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Die Neuen - Herz des Gladiators - Nachbars Garten

Die Neuen - Herz des Gladiators - Nachbars Garten

Titel: Die Neuen - Herz des Gladiators - Nachbars Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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einträchtig … oder zu zweit, aber zerstritten?
    Sie blickte sich um. Und das sah sie:
    Keine Blumen der gefährlichen Sorte hier.
    Keine Wurzeln, die aus dem Beet wuchsen und Türen zu verschließen versuchten.
    Aber auch keine zersplitterten Scheiben und keine Werkzeuge, um welche zu zerschlagen.
    Kein Schlüssel, mit dem man die hintere Tür öffnen konnte.
    Das Gefühl, dass sie vor einigen Minuten gehabt hatte, als sie das hintere Glashaus zum ersten Mal betrat, war noch immer da, womöglich noch stärker als zuvor.
    Dieses Rumoren in der Tiefe wie ein ununterbrochenes schwaches Erdbeben.
    Die Wasserader, nach Angelikas Meinung.
    Werner hatte eine ganz andere Formulierung dafür gefunden. Jetzt fielen sie ihr Wort für Wort wieder ein: „Wenn da etwas war, etwas, das nicht dorthin gehörte, dann unter den Pflanzen, in der Erde, im Boden.“
    Als ihr die Implikationen dieser Worte klar wurden, schwankte sie. Werner hatte nicht von den Blumen im vorderen Haus gesprochen. Die hatte er gar nicht bemerkt. Was Werner bei seinem kurzen Besuch hier als fremd und gefährlich empfunden hatte, war das hintere der beiden Glashäuser mit seiner ungreifbaren, unter den Fußsohlen gärenden Macht …
    Nun gut. Was immer auch da unten sein mochte – wenn es seit Werners Besuch nicht an die Oberfläche gelangt war, würde es wohl auch heute brav eingebuddelt bleiben.
    Ihr Handy fiel ihr ein. Jaqueline benutzte es selten, und die Erinnerung an es war unter den Eindrücken blauäugiger Pflanzen, rasch kriechender Pflanzenwurzeln und einer kollabierenden Kommilitonin verschüttet worden.
    Sie trug es in der Hosentasche. Wen sollte sie anrufen? Die Polizei? Die Ambulanz? Oder besser Werner? Der hielt sich in diesem Augenblick in Offenburg auf und besuchte den Mann, der diese bemerkenswerten, aber nicht ganz handzahmen Pflanzen wohl gezüchtet hatte. Dieser konnte ihnen gewiss helfen.
    Aber wollte er ihnen auch helfen?
    Nur die Polizei hatte Werkzeug bei sich, um sie hier herauszuholen. Also die 110.
    Jaqueline hob die Tastatursperre auf und …
    Angelika stöhnte. Ihre Lider flatterten, hoben sich aber nicht. Gleichzeitig wurde das Beben unter ihren Füßen stärker. Ein dumpfes, schabendes Geräusch war zu hören, als ob … ja, als ob etwas an den Betonwänden der Beete entlangschabte. Von innen. Von unten.
    Jaqueline wirbelte herum.
    Und sah, dass es zu spät für jeden Notruf war.
    Auf dem rechten Beet kippte der Wald aus verdorrten Pflanzen, während sich etwas aus der Tiefe emporarbeitete. Zunächst war es unter der trockenen Erde verborgen, doch als die Krumen von ihm herabkullerten, offenbarte sich ein Geschöpf, wie Jaqueline es noch niemals gesehen hatte.
    Rund um eine milchig weiße Blüte, die einen Durchmesser von einem halben Meter hatte, wuchsen riesige, in der Mitte einmal abgeknickte Blätter. Sie waren von gräulicher Farbe, leicht durchscheinend und von schleimiger Konsistenz. Insgesamt sah dieses Ungeheuer aus, als wäre es nie von einem Lichtstrahl getroffen worden. Es schraubte sich in schwerfälligen Drehbewegungen aus dem harten Erdreich. Dass Blüte und Blätter dabei Schrammen abbekamen, schien es nicht zu stören.
    Das ist keine Pflanze mehr , schrie es in Jaqueline. Das ist ein abartiger Bastard! Und ich verliere den Verstand!
    „Angelika!“, brüllte sie. „Wir müssen raus hier, egal wie!“ Angelika hob den Kopf. Ihr Blick war verschleiert. Von ihrer Perspektive aus wäre das Monstrum ohnehin nicht zu sehen gewesen.
    Jaqueline griff nach der Gießkanne und schleuderte sie mit aller Wucht gegen eine der Scheiben. Das Glas widerstand dem Aufprall. Sie versuchte ein Stück Beton aus den Wänden der Beete herauszubrechen – zwecklos. Als nächstes warf sie ihr Handy, eine Verzweiflungsaktion. Mehr noch: eine dumme Aktion.
    „Du weißt nicht, was du tust“, herrschte sie sich selbst an. Und zu Angelika sagte sie in ganz anderem Tonfall, liebevoll, sanft, als wäre sie ihre beste Freundin: „Bitte, wach auf. Du hast eine Idee, ich weiß es, irgendeine Idee, was wir noch tun können. Du fühlst dich ein. Fühle dich ein! Bitte!“
    Als das Ding vollständig auf dem Beet lag, reckte es seine Blätter wie ein hässlicher vierarmiger Tintenfisch. Die Blätter waren nicht tentakelartig, sondern flach und breit, und von oben betrachtet hatten sie eine charakteristische Form. Eine Form, die die Natur nicht hervorbrachte. Garantiert nicht.
    „Nein“, hauchte Jaqueline. „Ich bin meinetwegen verrückt,

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