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Die Neunte Gewalt

Titel: Die Neunte Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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bewegten. Kimberlain bemerkte zwei gewaltige Frontlader aus massivem schwarzem Stahl. Er ging an den übermannsgroßen Reifen des einen vorbei und stellte fest, daß die zwei Meter langen Gabeln der Maschinen in einem hellen Rostton verfärbt waren. Der Rost, stellte er sich kurz vor, mochte das Blut sein, mit dem seine hilflosen Opfer ihn bespritzt hatten.
    Sein Magen rumorte leicht, und er ging weiter, vorbei an einem Auflader mit Pendelarmen, mit denen er seine Lasten geschickt befördern konnte. Er war kleiner als seine Vettern und hellrot lackiert. Kimberlain machte auf der Seite der Maschine in schwarzen Buchstaben den Namen SCARLETT aus.
    Ein Stück weiter stand vor der Umzäunung eine bewegliche Presse. Kimberlain stellte sich vor, wie die Auflader die Autowracks in ihre Öffnung schoben und wieder zurückfuhren, während die Presse sie zu schmalen Scheiben zusammendrückte, damit man sie platzsparender lagern konnte. Er glaubte sogar, das Geräusch zerplatzenden Glases und zerreißenden Stahls zu hören.
    Die Fahrzeugwracks beanspruchten über einen Morgen Land, doch keiner der Hügel aus Schrottfahrzeugen schien geeignet, die auseinandergenommenen Teile der Marlin beherbergen zu können. Dazu boten sich bessere Verstecke im letzten und größten Teil von Garibaldis Schrottplatz, auf dem sich wesentlich größere Trümmerstücke befanden. Als der Fährmann näher trat, konnte er die auseinandergenommenen Überreste verschiedener Kirmesbahnen und -karussells ausmachen. In der Mitte des Platzes ragte ein riesiger Clownskopf aus einem Schrotthaufen hervor. Daneben und darüber erhoben sich die Überreste einer ehemaligen Achterbahn.
    Direkt daneben lag ein fast genauso großer Haufen Stahl, der aus abgerissenen oder niedergebrannten Gebäuden geborgen worden war. In diesem Abschnitt konnte Kimberlain – im Gegensatz zu den anderen – nicht die geringste Ordnung ausmachen. Statt dessen schien man den Schrott einfach nur aufgehäuft zu haben. Ein großer Teil des Stahls war verbogen oder versengt. Er schien auf ein zweites Leben zu hoffen, war jedoch größtenteils schon so verrostet und verrottet, daß dieser Wunsch wohl nie mehr in Erfüllung gehen würde.
    Hinter den Schrottbergen und einem gelben Auflader, der noch massiger und bedrohlicher wirkte als die schwarzen auf dem Autofriedhof, lagen die Schiffswracks. Einige wirkten noch einigermaßen gut erhalten, während von anderen kaum genug übriggeblieben war, um feststellen zu können, worum es sich einmal gehandelt hatte. Dort lagen Hüllen ohne Aufbauten gleichermaßen wie Aufbauten ohne Hüllen. Reste von Decks streckten sich neben Schanzkleidern aus. Wenn jemand die Überreste der Marlin hier verstecken wollte, war dies genau der richtige Ort. Vor allen Blicken verborgen – aber wahrscheinlich innerhalb eines Schrotthaufens, dem man vielleicht noch ansah, daß er vor kurzem noch bewegt worden war.
    Der Fährmann ging weiter zu einem großen, wie zufällig aufgehäuft wirkenden Berg aus den Überresten kleinerer Schiffe. Er machte Schnellboote und Pontons aus, Kabinenjachten und Außenbordboote. Sie hatten Unfälle erlitten oder waren einfach wegen mangelnder Pflege oder ihres Alters aufgegeben worden. Da sie keinen Wert mehr hatten, hatten sie hier ihre letzte Ruhestelle gefunden. Kimberlain konnte sich genau vorstellen, wie die gewaltigen Auflader, an denen er gerade vorbeigekommen war, riesige Schrottmassen beiseite schaufelten, um Platz für die Überreste der Marlin zu schaffen, und dann die Lücken wieder auffüllten.
    Nachdem eine flüchtige Untersuchung vom Erdboden aus nichts ergeben hatte, suchte er sich eine Stelle aus, die ihm einigermaßen sicheren Halt bot, und schickte sich an, den Schrottberg zu erklimmen. Es war fast, als würde er einen Berg hinaufsteigen, sah man einmal davon ab, daß sich Stahl in das Fleisch seiner Hände grub und der Untergrund mehr oder weniger heftig schwankte. Auf halber Höhe glitt Kimberlains Fuß auf einem abgerundeten Stück Stahl aus. Er hielt sich an den Überresten eines Vorderdecks fest, um seinen Sturz aufzuhalten, und atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Dann blickte er nach oben.
    Das Bruchstück, auf dem er fast ausgerutscht wäre, war schwarz und verjüngte sich am Ende. Es sah beinahe aus wie eine Kugel, die man in der Mitte durchgeschnitten und dann in einzelne Teile zerlegt hatte.
    Wie eine Kugel … oder ein U-Boot.
    Der Fährmann zog seine Taschenlampe hervor und untersuchte den

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