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Die Neunte Gewalt

Titel: Die Neunte Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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gerade Linie.«
    »Prince Edward?«
    »Ja, die kanadische Seite des Sees. Kurz und schmerzlos. Irgendwo anlegen und abhauen. Da gibt es tausend Möglichkeiten, und bei so einem Sturm hätte keiner gewußt, was er da sieht, selbst wenn das Ding zehn Meter vor einem aufgetaucht wäre.«
    »Es ist einen Versuch wert«, hatte Kimberlain gesagt, doch nun bezweifelte er allmählich, daß er die Anlegestelle jemals finden würde. Er hatte sich schon zu oft vergeblich umgehört. Wie er befürchtete, hatte der Sturm, der in der betreffenden Nacht tobte, dem Boot nicht nur Deckung gegeben, sondern auch verhindert, daß sich potentielle Zeugen vor die Tür gewagt hatten. Er versuchte, sich in Leeds' Gedanken zu versetzen. Wenn die Operation nach seinem Plan ausgeführt worden war, hatte er nichts dem Zufall überlassen. Alles war bis ins kleinste Detail durchdacht gewesen.
    Kimberlain versuchte es nun mit Bloomfield Cove, einer Landzunge, die wie ein grinsender Bär geformt war, dessen Mund gefährliche Untiefen bildete. Die Docks befanden sich am Unterkiefer und waren auf drei Seiten von Land und nur auf einer von Wasser umgeben. Kimberlain hielt an und legte die letzten hundert Meter zu Fuß zurück. Eine steife Brise ließ ihn frösteln; das Wetter entsprach eher dem Herbst als dem Sommer. Er erreichte die kleine Bucht und ließ seinen Blick schweifen. Eine gefährliche, aber zu bewältigende Route, vor allem für ein U-Boot, das an der Wasseroberfläche fahren konnte, ohne befürchten zu müssen, entdeckt zu werden. Er erreichte die Anlegestelle und machte eine massige Gestalt aus, die nur mit einer einfachen Wolljacke bekleidet dort saß und ein Gewehr auf dem Schoß liegen hatte. Da er die Gestalt nicht erschrecken wollte, vergewisserte er sich, beim Gehen möglichst viel Lärm zu machen.
    Die Gestalt drehte sich langsam um; sie schien nichts gegen seine Anwesenheit zu haben. Ein pausbäckiges, ausdrucksloses Gesicht musterte ihn unter einer alten Mütze, die nur unzureichend glanzloses, rotbraunes Haar bedeckte.
    »Ich warte«, sagte die Gestalt zu ihm und drehte sich wieder zu ihrer einsamen Wache um.
    Die träge, tiefe Stimme klang weiblich. Die Augen hatten ihn gelangweilt und desinteressiert gemustert, waren aber nicht alt gewesen. Kimberlain erkannte, daß die Frau in irgendeiner Hinsicht zurückgeblieben sein mußte. Körperlich war sie etwa dreißig Jahre alt, geistig aber noch ein Kind. Sie trug einen Jeansoverall, der an den Knien schmutzig war. Das Gewehr auf ihrem Schoß war von einer dicken Staubschicht bedeckt. Es war aufgeklappt, und Kimberlain sah, daß sich keine Patronen in den Kammern befanden. Er näherte sich ihr zögernd und wartete darauf, daß sie sich seiner Anwesenheit wieder bewußt wurde, bevor er sie ansprach.
    »Worauf warten Sie?«
    »Das darf ich nicht sagen.« Sie sah kurz zu ihm auf und neigte den Kopf dann wieder. »Sie haben mir nicht geglaubt.«
    »Sie haben etwas gesehen.«
    Sie nickte. »Hm.«
    »Was denn?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Hm-hm. Das darf ich nicht sagen.«
    Kimberlain setzte sich neben sie. Die Kindfrau rutschte ein Stück zur Seite.
    »Wie heißen Sie?«
    »Ich darf nicht mit Fremden sprechen.«
    »Aber Sie haben doch schon mit mir gesprochen.« Er lächelte. »Oder etwa nicht?«
    Sie erwiderte das Lächeln. »Ja, das stimmt. Ich heiße Alice.«
    »Und ich bin Jared, Alice.«
    »J-a-r-r-i-d«, buchstabierte sie.
    »J-a-r-e-d«, berichtigte er.
    »Nur ein r.«
    »Genau.«
    »Und ein e, kein z.«
    »Ja.«
    »Ich buchstabiere gern.«
    »Alice, ich möchte etwas wissen. Ich glaube Ihnen.«
    Ihre Augen strahlten. »Wirklich?«
    Er nickte. »Ich suche nach dem Ding, das Sie gesehen haben.«
    »Das Seeungeheuer?«
    »Ich glaube nicht, daß es ein Ungeheuer war.«
    »O doch!« sagte Alice nachdrücklich und wich vor ihm zurück. »Sie haben gesagt, Sie würden mir glauben!«
    »Ich glaube, daß Sie ein Boot gesehen haben, eins von diesen Booten, die unter Wasser fahren. Man nennt es Unterseeboot.«
    »Ich weiß nicht, wie man das buchstabiert.«
    Kimberlain buchstabierte es für sie. Dann buchstabierten sie es noch einmal gemeinsam.
    »Würden Sie mir sagen, was Sie in dieser Nacht gesehen haben, Alice?«
    »Versprechen Sie mir, daß Sie nicht lachen?«
    »Ich verspreche es. Ich habe doch gesagt, daß ich Ihnen glaube.«
    Ihre Blicke musterten ihn; sie wollte ihm vertrauen. Sie rutschte wieder näher an ihn heran.
    »Ich saß an meinem Fenster. Ich wohne da oben«, sagte

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