Die Neunte Gewalt
signalisierte ein Knirschen und Pfeifen, daß die beiden nächsten Angreifer, jeder auf einer Spur, schnell aufschlossen. Dann kamen sie in Sicht. Seitlich auf dem Schlitten stehend erkannte Hedda, daß beide in die Hocke gegangen waren, um ihre Maschinenpistolen ruhiger halten zu können. Die abgehackten Salven peitschten die warme Luft auf und hallten von den Büschen des Hügels zurück. Hedda versuchte, bei all den Biegungen und Kurven so genau wie möglich zu zielen, doch wenn es galt, bewegliche Ziele zu treffen, erging es den Kugeln ihrer Sig nicht besser als dem Schnellfeuer der Gegenseite. Beim nächsten Betätigen des Abzugs ertönte ein hohles Klicken; sie hatte das Magazin leergeschossen.
Die Schnellfeuerwaffen ihrer Verfolger unterlagen dieser Beschränkung nicht, und Hedda bot ihnen ein deutlicheres Ziel, als ihr recht war. Sie nutzte dichtes Buschwerk am Rand der Bahn aus, um ihre Sig neu zu laden, und war bereit, als sie wieder eine offene Fläche erreichte.
Während ihr das Schnellfeuer ihrer Widersacher um die Ohren pfiff, drehte Hedda sich nach hinten und gab einige rasche Schüsse ab. Eine ihrer Kugeln prallte von der Asphaltbahn ab und streifte den Verfolger auf ihrer Bahn. Sein Schlitten geriet ins Taumeln, und er stürzte kopfüber hinab und prallte auf den Boden. Der Schütze auf der anderen Spur nahm Tempo zurück, und der Abstand zwischen ihnen vergrößerte sich wieder etwas.
Hedda wußte, daß er keine andere Wahl hatte, als alles daranzusetzen, sie einzuholen, und entschloß sich, dies auszunutzen. Sie bewältigte eine besonders enge Linkskurve und wählte diese Stelle, da sie ihren Verfolger vor ebenso hohe Anforderungen stellen würde.
Dessen Schlitten rollte heran und wäre in der Kurve beinahe aus der Bahn geflogen. Hedda sah, wie der Mann im letzten Augenblick seinen Körper herumwarf, und feuerte die beiden letzten Kugeln des Magazins auf ihn ab. Der Aufprall riß den Mann hoch in die Luft, während sein Schlitten unglaublicherweise die Spur hielt und weiterfuhr, dabei aber langsamer wurde.
Hedda warf das leere Magazin aus und holte das letzte, das sie bei sich führte, aus ihrer Jacke.
Das Kreischen eines sich nähernden Schlittens auf der benachbarten Bahn, dessen Räder vollständig ausgefahren waren, warnte sie vor einem weiteren Angriff. Sie drehte sich um und machte einen großen, schweren Mann mit einer Maschinenpistole in der Hand auf dem Fahrzeug aus. Wenn sie oben auf dem Berg richtig gezählt hatte, handelte es sich bei ihm um den letzten Angreifer, mit dem sie sich auseinandersetzen mußte. Er eröffnete das Feuer, und eine seiner Kugeln prallte vom Asphalt ab und streifte Heddas Handgelenk. Sie verlor jedes Gefühl darin und ließ das Magazin los, das sie gerade in die Waffe schieben wollte. Es flog hoch durch die Luft, und sie schnappte vergeblich danach, bevor es hinter ihr zu Boden fiel. Jetzt konnte sie den letzten Verfolger nicht mehr erschießen. Genauso unmöglich erschien es ihr, ihm zu entfliehen.
Die Bahn! Denk an die Bahn!
Sie schwang nach links, der blauen Wasserrutsche entgegen. Unmittelbar vor ihr lag das letzte Stück Gefälle zum Fuß des Hügels. Sie erhaschte einen Blick auf mehrere Besucher, die, vom Schußwechsel aufgescheucht, voller Panik flohen. Wagen brausten vom Parkplatz. Jaulende Sirenen kamen schnell näher.
Hedda begriff, welche Chance sie noch hatte, und ging in die Hocke, um jeden Augenblick springen zu können, während sie mit der Hand, in der sie noch Gefühl hatte, den Hebel der Gangschaltung umschloß. Sie mußte sich nicht umdrehen; ihre Ohren verrieten ihr alles, was sie über die Position des Feindes wissen mußte.
Kugeln zischten um sie herum durch die Luft, und ein paar schlugen am unteren Rand der Begrenzung in den Asphalt. Über ihr fuhr der Angreifer gerade in die scharfe Kurve, an die sich das letzte Gefällestück anschloß. Das Feuer seiner Maschinenpistole kam immer näher.
Jetzt!
Sie riß den Hebel an sich heran, und die Bremsen senkten sich mit ohrenbetäubendem Kreischen auf die Asphaltoberfläche. Sie spreizte die Beine, um den heftigen Ruck abzufangen, mit dem der Schlitten anhielt, und erhob sich, während der Schütze noch auf sie zuraste. Ihr plötzlicher Halt hatte ihm das Ziel verdorben, und er bemühte sich hektisch, ebenfalls zu bremsen.
Hedda sprang, als der Schlitten des Mannes den ihren fast berührte. Der Aufprall schleuderte sie beide durch die Luft, und sie prallten gleichzeitig auf den Rand
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