Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte

Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte

Titel: Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
Vom Netzwerk:
die triste Regel bestätigen. Umso mehr boten die gerühmte Liebe im Hause Großmogul und die tragisch-romantischen Umstände, die zum Bau des Prachtmausoleums führten, Anlass für fantasiereiche Legenden. Wenig regt die Vorstellungskraft mehr an als die durch einen frühen Tod tragisch vereitelte Liebe eines mächtigen Herrschers, der vor Schmerz und Trauer all sein Sinnen und Trachten auf die Errichtung eines Mausoleums verwendet, das dieser Liebe und seiner Lieblingsfrau ein Denkmal setzt. Dieses monumentale, gleichzeitig aber überaus liebreizende sowie künstlerisch überragende Bauwerk, das zu besuchen bei dem vergrämten Herrscher jedes Mal den Tränenfluss in Gang setzte, drängte sich zur gefälligen Verklärung förmlich auf.
    Die Planungen für den Taj Mahal begannen wenige Tage nach Mumtaz Mahals Tod. Shah Jahan wollte ein monumentales Mausoleum als Kuppelbau, wie es bislang nur für Großmogul Humayun in Delhi errichtet worden war. Nur die besten Fachleute wurden herangezogen und das beste Baumaterial von weither nach Agra gebracht. Zwanzigtausend Arbeiter zwangsverpflichtete man für die kaiserliche Baustelle. Bedauerlicherweise sind die einst umfänglichen Bauakten und andere nüchterne, aber aufschlussreiche Informationen zur Baugeschichte des Taj Mahals nicht erhalten. Auch kennen wir die Architekten nicht, schon weil dem kaiserlichen Bauherrn daran gelegen war, seine überragende Stellung nicht beeinträchtigen zu lassen. Gelegentlich wurde kolportiert, der Taj Mahal sei von europäischen Architekten entworfen worden – vor allem Besucher aus dem Abendland wollten sich nicht vorstellen, dass einheimische Baumeister zu solchen Höchstleistungen imstande sein könnten. Zweifellos standen Shah Jahan die besten Architekten zur Verfügung – dass sie aber aus Indien stammten, gilt längst als gesichert. Der kaiserliche Bauherr begleitete und bestimmte Planung und Entstehung sehr genau und kam täglich mit seinem Team von Fachleuten zur Beratung zusammen.

    Von Anfang an war der Taj Mahal als ganz große Architektur konzipiert und sollte seinen Erbauer in alle Zukunft als großen Herrscher zeigen. Nicht nur seiner Frau und seiner Liebe zu ihr wollte Shah Jahan ein Denkmal setzen, sondern ebenso sich selbst, seiner Herrschaft und der Pracht und Herrlichkeit des indischen Mogulreiches. So gesehen dient der Bau in doppelter Hinsicht posthumen Zwecken: als Grabmal wie auch als Monument für die Nachwelt, die ja in der Tat noch fast vier Jahrhunderte nach dem Tod des Herrschers staunt angesichts dessen, was Shah Jahan da hat bauen lassen. Dabei stand ebenfalls von Anfang an fest, dass der Taj Mahal für ebendiese Besucher gebaut wurde. Noch die in großer Zahl anreisenden Touristen des 21 . Jahrhunderts gehören also zum architektonischen Konzept des Mausoleums.
    Das ausgedehnte, rechteckige Grundstück ist von einer Mauer umschlossen, die in jeder Ecke von säulengesäumten Pavillons unterbrochen wird. Der Haupteingang führt von der Südseite in eine große Hofanlage, während das eigentliche Mausoleum ander gegenüberliegenden Schmalseite zum Flussufer hin errichtet wurde. Den Zugang zu der Anlage bildet ein prachtvoll gestaltetes Tor aus rotem Sandstein mit arabischen Inschriften.
    Das längliche Areal besteht aus einem weltlichen und einem jenseitigen Bereich. Der zeitgenössische Besucher betrat das ausgedehnte Gelände durch das Südtor zum Basar- und Karawansereibereich, eine Hofanlage mit Bäumen und Arkaden. Dann durchschritt er einen Übergangsbereich, der von Grabwachen und kleineren Gebäuden flankiert wird, um anschließend durch das eindrucksvolle Südtor den jenseitigen Bereich zu betreten: Er besteht aus dem Mausoleum als Hauptgebäude sowie der Moschee links daneben und einem Versammlungsgebäude rechts. Zum eigentlichen Mausoleum geht es durch die zentrale Gartenanlage – das Herzstück des Komplexes und Entsprechung der paradiesischen Gärten – auf marmornen Wegen an dem Wasserbecken entlang, das die gesamte Längsachse markiert und in der Mitte des Gartens ein erhöhtes quadratisches Becken umschließt. Heute werden als Eingänge meist die beiden identisch gestalteten seitlichen Eingänge zum Zwischenbereich genutzt.
    Der gemächlich beschrittene Weg von Süden nach Norden belohnt den Besucher schließlich mit dem Anblick der architektonischen Krönung der Anlage, des eigentlichen Mausoleums. Es ist 58 Meter hoch und steht auf einer quadratischen Marmorplattform von hundert Metern

Weitere Kostenlose Bücher