Die Neunte Gewalt
schwarzen Stahl genauer. Er zerrte die leere Hülle eines Schnellbootes soweit zur Seite, daß er den Kopf und die Schultern in das Wrackteil stecken konnte. Der Lichtstrahl enthüllte eine Reihe von Zahlen, deren weiße Umrisse deutlich auf dem schwarzen Untergrund auszumachen waren. Kimberlain fühlte, wie Aufregung ihn erfaßte: es handelte sich um die letzten drei Ziffern der Registernummer der Marlin. Er schob die Taschenlampe tiefer in das Trümmerstück, fand aber nichts weiter. Egal; er hatte gefunden, was er suchte, eine Verbindung, die ihm vielleicht helfen würde, Andrew Harrison Leeds aufzuspüren. Mindestens ein Angestellter des Schrottplatzes mußte irgend etwas wissen. Er würde morgen zurückkommen und herausfinden, um wen es sich handelte und woraus dieses Wissen bestand.
Er stieg den Hügel wieder hinab und hatte gerade den Fuß auf die verkehrt herum dort liegende Hülle einer Jacht ein knappes Stück über dem Boden gesetzt, als direkt vor ihm Scheinwerfer aufflammten. Kimberlain riß eine Hand hoch, um die Augen abzuschirmen und nicht geblendet zu werden, und hörte, wie ein starker Motor dröhnend zum Leben erwachte. Er begriff, daß es sich um den monströsen gelben Auflader handelte, und versuchte verzweifelt, sein Gleichgewicht zu wahren, um ihm aus dem Weg springen zu können.
Der Auflader rammte die Schiffshülle, auf der er stand. Die mächtigen Gabeln durchschnitten den Stahl wie Butter. Der Auflader setzte von dem Wrack zurück, und das Geräusch von knirschendem, zerfetztem Metall verriet, daß er seine Gabeln zurückzog. Kimberlain hatte sich mittlerweile in Bewegung gesetzt und blieb nahe an der Reihe der Schiffe. Der Auflader drehte in seine Richtung und folgte ihm.
Der Fährmann lief schneller, doch der Fahrer des Aufladers hatte einen Winkel gewählt, mit dem er ihm den Weg abschnitt. Die Zinken hatten ihn fast erreicht, und Kimberlain sprang verzweifelt hoch und hielt sich an einem Wrackteil fest.
Die stählernen Gabeln glitten mühelos in das Blech unmittelbar unter seinen baumelnden Füßen und wurden dann zu einem zweiten Versuch zurückgezogen. Der Fahrer richtete die Zinken höher aus und ließ seine Maschine wieder vorrollen. Kimberlain gelang es, diesmal seitlich auszuweichen; seine Beine traten wild durch die Luft, während er sich an der Reling eines uralten Dampfers festhielt. Der Auflader rollte wieder zurück und riß das Wrackstück mit dem daran baumelnden Kimberlain einfach mit.
Dann rollte das stählerne Ungetüm wieder vor, und der Fährmann schwang seinen Unterkörper zur Seite und zog sich mit einem Arm über die aufgerichteten Gabeln hoch. Sie zerfetzten Blech und wurden knirschend wieder zurückgezogen. Doch diesmal setzte der Fahrer nicht zurück, sondern rollte einfach vor, und die Zinken glitten mühelos durch die verrostete Schiffshülle. Kimberlain warf sich wieder herum. Er sah, wie der Auflader etwas bockte, als er wieder zurückzusetzen versuchte, und die riesigen Reifen eine Staubwolke aufwirbelten, während sich die Gabeln weigerten, ihre Last aufzugeben. Kimberlain sah nach oben und konnte zum erstenmal einen Blick in das Führerhaus werfen.
Es war leer. Der Auflader hatte keinen Fahrer.
Diese Erkenntnis hatte harte Folgen für ihn. Seine Pistole würde ihm nicht weiterhelfen; er kämpfte gegen eine Maschine, gegen sieben oder acht Tonnen Stahl. Doch irgend jemand mußte sie lenken … Andrew Harrison Leeds mußte jeden seiner Züge vorausberechnet und hier auf ihn gewartet haben. Er hatte mit ihm gespielt, seit er die Nachricht an seiner Tür zurückgelassen hatte …
Während der ferngesteuerte Auflader noch versuchte, sich von dem Wrack zu befreien, ergriff der Fährmann die Initiative. Er riß eine verbogene Metallverstrebung vom Trümmerstück los, stieß sich ab und warf sich auf den rechten Zinken des Aufladers. Die Maschine hatte sich endlich befreit, setzte zurück, als habe sie von seiner Anwesenheit nichts mitbekommen, und fuhr die Gabeln dann hoch, um ihn abzuschütteln. Kimberlain nutzte den daraus entstehenden Schwung zu seinem Vorteil und glitt den Zinken hinab auf die Motorhaube des Fahrzeugs.
Er hob das verrostete Metallstück, stieß es mit aller Kraft wieder hinab und durchbohrte den riesigen Kühlergrill des Aufladers. Er rammte den Stahl noch einmal hinab, und ein drittes und ein viertes Mal. Endlich gab der Kühlergrill nach und enthüllte den hinteren Teil des Motors.
Die Maschine machte einen wahnwitzigen Satz
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