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Die Neuen - Herz des Gladiators - Nachbars Garten

Die Neuen - Herz des Gladiators - Nachbars Garten

Titel: Die Neuen - Herz des Gladiators - Nachbars Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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er gewusst, was geschehen würde? Hatte er Stick absichtlich die Zeit gegeben, die er brauchte?
    Die Hälfte der Gladiatoren stürzte in den Ring, scharte sich um den zuckenden Muay Dad, dessen Augen nun brachen. Sticks Fuß stand noch immer auf seinem Nacken, und er ließ sich nur widerwillig wegzerren. Seine Augen glommen noch immer groß und unruhig, doch seine Züge wirkten entspannt, befriedigt.
    Gorgon und einige der anderen waren wie gelähmt. Es war nicht das erste Mal, dass Gorgon jemanden sterben sah, aber es war das erste Mal, dass es jemand gewesen war, den er gemocht hatte. Teilnahmslos sah er zu, wie Junk auf Stick zusprang und ihn am Kragen packte. „Warum hast du das getan, hä?“, brüllte der junge Mischling. „Du hast ihn eiskalt gekillt.“
    Das stimmt nicht , dachte Gorgon. Nicht eiskalt. Glutheiß.
    In Sticks Augen brannte noch immer ein Feuer. Es war kein Hass. Es war eine Entschlossenheit, eine wilde Aggressivität, die ursprüngliche, primitive Lust am Kämpfen, aber ganz ohne Hass, ohne Ziel. Stick hatte nicht Muay Dad getötet, er hatte einfach seinen Gegner niedergestreckt. Wer es war, hatte für ihn keine Rolle gespielt.
    Stick – der ewige Loser. Sie alle hatten damit gerechnet, dass er eines Tages aussteigen oder schwer verletzt werden würde. Was eben geschehen war, hatte niemand voraussehen können. Es war noch so frisch, dass man das Gefühl hatte, es wäre noch nicht zu spät, um die Zeit zurückzudrehen und es ungeschehen zu machen.
    Der Indianer trat in den Ring. Ehe er sich an seine Gladiatoren wandte, ging er von innen den Kreis der Besucher ab, schaute sie sich einzeln an. Drei oder vier von ihnen drückte er die Hand und flüsterte ihnen etwas zu. Es sah aus, als würde er ihnen sein Beileid aussprechen. Wahrscheinlich entschuldigte er sich für die unschöne Wendung, die das Turnier genommen hatte. Dann betrachtete er sich Muay Dad, fühlte seinen Puls, schloss seine Augen. Ein dünner Blutfaden kam nun aus der Nase des Toten.
    Als Letztes näherte er sich Stick. Er wurde von Dschingis Khan und einem der anderen festgehalten. Der Indianer starrte dem Mann, der zum Mörder geworden war, lange ins Gesicht. „Das war ein Regelbruch“, sagte er dann. „Und du kennst die Strafe.“
    „Ja“, antwortete Stick gedehnt. Das Glühen in seinen Augen ebbte nur langsam ab. Noch immer wirkte er erregt, beinahe wie in Ekstase. Keine Reue stand in seinem Blick, und er sah nicht zu dem Toten hinüber.
    Die beiden, die ihn hielten, wurden jetzt von den beiden Bodyguards des Indianers weggeschoben. Diese übernahmen es, Stick zu packen und in die Knie zu drücken. Man fackelte nicht lange. Die Strafe folgte immer sofort auf das Vergehen. Der Indianer verstand etwas von Pädagogik. Zweifellos hätte er einen guten Schullehrer abgegeben.
    Aber sie hatten es nicht so leicht, wie sie es bei dem grippegeschwächten Gorgon damals gehabt hatten. Stick setzte sich zur Wehr. Beinahe hätte er den kleineren der beiden in den Schneematsch geworfen. Erst als sie ihm zwei schallgedämpfte Maschinenpistolen an beide Schläfen pressten, spielte er mit.
    Gorgon beobachtete das Schauspiel und versuchte sich vorzustellen, was für eine Figur er selbst seinerzeit abgegeben haben mochte. Ein Klappmesser klickte, die Klinge lag ein paar Herzschläge lang auf der Stirn des Hageren. Der Indianer nickte, und Stick wurden mit schnellen, brutalen Schnitten die mittellangen, aschblonden Haare von dem schmalen Schädel rasiert. Das Blut quoll aus sich überkreuzenden, unregelmäßigen Schnitten, verlief zu einer roten Mütze. Dann zog jemand den Sprühklebstoff aus der Tasche, eine unscheinbare gelbschwarze Dose, schüttelte sie, nahm die Kappe ab. Gorgon glaubte den doppelten Schmerz noch einmal zu spüren, das Aufsprühen auf die verwundete, blutige Kopfhaut und dann das langsame, qualvolle Abziehen der Klebstoffschicht. Stick schrie nicht, aber er gab ein dunkles Stöhnen von sich. Die Wettkunden sahen interessiert zu. Jemand zeigte verstohlen auf Gorgon, und dieser fuhr sich mit einem schiefen Grinsen über die Glatze, auf der nie wieder ein Haar sprießen würde.
    Vielleicht dachten sie jetzt, er sei auch ein Mörder.
    Ja, sieben Niederlagen am Stück mit derselben Strafe zu ahnden wie den kaltblütigen Mord an einem Mitgladiator, das war schon eine merkwürdige Regelung. Trotzdem war Gorgon froh, dass er seine Strafe nicht für dasselbe Verbrechen erhalten hatte wie Stick. Noch immer war er geschockt, und

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