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Die Neuen - Herz des Gladiators - Nachbars Garten

Die Neuen - Herz des Gladiators - Nachbars Garten

Titel: Die Neuen - Herz des Gladiators - Nachbars Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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verbergen konnte.
    In früheren Zeiten hatte man unerfahrenen Jungen einzureden versucht, sie würden blind werden, wenn sie eine nackte Frau sahen. Es steht zu bezweifeln, ob je einen jungen Burschen dieses Schicksal ereilt hat – oder ihn ernsthaft davon abgehalten hat, nach nackten Tatsachen zu schielen. Gorgon hatte in seinem Leben so manche unbekleidete Frau gesehen, auf dem Papier, im Film und in natura, ohne dass seine Sehkraft auch nur um ein Dioptrien abgenommen hatte, doch in dem Moment, in dem Hanna zum ersten Mal vollständig entblößt vor ihm stand, wurde er tatsächlich blind – blind für die Schönheit anderer Frauenkörper. Niemand konnte sich mit ihr messen. Sie war das Modell, nach dem die anderen geformt waren, der Ursprung des Weiblichen, und Gorgon konnte sich sehr gut vorstellen, irgendwann einmal eine andere Frau zu lieben, aber niemals, eine andere Frau so zu begehren, wie er sie begehrte. Ein Blick auf ihren Rücken, auf ihre Waden, auf ihre Schultern reichte, um ihn hoffnungslos und unwiderstehlich zu erregen, ganz gleich, was er bis zu diesem Moment getan oder gedacht hatte. Ein Blick auf ihre Brüste, ihre Hüfte oder ihren Schoß war das Paradies.
    Es war schwierig genug gewesen, Hannas Anwesenheit bei den Turnieren zu ignorieren und sich auf die Kämpfe zu konzentrieren. Vielleicht konnte er nur gewinnen, weil sie die anderen ebenso verwirrte, weil sie alle nicht ihre volle Leistung brachten. Es war ihm nicht verborgen geblieben, dass sie immer wieder Annäherungsversuche aus den Reihen der Zuschauer abzuwehren hatte.
    Einmal hatte er es nicht ertragen und einem reichen Kerl mit grauen Schläfen Prügel angedroht, wenn er sie nicht auf der Stelle in Frieden ließ. Dem Indianer gefiel das gar nicht, er pfiff ihn böse zurück, und Gorgon war nahe dran gewesen, auch ihm seine Meinung zu sagen. Dann fürchtete er, der Indianer könne Hanna vom Besuch der Turniere ausschließen, und er beherrschte sich und brachte sogar eine Entschuldigung zustande. Es war das erste und letzte Mal in seinem Leben, dass er den Indianer um Verzeihung bat. Hanna sah ihn die ganze Zeit über nur an, und es war unmöglich zu sagen, ob ihr sein Verhalten imponierte oder sie abstieß. Auf jeden Fall hatte er mehr und mehr das Gefühl, die Kämpfe nur noch für sie zu bestreiten.
    Eines Abends ging er mit ihr nach Hause, und es war eine völlig natürliche Situation, wie die Kopulation am Ende eines Balztanzes. Gorgon hatte von Paaren gehört, die brennend vor Lust nach Hause eilten und es nicht mehr bis ins Schlafzimmer schafften. Hanna und er schafften es nicht einmal bis zur Haustür – sie liebten sich im Auto und dann in dem dunklen, schmalen Hof zwischen dem Mietshaus, in dem Hanna wohnte, und einer Wäscherei. Ein schmales Rechteck aus Licht fiel auf sie herab, aus einem Fenster im zweiten Stock der Wäscherei, und Hanna hatte so wunderbar wenig dagegen, sich ausgerechnet in dieses Rechteck zu stellen, als sei es der einzige Platz auf Erden, an dem sie sich in diesem Moment wohlfühlte. Eine halbe Stunde später taten sie es noch einmal in ihrem Schlafzimmer, und auch diesmal ließen sie das Licht brennen, während sie durch die weißen Laken schwammen wie durch einen schäumenden Ozean.
    Am Morgen knabberten sie im Bett Cornflakes aus der Tüte und tranken Milch aus der Flasche. Gorgon konnte den Blick nicht von ihrem Körper nehmen, und es kam ihm so vor, als hätten sie noch gar nichts mit einander getan, als lägen alle Erfahrungen noch vor ihnen. Ihre Haut war leicht gebräunt, nahtlos.
    „Solarium?“, fragte er.
    „Barbados“, erwiderte sie.
    Gemeinsam gingen sie in die Küche und tranken dort, nackt, wie sie waren, siedend heißen Kaffee.
    „Wie heißt du?“, fragte sie, während sie über eine kleine Narbe an seiner Schulter strich, und er antwortete automatisch: „Gorgon.“
    „Das ist dein Turniername“, stellte sie fest. „Aber wie heißt du wirklich?“
    Er zögerte. Gorgon fühlte sich an wie sein richtiger Name. Seinen ursprünglichen Namen hatte er abgelegt, weggesperrt und versiegelt – abgelegt, als er der Truppe beitrat, weggesperrt, als der Indianer ihn bestraft hatte, und versiegelt, als er Hanna zum ersten Mal gesehen hatte.
    Hanna sah ihn mit Faszination in den Augen an. „Du hast ein Geheimnis vor mir. Das macht unsere Verbindung so viel interessanter. Ich bitte dich, behalte es. Verrate es mir nie.“
    Er dachte eine Weile über ihre Worte nach und erkundigte sich

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