbeitslos geworden, hätte er sich nicht im Ensemble der Mao-Gattin verdingt und stumpfe Revolutionsopern intoniert. Er sah sich verurteilt zur »Eintönigkeit«, wie er sagt. Heute genießt er, dass sich die Partei in die Dinge des täglichen Lebens nicht mehr einmischt, und freut sich des Pensionärsdasein mit seinen kleinen Freiheiten. Die Kinder und Enkel sind versorgt, wie fast alle Schanghaier sah er die Ausbildung des Nachwuchses als Priorität in seinem Leben. Jeden Samstag spaziert er durch die Stadt, vorbei am alten Peace, das die kanadische Luxushotelkette Fairmont übernommen hat. Nun glänzt das Symbol wieder und gehört zur Spitzenklasse der Stadt, des Landes. So wie fast alle noblen Etablissements am Bund, die Bar Rouge gegenüber, die Restaurants Lost Heaven und M. Fusion-Küche, Weltküche. An der Uferpromenade treffen sich Liebespaare, Familien fotografieren ihre Kinder mit dem Fernsehturm im Hintergrund. Drüben in Pudong protzt das neue Shanghai World Finance Center, 492 Meter hoch, das zweithöchste Gebäude der Welt nach dem Burj-Khalifa-Turm von Dubai.
    Peter Zhang glaubt, man dürfe Schanghai nicht mit anderen Weltstädten vergleichen, schon gleich gar nicht mit denen im Westen. Sondern nur mit seiner Vergangenheit. »Und da muss ich sagen, ist es uns noch nie so gut gegangen wie heute.« Er hat im hohen Alter einen Laienchor gegründet. Samstags trifft man sich zur Probe. Sie üben in der Volksuniversität, unweit der früheren Blood Alley, wo 1927 die chinesischen Widerstandskämpfer niedergemetzelt wurden. Unweit des Ortes, wo fanatisierte Rote Garden während der Kulturrevolution 1967 ihren Lehrern Schmähplakaten umhängten und sie öffentlich bespuckten. Die Mehrzahl der Musikbegeisterten sind pensionierte Ärzte, Diplomingenieure, Lehrer. Peter Zhang gibt als Dirigent den Ton an. Keiner redet den Hobbymusikern heute mehr bei der Auswahl ihrer Lieder hinein. Selbst das politisch eher unkorrekte »America, the beautiful« haben sie schon gesungen. Und neben diversen chinesischen Volksliedern proben sie auch Bing Crosbys Jazzklassiker »Blue Sky«, einen der Alltime-Lieblingssongs von Peter. Der Strenge ist wieder einmal nicht glücklich mit seiner Truppe. Ihm fehlt der Schwung des Originals, die Lebensfreude, die das Lied ausdrückt. »Ihr müsst das verstehen. Da geht es um jemanden, der sich völlig frei fühlt …« Immer wieder lässt er den Anfang neu intonieren, swingt selbst mit, verbessert. Endlich haben es seine Sänger begriffen. Peter wird das Lied in sein Repertoire aufnehmen, mit dem sie in Schulen und bei öffentlichen Veranstaltungen gastieren. Mit einem Anflug von Lächeln packt der Chorleiter seine Sachen zusammen, sieht zum Fenster hinaus. Blue Skys, kein trübendes Wölkchen am Himmel. An einem solchen Tag kann man, muss man denken: Dieses Schanghai hat das Schlimmste nun wirklich hinter sich. Dieses Schanghai hat es geschafft. Aber auf dem Huangpu, nicht einmal zwanzig Kilometer weiter, schwimmen die toten Schweine.

3 RIO DE JANEIRO
Die wunderbarste Katastrophe
    Anderswo wäre dieser Platz der Stolz der Stadt, das Aushängeschild, die Attraktion schlechthin. In Rio de Janeiro dagegen ist der Arpoador-Strand in der kleinen, feinsandigen, von Felsen umrahmten Bucht zwischen Ipanema und Copacabana nur ein großartiger Strand von vielen. Das Wasser plätschert hier aquamarin und fast durchsichtig, der Himmel malt in allen nur denkbaren Pastellfarben, Palmen und Wolken, Wellen und Gesteinsformationen sorgen für spektakuläre Schattenrisse. Muskulöse junge Männer, das Handy an die Badehose geklemmt, streicheln liebevoll über ihre Surfbretter und bestellen sich an der kleinen Strandbar einen ersten Caipirinha. Bikini-Schönheiten zupfen sich ihre knappen Tops zurecht und lassen sich ganz langsam und ziemlich

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