Die Neunte Gewalt
hat die Propantanks in der Küche geöffnet.«
»Ich rieche kein Propan.«
»Weil es sich unter dem Gebäude sammelt. Er ist unter das Haus gekrochen. Verstehen Sie nicht? Er hat die Schläuche unter das Haus verlegt. Wenn er zurückkommt und das Gas entzündet, wird es keine Cafeteria mehr geben.«
Eine Mischung aus Furcht und Unsicherheit legte sich auf das Gesicht des Rangers. »Wieso wissen Sie das alles?«
»Ich bin gekommen, um ihn aufzuhalten. Wir haben es mit Tiny Tim zu tun.«
»Mein Gott, ich weiß noch nicht mal, ob wir alle Gäste in der Cafeteria hatten.«
»Helfen Sie mir nur, sie wieder hinauszuschaffen.«
Garth Seckle tauchte hinter der Hüttenansammlung im Süden aus dem Wald auf. Von dort aus hatte er einen ungehinderten Blick auf das Haupthaus, und er verspürte nacktes Entsetzen, als er sah, wie es evakuiert wurde und seine Opfer der Falle entkamen.
Das konnte nicht sein! Das war unmöglich!
Sie liefen in alle Richtungen in die Nacht hinaus und entfernten sich von dem zentralen Versammlungspunkt, an dem er sie alle auf einen Schlag hatte erledigen wollen. Seckle brüllte vor Wut und stürmte über das offene Feld zwischen den Hütten. Er zerrte eine Granate von seinem Gürtel und riß den Bolzen heraus; bei jeder Bewegung durchströmte ihn neue Qual. Die Erkenntnis seines Scheiterns bewirkte, daß er die Schmerzen seiner Verletzungen nicht mehr verleugnen konnte. Aber die Explosion würde helfen, sie zu lindern, würde sie vielleicht sogar kurzzeitig überwinden, wenn es nur genug Opfer bei der Detonation gab. Noch im Laufen warf er die Granate weit und zielgenau zum Haupthaus und zählte im Geist die Sekunden. Sie prallte auf und rollte unter die Cafeteria.
Garth Seckle warf sich zu Boden und schlug die Hände über seinen schon versengten Kopf.
Das ausströmende Propan fing gleichzeitig Feuer, und das Haupthaus explodierte in einem gewaltigen Glutball. Die Flammen leckten nach oben, und selbst die Gewalt des Sturms konnte sie nicht ersticken. Holztrümmer flogen in alle Richtungen, und für einen Augenblick überließ Tiny Tim sich der Hoffnung, die Nacht sei doch noch gerettet. Doch die Wucht der Explosion hatte den überwältigenden Teil der Trümmer steil in die Höhe gerissen. Er wartete auf Schmerzens- und Todesschreie, vernahm aber keinen einzigen. Er starrte die brennenden Überreste des Gebäudes an und fühlte sich leer und besiegt. Besiegt sowohl vom Fährmann als auch von der Frau.
Da Kimberlain noch im Wald war, konnte nur die Frau das Haupthaus evakuiert haben.
Aber dafür sollte sie bezahlen. Seckle hatte noch eine Maschinenpistole, eine Uzi, und er griff danach und entsicherte sie. Die meisten Feriengäste flohen zum See. Falls sich Heddas Sohn unter ihnen befand, würde er dort sterben.
Tiny Tim zählte seine restlichen Granaten und setzte sich in Bewegung.
»Mein Gott«, murmelte Kimberlain, als er Hedda vor dem in Flammen stehenden Hauptgebäude auf die Beine half. »Du hast sie rausgeholt. Großer Gott, du hast sie rausgeholt.«
Sie nickte halbherzig. »Aber Tiny Tim ist noch irgendwo da draußen.« Am Seeufer erhoben sich die Geräusche der panikerfüllten Menschen und drangen durch die Nacht zu ihnen hinüber. »Das wird ihm gefallen«, sagte Kimberlain zu ihr. »Dorthin wird er sich wenden.«
Der Fährmann hatte die Explosion gesehen, als er auf halbem Weg zwischen dem Wald und dem Haupthaus war. Instinktiv hatte er sich zu Boden geworfen und den Kopf mit den Armen bedeckt. Dann trieb ihn eine schreckliche Erwartung weiter auf die Lichtung, wo er Hedda fand.
»Da unten sitzen die Leute in der Falle«, warnte Hedda. »Sie können nirgendwohin mehr fliehen.«
»Aber Seckle auch nicht. Ich schlage mich durch den Wald und schneide ihm den Weg ab. Entweder begegne ich Seckle unterwegs, oder ich warte schon auf ihn, wenn er dort eintrifft.«
»Während ich mich dem Ufer von hinten nähere«, sagte Hedda.
»Ein Kreuzfeuer.« Kimberlain nickte und griff nach seiner Schrotflinte. »Also los. Wir nehmen ihn ins Kreuzfeuer.«
Es überraschte Tiny Tim, wie viele Menschen sich in ihrer Dummheit auf dem schmalen Sandstrand zusammengedrängt hatten. Einige waren in Ruderboote oder Kanus gestiegen, sogar in Kajaks und die kleineren Playaks, um damit zu fliehen. Doch die meisten scharten sich einfach in kleinen Gruppen zusammen, überzeugt, diese Nacht des Schreckens müsse vorüber sein, nachdem die Cafeteria in die Luft geflogen war.
Wie sehr sie sich doch irrten!
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