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Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte

Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte

Titel: Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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Säulenreste übrig sind.

    Nach dem Ende der Antike wurden die Tempel auf der Akropolis zu Kirchen und Moscheen umgewidmet. Erst nahm ein oströmischer Bischof seine Residenz auf dem Berg, dann kamen in rascher Folge Franken, Burgunder, Katalanen und Florentiner, bis ab Mitte des 15 . Jahrhunderts die Türken für Jahrhunderte – von einem sehr kurzen venezianischen Intermezzo abgesehen – Herren auf der Akropolis waren, die wieder zum Dorf wurde wie vor ihrer Zeit als stolzes Heiligtum. Die antiken Bauten nahmendabei allerdings erheblich weniger Schaden als unter anderen Herrschaften davor und danach, auch wenn Umbauten vorgenommen wurden – des Parthenon zur Moschee, der Propyläen zum Schloss. Athen wurde zum trostlosen Provinznest, noch dazu schwer erreichbar. Als klassische Stätte antiker Kunst und Architektur geriet die Akropolis in Vergessenheit. Zwar hielt das europäische Mittelalter andere Stücke des antiken Erbes in Ehren, Athen jedoch musste zugunsten Roms zurückstecken. Erst in den 1670 er-Jahren erregten Reiseberichte über die Schätze der Akropolis großes Aufsehen. Bald darauf hatte die Belagerung durch venezianische Truppen fatale Folgen: Erst wurden Tempel für militärische Befestigungsanlagen abgetragen, dann explodierte unter dem Beschuss der Venezianer das im Parthenon untergebrachte Pulvermagazin, und der Bau zerbarst.
    Berichte vom Schicksal des Parthenon verschmolzen mit einem steigenden Interesse an der antiken Demokratie und ihren Freiheitsidealen zu wachsender Sympathie für die unter osmanischer Herrschaft stehenden Griechen. Damit einherging, zuerst in der ältesten Demokratie England, eine aufkommende Begeisterung für die antike Baukunst, die sich niederschlug in zahlreichen Gebäuden, welche sich an der Architektur der Akropolis orientierten – Erechtheion, Parthenon, Propyläen. Die Mode beschränkte sich schon bald nicht mehr auf England: Bauten von London bis Nashville, Tennessee, von Moskau bis Berlin zitieren die Akropolis.

    Diese respektvolle Verbeugung vor den Baukünsten der Antike verhinderte jedoch nicht, dass bald darauf im großen Stil der Akropolis entrissen wurde, was zu greifen war. Ab Ende des 18 . Jahrhunderts verließen Schiffe den Hafen Piräus mit dem Zielort westlicher Hauptstädte, die meist bis heute größere und kleinere Reste des Gesamtkunstwerks Akropolis ihr Eigen nennen. Besonders berüchtigt unter den besitzergreifenden Antikenfans ist Lord Elgin, der die nach ihm benannten Elgin Marbles nach London schaffen ließ. Damit verließen fast alle gut erhaltenen Metopen des Parthenon ihren angestammten Platz, außerdem 17 Giebelfiguren sowie eine der Koren des Erechtheions. Auch Teile des Nike-Tempels und weitere Kunstschätze der Stadt kamen nach London. Dabei wollte Lord Elgin ursprünglich nur Abzeichnungen und Abgüsse herstellen lassen, nutzte dann aber die sich ergebende Möglichkeit zum Abtransport. Die Stücke sind bis heute im British Museum zu sehen, auch wenn die griechische Regierung seit vielen Jahren auf ihre Rückgabe besteht. Im 2009 eröffneten neuen Akropolis-Museum wurden eigens Räume für die Elgin Marbles eingeplant, aber London sieht sich weiterhin als rechtmäßigen Eigentümer – eindeutiger Kunstraub war das Ganze in der Tat nicht, da die osmanische Besatzungsmacht den Abtransport genehmigt hatte. Ähnliche Streitfälle belasten bis heute auch die Beziehungen anderer ansonsten einander freundschaftlich verbundener Länder.

    Nach einigem Hin und Her verließen die Türken Athen 1833 kampflos, in Griechenland begann die Zeit von König Otto, Sohn des kunstsinnigen bayrischen Königs Ludwig I . Weil Griechenland nun näher an Europa gerückt war, stieg auch das Interesse an der Akropolis, deren desolates Aussehen der ruinenverliebten Romantik des 19 . Jahrhunderts sehr entgegenkam. Die Nächsten, die der Akropolis Schaden zufügten, waren ausgerechnet die Archäologen, denn man wollte sie von allem Unklassischen säubern, was die Ruinenwüste, die heute das Bild prägt, erst schuf. Unsachgemäßes Vorgehen führte dazu, dass es heutige Archäologen sehr schwer haben, mit Ausgrabungen mehr Licht in die Geschichte der Akropolis zu bringen. Der Anblick, der sich heute auf der Akropolis bietet, ist also eine von moderner Vorstellungskraft aus (zumeist) Originalteilen geschaffene Ruine, was den historischen Erkenntniswert des interessierten Besuchers notgedrungen mindert. Trotzdem zieht die Akropolis nach wie vor alljährlich

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