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Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte

Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte

Titel: Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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maßgebliche Größe das mächtige China, das schon sehr früh ob seines – auch im Vergleich zu Europa – enormen Entwicklungsstandes nicht nur kulturell Einfluss nahm, sondern seine Nachbarn überdies politisch zu dominieren suchte. So war Vietnam über ein Jahrtausend lang chinesische Kolonie, bis es 939 n. Chr. Selbstständigkeit erlangte – und auch weiterhin chinesische Begehrlichkeiten abwehren musste. Korea hatte es in seiner Geschichte außer mit China auch mit den Mongolen und Japan zu tun. Was schließlich Kambodscha betrifft, so spricht für sich, dass die spärlichen Informationen über seine Frühzeit vor allem aus China stammen – sei es zum ohne militärische Aktionen wirksam werdenden indischen Einfluss, sei es über das wohlhabende Seehandelsreich Funan mit Kontakten bis nach Rom und Persien oder über das landwirtschaftlich geprägte Zhenla.
    Von chinesischen Vorstellungen geprägt ist beispielsweise die Überlieferung zur Gründung Funans: Danach war es ein Fremder namens Huntian, der in den Süden Kambodschas kam, eine einheimische Prinzessin namens Liuye heiratete und dafür sorgte, dass sie ihre gewohnte Blöße bedeckte. Nacktheit galt den Chinesen als zutiefst barbarisch; und wenn Huntian seiner Prinzessin Kleider anzog, ist damit die Kultivierung des Landes durch diese mutmaßlich erste Herrscherdynastie Funans gemeint. Eine andere Überlieferung zur Gründung Funans kennt den Dynastiegründer als indischen Brahmanen, also hochstehenden Hindupriester. Auch hier erfolgt die Dynastiegründung als ein zivilisatorischer Akt, und asientypisch ist es eine neue Religion aus der Fremde, die im Verbund mit einem neuen Herrscher den Aufstieg des Landes begründet. Allerdings werden dieeinwandernden Religionen nicht eins zu eins übernommen und herkunftsgetreu umgesetzt, sondern den Bedürfnissen Kambodschas angepasst.
    In der Tat war Kambodschas Götterwelt bunt gemischt, und einheimische Gottheiten existierten neben solchen aus Indien, das mit seinen großen Religionen Buddhismus und Hinduismus so überaus prägend wirkte. Religiös bestimmend war die Dreiheit von Brahma, Vishnu und Shiva, die den drei kosmischen Kräften Schöpfung, Bewahrung und Zerstörung zugeordnet waren. An den Tempeln von Angkor finden sich Inschriften sowohl im indischen Sanskrit als auch in Kambodschanisch, Letzteres allerdings deutlich später.
    Funan und Zhenla waren dem großen China tributpflichtig, bevor Kambodscha im 8 . Jahrhundert unter die Herrschaft von Java geriet – ein in der Forschung umstrittenes Kapitel der Landesgeschichte. Von der indonesischen Insel Java kehrte wohl Anfang des 9 . Jahrhunderts Jayavarman II . in seine Heimat zurück, Nachgeborener einer früheren kambodschanischen Herrscherfamilie. Er einte das Volk der Khmer, stellte geordnete Verhältnisse her und löste sich schließlich von der Vorherrschaft Javas. Jayavarman etablierte sich als Gottkönig und schuf das Reich von Angkor, Vorläufer des späteren Kambodscha. Ende des 9 . Jahrhunderts begannen die Könige ihre über Generationen anhaltende umfangreiche Bautätigkeit, zu deren ersten Höhepunkten zwei Tempel in der damaligen Hauptstadt Hariharalaya gehören: Preah Ko und Bakong. Ersterer ist ein sechstürmiger Ahnentempel der Königsdynastie, Letzterer ein Tempelberg, wie er zum Markenzeichen Kambodschas wurde: eine Tempelanlage um einen hoch aufragenden zentralen Turm, der den Weltenberg Meru darstellt.

    Wie in anderen Religionen spielt in den kosmologischen Vorstellungen von Buddhismus und Hinduismus ein Berg eine Schlüsselrolle, hier vor allem als Zentrum des Universums: ein unvorstellbar hoher Berg jenseits des Himalaya, auf dem die Götter thronen, umgeben von den Gestirnen, die den entrückten Gipfel umkreisen. Gleichzeitig bedeutet der Berg die Weltachse, welche die drei Sphären verbindet: Unterwelt, Menschenerde, Götterhimmel. Und da man die Erde als Weltmittelpunkt verstand, drehte sich auch das Firmament um diesen heiligen Berg.
    Vor den ersten »Tempelbergen« errichtete man Tempeltürme und noch früher Kulthöhlen im Inneren natürlicher Berge. Baute aber ein Angkor-König einen imposanten Tempelberg, wie es seit Jayavarman II . fast alle Herrscher taten, stellte er symbolhaft, aber durchaus machtbewusst eine direkte Verbindung her zwischen seinem persönlichen gottnahen Herrschaftsanspruch und dem majestätischen Berg der Götter und des Kosmos, Meru. Dies ist eine kambodschanische Besonderheit, denn in Indien

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