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Die Neuen - Herz des Gladiators - Nachbars Garten

Die Neuen - Herz des Gladiators - Nachbars Garten

Titel: Die Neuen - Herz des Gladiators - Nachbars Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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sich trägt.“
    „Ich verstehe“, sagte Werner.
    „Sorte A und B“, nahm Aspen von sich aus den Faden wieder auf und bewies damit, dass sein Geist alles andere als wirr war. „Stein war ausgemustert worden, wegen einer … Knieverletzung aus dem Ersten Weltkrieg. Aber er wollte seinem Land dienen. Also entwickelte er … Sorte A, eine Killerpflanze, gedacht für den Einsatz im Krieg. Gleichzeitig hatte ihn die Erniedrigung bei der Musterung aber tief getroffen. Er … er musste fürchten, dass man ihn wieder auslachte, wenn er sein Werk vorstellte … dass man ihn wieder zurückwies und … verhöhnte. Für diesen Fall schuf er Sorte B. Sorte B sollte ein … Rachewerkzeug sein, falls er eines brauchen würde. Blumen mit wunderschönen Blüten, die wie blaue Menschenaugen aussahen.“
    „Wie wollte er mit hübschen Blümchen Rache üben?“
    Aspen verzog das Gesicht, stemmte die Hände gegen die Matratze und schaffte es, sich im Bett aufzurichten. Zunächst schwankte er ein wenig, dann sah er Werner mit festem Blick an. „Stein glaubte, es könne ihm gelingen, seine Blumen an … höchster Stelle einzuschleusen.“
    „Was?“
    „Er hielt es für … möglich, dass der Führer selbst Gefallen an den einzigartigen … blauäugigen Blümchen finden würde. Und wenn sie erst bei ihm im Schlafzimmer standen, würden sie ihn mit ihren narkotischen Duftstoffen und ihren außergewöhnlich schnellen Wurzeln töten.“
    Werner musste unwillkürlich lachen. „Du willst sagen, Stein züchtete Sorte B mit dem Ziel, Adolf Hitler zu töten?“
    „Ja, nur mit diesem Ziel“, keuchte Aspen.
    „Das ist … lächerlich! Selbst, wenn man sich vorstellt, dass diese Pflanzen tatsächlich zu so etwas fähig wären – wie kann ein Mensch auf der einen Seite ein Patriot sein und auf der anderen …“
    „Tief verletzte Persönlichkeiten“, unterbrach Aspen, „sind zu beidem fähig. Ihnen geht es nicht um … die Sache. Ihnen geht es um Vergeltung, ganz gleich, an wem …“
    Werner fasste sich an die Stirn. „Um Gotteswillen!“, rief er. „Ich habe Angelika vergessen! Und Jaqueline.“
    „Wer ist das?“
    „Zwei Studentinnen aus Falkengrund. Ich habe sie zu den Gewächshäusern geschickt. Wahrscheinlich sind sie längst dort und sehen sich um.“
    Eberhard Aspen ließ sich auf das Laken zurückfallen. „Das ist nicht gut“, hauchte er.

10
    Die Pflanze mit den Swastika-Blättern pulsierte wie ein gigantisches Herz. Mit Gliedmaßen, die unter ihr verborgen waren, bewegte sie sich langsam in die Richtung der beiden Studentinnen. Eines der Blätter ragte über die Wand des Beets wie eine schlaffe, schleimige Sense. In zwanzig, dreißig Sekunden würde es ihr erstes Opfer erreicht haben.
    Jaqueline zitterte heftig. In ihrem Geist ging es drunter und drüber.
    Das Handy suchen, damit irgendeinen Kontakt zur Außenwelt herstellen – sinnlos, niemand konnte innerhalb von fünf Minuten hier sein!
    Sich nach einer Waffe umsehen – sinnlos, hier gab es nichts, womit man schlagen oder stechen konnte!
    Durch die Zwischentür fliehen, wenigstens ins vordere Haus – wahrscheinlich aussichtslos.
    Nein! Die Tür stand einen Spaltbreit offen. Natürlich – seit sich die beiden Frauen auf dieser Seite aufhielten, versuchten die niedlichen Blauäugchen, die Tür zu öffnen, anstatt sie zu versperren. Schließlich wollten sie zu ihnen.
    „Angelika, kannst du … kannst du gehen? Bitte, du mu-musst es versuchen. Wir werden sonst sterben!“ Mit einem kräftigen Ruck half sie ihrer Kommilitonin auf die Beine, und für einen Moment schien es, als wäre Angelika in der Lage zu stehen. Dann kippte sie zur Seite, und Jaqueline konnte sich gerade noch zwischen sie und die Tür werfen, ehe Angelika mit dem Kopf gegen den Metallrahmen geknallt wäre.
    Sie ließ den schlaffen Leib wieder sinken. Angelika unternahm einige Versuche aufzustehen, hatte die Augen offen, und ihre Gliedmaßen zuckten. Es half nichts: Sie mussten weg von der Tür, um diese vollständig öffnen zu können! Das bedeutete, sie mussten sich erst ein Stück in Richtung der herannahenden Pflanze bewegen.
    Jaqueline spürte Blut über ihr Kinn rinnen. Sie hatte sich die Unterlippe blutig gebissen, ohne es überhaupt zu merken. Das Gewächs war keinen halben Meter mehr von ihr entfernt. Von den Blättern tropfte grauer Schleim, und in der milchigen Blüte schien etwas zu leben. Wie aus einer Drüse quoll eine rötliche Flüssigkeit heraus, verdünntem Blut nicht unähnlich.

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