Die Neuen - Herz des Gladiators - Nachbars Garten
verkündete er einen Kompromiss. Stick würden die Siege zuerkannt werden. Allerdings würde der heutige Wettkampf sein letzter gewesen sein – er hatte die Truppe auf der Stelle zu verlassen.
Das Durcheinander war damit nicht beendet, und die Diskussionen dauerten noch Stunden an. Als jemand damit drohte, die Polizei zu rufen, kam es zu einer ausgewachsenen Schlägerei. Die Nerven der Wettgäste und der Gladiatoren lagen blank. Georg gehörte zu den wenigen, die sich nicht einmischten. Stattdessen machte er sich seine Gedanken. Wahrscheinlich würden sie auch diesen Kampfplatz bald verlassen müssen. Wenn die Kunden unzufrieden wurden, war eine Polizeirazzia nicht mehr auszuschließen. Vielleicht würde der Indianer die Truppe auch ganz auflösen. Es war nicht mehr wie früher. Stick hatte etwas zerstört.
Georg beobachtete genau, und irgendwann sah er, wie Stick mit einem der Wettgäste sprach. Der Mann unterschied sich wenig von den anderen. Er trug einen teuren dunklen Anzug, wie die meisten, dazu eine silbergraue Krawatte. Silbergrau war auch der dünne Schnurrbart, der sich unter einer schmalen, scharf geschnittenen Nase versteckte. Er wechselte ein paar Worte mit Stick, doch als sich sein Blick mit Georgs Blick traf, wandte er sich sofort um, ließ Stick stehen und tauchte in der Dunkelheit hinter den anderen unter.
Georg sprintete los, in die Richtung, in die der Fremde verschwunden war. Stick startete ebenfalls und schnitt Georg den Weg ab, indem er sich von der Seite gegen ihn warf und ihn zu Boden stieß.
„Bist du verrückt?“, knirschte Georg. „Willst du dich mit mir anlegen?“
„Lass ihn gehen, oder ich bringe dich um!“ Stick saß auf ihm und hatte seine Hände am Hals des Gestürzten. Noch drückte er nicht zu, aber Georg wusste, dass er es tun würde, wenn er ihm einen Anlass dazu gab.
Vorsichtig atmete er ein und aus, legte seine Arme schlaff auf den Boden, entspannte seine Muskeln. Er hätte Sticks Griff vermutlich brechen können, aber er hatte keine Lust, mit ihm zu kämpfen. Stick würde ernsthaft versuchen, ihn zu töten, und vielleicht musste Georg im Verlauf des Kampfes selbst zum Mörder werden, um sich den Hageren vom Leib zu schaffen. Er hatte keine Lust auf Blutvergießen, also gab er nach.
Als in der Nähe ein Motor aufheulte und kurz darauf sich entfernende Reifengeräusche zu hören waren, ließ Stick ihn frei. Georg sprang auf und hoffte, wenigstens noch eine Autonummer erkennen zu können, doch das Fahrzeug war nicht mehr zu sehen.
„Wer war das?“, brachte Georg hervor. „Was hast du mit ihm zu schaffen?“
Stick sah ihn mit leerem Blick an.
Georg dachte daran, dem Indianer davon zu erzählen. Er unterließ es. Trotz allem mochte er Stick noch immer mehr als den Indianer. Und Stick war ohnehin gefeuert. Vielleicht war es besser, wenn er selbst auch ausstieg. Es war ein hübscher Verdienst gewesen, ein regelmäßiges Einkommen, nicht ganz legal zwar, aber im Gegensatz zu den Dingern, die er früher gedreht hatte, war er dabei wenigstens nicht ständig auf der Flucht gewesen. Nun begann die Sache ungemütlich zu werden. Der Tod von Muay Dad hatte ihm zugesetzt, und falls der Indianer seine Kunden nicht beschwichtigen konnte, würden düstere Zeiten auf ihn zukommen.
Georg fuhr nach Hause. Er hatte das Gefühl, ein Kapitel seines Lebens sei beendet.
Doch das stimmte nicht ganz.
5
Für einige Tage gelang es ihm, den Gedanken an Hanna erfolgreich zu verdrängen. Ja, er hatte sie auch an jenem Abend kurz unter den Zuschauern gesehen, aber als die Streitereien begannen, hatte sie sich wieder abgesetzt. In dieser Nacht hatte er sie nicht mehr aufgesucht, und auch in den folgenden nicht. Er nahm an, dass es am besten sei, wenn er mit seinem Ausscheiden aus der Truppe auch seinen Abschied von ihr nahm. Aber nach einer Woche war die Sehnsucht nach ihr zu groß geworden.
Eines Nachmittags fuhr er zu ihr, klingelte im dritten Stock an ihrer Tür. Er hatte Blumen dabei – das erste Mal, dass er einer Frau Blumen schenken wollte. Sein Zorn auf ihre Geheimnistuerei war verraucht, und er hoffte, dass sie einen Neuanfang schaffen konnten. Im Herzen fühlte er sich noch immer als ihr Champion, auch wenn er jetzt kein Gladiator mehr war.
Es dauerte lange, bis sie öffnete. Ihr Anblick verzauberte ihn und verstörte ihn gleichermaßen.
Sie trug nur ein großes, sektfarbenes Badetuch, das sie sich um den Körper gewickelt hatte. Die Ansätze ihrer Brüste waren deutlich zu
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