Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte
Werbeveranstaltungen und der Selbstzweck spektakulärer Unterhaltung, was schon Zeitgenossen in aller Schärfe kritisierten. Das römische Volk musste sich von naserümpfenden Kulturträgern vorhalten lassen, nichts als Brot und Spiele im Kopf zu haben. Gleichzeitig wuchs eine millionenschwere Branche heran, die davon lebte, dass immer prächtiger und schlagzeilenträchtiger ausgerichtete Kämpfe immer mehr Besucher anzogen. Aus heutiger Sicht erscheint die Darbietung überaus grausamer Metzeleien und aufeinandergehetzter Tiere zur Volksbelustigung entschieden monströs. Doch wird die menschliche Sensationslust auch in modernen Mediengesellschaften reich befriedigt und verschafft milliardenschweren Wirtschaftsbranchen ein Auskommen.
Je beliebter die Gladiatorenkämpfe beim Volk wurden, desto übertriebener wurde auch der Kult um die Gladiatoren, die sich meist ähnlich klangvolle Phantasienamen gaben wie moderne Pornostars. Für die Gladiatoren konnte Popularität lebenswichtig sein, weshalb man ihnen diesbezüglich den geringsten Vorwurf machen kann. Schon wegen der Berufsbezeichnung hatte das Gladiatorentum eine sexuelle Note, denn die konnte man außer auf das Schwert auch auf ein sexuell maßgebliches männliches Unterscheidungsmerkmal beziehen. Zahlreiche Skandalgeschichten finden sich in antiken Chroniken: von angesehenen Frauen, die mit einem bewunderten Gladiator durchbrannten, von regelrechten Fanclubs für einen verehrten Gladiator, der nicht minder idolisiert wurde als moderne Stars, und von eitlen Imperatoren wie Commodus oder Caligula. Ersterer trat höchstselbst als Gladiator in die Arena des Kolosseums, während Caligula einem allseits verehrten Gladiatoren Ruhm und gutes Aussehen missgönnte und den gefeierten Star hinterhältig zu Tode kommen ließ. Dieser Aesius Proculus trug den Spitznamen Koloss-Eros und war der Schwarm seiner Zeit.
Berühmtester Gladiator aller Zeiten jedoch wurde ein Thraker namens Spartacus. Er war der Anführer des legendären Spartacus-Aufstands, nach dem sich im Ersten Weltkrieg in Deutschland der marxistische Spartakusbund, dann proletarische Sportvereine benannten sowie später sozialistische Länder ihre Jugendsportwettkämpfe, die Spartakiaden. Grund dafür war die Ansicht, es handele sich im Spartacusaufstand um das wichtigste Aufbegehren gegen die Sklavenhaltergesellschaft der Antike und damit um Vorläufertum zum modernen Klassenkampf. Der Aufstand begann 73 v. Chr. in einer Gladiatorenschule in Capua, wie andere für die Brutalität der Ausbildung berüchtigt,und weitete sich durch massiven Zulauf anderer Sklaven zum dritten Sklavenkrieg aus, der dem römischen Heer zunächst schwer zu schaffen machte. Nur mit erheblichem Aufgebot konnte Spartacus mit seinen Männern ganz im Süden Italiens besiegt werden.
In der Arena waren Gladiatoren nicht notgedrungen todgeweiht, viele von ihnen waren lange aktiv und starben gar eines natürlichen Todes. Die Karriere nach der stets als überaus hart beschriebenen Grundausbildung begann mit einem vertraglichen Eid, der nicht überliefert ist, aber wohl besagte, dass der Gladiator mit absolutem Gehorsam alles ihm Auferlegte zu akzeptieren hatte. Der Vertrag war außerdem durch eine Laufzeit beschränkt, und wer das Vertragsende noch erlebte, durfte in der Arena aufhören und wurde freigelassen. Im Kampf getötete Gladiatoren erhielten wenigstens ein ehrenvolleres Begräbnis als andere Sklaven oder Verbrecher.
Für die Finanziers erwiesen sich die prestigebringenden Veranstaltungen natürlich als umso kostspieliger, je größer die Spiele wurden und je anspruchsvoller das verwöhnte Publikum. Caesar, um nur einen der bekanntesten von ihnen zu nennen, betrieb beispiellosen Aufwand, um das Volk von Rom zu zerstreuen und ihm gleichzeitig zu schmeicheln. »Kleckern statt klotzen«, lautete die Parole, und dem späteren Diktator auf Lebenszeit glückte auch hier, was er beabsichtigte: Die von Caesar zum Gedenken seines schon seit zwanzig Jahre toten Vaters im Jahr 65 v. Chr. ausgerichteten Gladiatorenkämpfe erregten größtes Aufsehen und wurden auf seinem Popularitätskonto positiv verbucht. Wie andere Staatskarrieristen verschuldete er sich bis über beide Ohren, um in eigener Sache zu werben – und vertraute darauf, das Geld auf einem guten Posten wieder einzuspielen. Als Alleinherrscher dann verwöhnte er sein Volk mit großzügigen Geschenken und nie da gewesenen, wochenlangen Spielen: Über tausend exotische Tiere wurden
Weitere Kostenlose Bücher