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Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte

Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte

Titel: Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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schließlich dreizehn englischen Kolonien in Nordamerika aus, aus denen die Vereinigten Staaten hervorgehen sollten. Zunächst waren es Engländer, dann auch Schotten, Iren und Deutsche, die über den Atlantik kamen – sowie seit den ersten zwanzig afrikanischen Ankömmlingen 1619 immer mehr Sklaven. Mit jeder Generation verdoppelte sich die Einwohnerzahl Neuenglands, Ende des 17 . Jahrhunderts betrug sie bereits mehr als 2 , 5 Millionen. Seit der Unabhängigkeit stieg diese Zahl auf ein Vielfaches – zum Zeitpunkt der Hundertjahrfeiern 1876 waren es bereits über vierzig Millionen. Zu ersten Äußerungen von Intoleranz, die sich nicht mehr nur auf Indianer und Schwarze bezog, führte die Religion, seit neben Protestanten immer mehr Katholiken ins Land kamen. Wirtschaftliche Gründe trugen zu den Spannungen bei: Arbeitgeber konnten, je rascher die Vereinigten Staaten sich modernisierten und je mehr ihre Wirtschaft boomte, mit dem Verweis auf Heerscharen williger Arbeitsmigranten erheblichen Druck auf ihre Arbeiter ausüben. Als außer Europäern, in Religion, Sprache und Kultur bereits sehr unterschiedlich, schließlich auch Asiaten in die Vereinigten Staaten strebten, regte sich noch massiverer Widerstand, der in einem Gesetz von 1882 gipfelte, das vor allem die chinesische Einwanderung fast gänzlich unterband. Auch die Ankunft von immer mehr Immigranten aus Mittel-, Süd- und Osteuropa, darunter vieler Juden, die vor zunehmender Verfolgung flüchteten, fand nicht nur Fürsprecher. 1924 beschränkte der Immigration Act insbesondere die Einwanderung aus Süd- und Osteuropa. Zu dieser Zeit war die New Yorker Freiheitsstatue längst ein Symbol geworden für Auswanderer aus aller Welt, die sich in Amerika ein Leben erhofften, wie es die Unabhängigkeitserklärung von 1776 versprach: ein Leben in Freiheit und mit der Aussicht auf persönliches Glück. Dabei war die Freiheitsstatue ursprünglich gar nicht als Symbol des Einwanderungslandes USA und auch nicht in erster Linie als künstlerischer Ausdruck der Unabhängigkeitserklärung gedacht. Sie entsprang vielmehr dem Wunsch, der französisch-amerikanischen Freundschaft und dem gemeinsamen Freiheitsideal ein Denkmal zu setzen. Denn neben den Vereinigten Staaten war es ja Frankreich, das mit der Revolution von 1789 in ganz besonderem Maße die Botschaft der Freiheit in alle Welt getragen hatte. Die Statue sollte den Namen Liberty Enlightening the World (Die Freiheit erleuchtet die Welt) erhalten und ein Geschenk des französischen Volkes sein, dessen revolutionäre Freiheitsideale von 1789 , Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, auch auf die Amerikanische Revolution von 1776 Bezug nahmen.

    Die Idee entstand im Sommer 1865 – kurz nach Beendigung des Amerikanischen Bürgerkriegs und der Ermordung von US-Präsident Lincoln. Ort der Handlung war das Privathaus eines französischen Adeligen unweit von Versailles, Inbegriff eines alles andere als demokratischen und freiheitlichen, des vielmehr unumschränkt herrschenden Absolutismus. Anlässlich eines Abendessens entstand die Idee, der engen Verbundenheit zwischen Frankreich und den Vereinigten Staaten, die den Zerfall ihres jungen Staates gerade noch hatten abwenden können, ein Denkmal zu setzen. Der Glanz dieser Idee würde auf beiden Seiten des Atlantiks erstrahlen, und das war auch durchaus sobeabsichtigt. Edouard de Laboulaye, ein liberaler Jurist und Publizist sowie Besitzer des erwähnten Hauses, hatte sich während des Bürgerkriegs, in dem Frankreich unter Kaiser Napoleon III . die sezessionistischen Südstaaten unterstützte, sehr kritisch über sein Land geäußert. Frankreich dürfe keine Interessen durchsetzen, sondern Ideen, schrieb er, das sei schließlich über lange Zeit Konsens gewesen. Welcher Idee aber springe man zur Seite, wenn man die Südstaaten unterstütze, die sich der Abschaffung der Sklaverei verweigerten?

    Die amerikanisch-französische Freundschaft hatte damals bereits Tradition: In der Amerikanischen Revolution hatte Frankreich seit 1775 Waffen an die Kolonisten geliefert, sich 1778 offiziell auf die Seite der Aufständischen geschlagen und einen Freundschafts- und Beistandspakt geschlossen. Das war freilich auch von der verlockenden Aussicht motiviert gewesen, dem Erzfeind England gehörig eins auszuwischen. 1783 wurde in Paris ein Friedensvertrag unterzeichnet, in dem Großbritannien die Unabhängigkeit seiner Kolonien anerkennen musste. Der erste US-Botschafter in Frankreich, der

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