Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Neunte Gewalt

Titel: Die Neunte Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
Vom Netzwerk:
Bericht.«
    Auf einem der vierundzwanzig Fernsehschirme, die die Wand direkt vor T. Howard Briarwoods Schreibtisch bildeten, konnte man einen jung aussehenden Mann mit Brille ausmachen, der sich auf seinem Stuhl wand. Whitlow verspürte eine verständliche Ehrfurcht. Schließlich hatte er in den sieben Jahren, die er bei der Firma war, noch von keinem anderen leitenden Angestellten gehört, der jemals persönlich mit dem Kopf des gewaltigen Multi-Milliarden-Dollar-Konzerns gesprochen hatte.
    Die Briarwood Industries unterhielt Tochtergesellschaften in praktisch allen amerikanischen Geschäftsbereichen, die allesamt vom Firmenleiter selbst überwacht wurden, wenn auch aus der Ferne. Die vierundzwanzig Monitore vor ihm bildeten die Verbindung mit seinem Reich außerhalb der obersten Stockwerke des firmeneigenen Wolkenkratzers. Nicht weniger als fünfhundert ähnliche Sende- und Empfangsgeräte waren über die ganze Welt verstreut. Briarwood konnte sie zu jeder gewünschten Zeit aktivieren und sich selbst überzeugen, was gerade in seinen verschiedenen Holdings vor sich ging. Manche hätten das Bespitzelung oder Aushorchung genannt. Briarwood nannte es gute Geschäftsführung.
    Natürlich wußte Whitlow nichts von alledem. Er wußte nur, daß er das wichtigste Gespräch seines Lebens mit einer Fernsehkamera und einer Phantomstimme führte, die ihn über einen nicht sichtbaren Lautsprecher erreichte. Der Blick des jungen Mannes klebte auf dem Blatt Papier auf seinem Schoß, und endlich gelang es ihm, seinem Chef zu antworten.
    »Die letzte Lieferung von PLAS-TECH ging gestern heraus. Wie man mir mitteilte, liegt der Installationsprozeß voll im Zeitplan.«
    »Ausgezeichnet. Sehr schön, daß Onkel Sam endlich den würdigen Rat eines hilfsbereiten Neffen akzeptiert. Sagen Sie«, fuhr die Stimme über den Lautsprecher fort, »haben Sie selbst einen Eindruck vom Produktionsprozeß gewonnen?«
    »Jawohl, Sir. Höchst beeindruckend, Sir.«
    »Und erfüllt auch das Werk in Kansas den Zeitplan?«
    »Es ist ihm sogar voraus, Sir. So weit voraus, daß die Lagerkapazität erschöpft war und wir vorzeitig an drei der großen Verteilerknotenpunkte ausliefern mußten.«
    Abrupt veränderte sich die Stimme. »Warum hat man mich nicht früher darüber informiert?«
    »Die Lieferungen werden natürlich erst zum vorher bestimmten Zeitpunkt ausgegeben.«
    »Sind Sie sich da ganz sicher?«
    Whitlow nickte verwirrt zur Kamera hinüber. Er begriff nicht ganz, worauf T. Howard Briarwood mit seinen Fragen hinauswollte.
    »Und Sie wissen ebenfalls ganz genau, daß wir die Dienste von PLAS-TECH nicht mehr benötigen?«
    »Der Vertrag wurde zur beiderseitigen Zufriedenheit erfüllt. Es sind natürlich schon zusätzliche Bestellungen eingegangen, doch im Augenblick …«
    »Sie werden dorthin zurückkehren, nicht wahr, Mr. Whitlow? Zum Werk in Kansas, meine ich.«
    »Kein Problem, Sir.«
    »Ich frage mich, ob Sie vielleicht die Endstufe der Herstellung für mich auf Video aufnehmen würden. Ich beschaffe Ihnen die nötigen Genehmigungen. Das werden Sie doch für mich tun, oder?«
    »Natürlich, Sir.«
    T. Howard Briarwood legte den Finger auf einen Knopf auf seinem Pult. »Andererseits wäre es vielleicht besser, wenn Sie es nicht täten.«
    Er drückte den Knopf und beobachtete auf dem Bildschirm, wie sich Whitlows Körper grausam verkrampfte. Seine Hände und Füße zuckten in einem verzerrten Gleichmaß, während der elektrische Strom weiterhin durch seinen Körper floß. Dann war es endlich vorbei.
    Der Stuhl war eine von Andrew Harrison Leeds' ersten Erfindungen gewesen, und er war nie davor zurückgeschreckt, sie auch zu benutzen. Während er beobachtete, wie Whitlows Leiche verschmorte, versuchte er sich den Geruch verbrannten Haars und Fleisches vorzustellen. Eine Schande, daß Whitlow sterben mußte. Der Mann war T. Howard Briarwood völlig treu ergeben gewesen. Zu schade, daß er zuviel über Andrew Harrison Leeds' Pläne wußte.
    Leeds legte die Finger wieder auf das hochmoderne Kontrollpult auf seinem Schreibtisch und musterte die Bildschirme. Er schaltete um wie ein ungeduldiger Fernsehzuschauer mit einer überaktiven Fernsteuerung. Orte in fünfzehn verschiedenen Ländern glitten an seinen Augen vorbei. Leere Konferenzräume, überfüllte Hotelhallen, ein Fernsehstudio. Leeds verweilte bei keinem Bild lange genug, um alles auf einmal aufnehmen zu können, und doch übersah er nichts. Alles, was die Bildschirme zeigten, gehörte

Weitere Kostenlose Bücher