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Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise

Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise

Titel: Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
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eleganter Kleidung an den Pforten von Versailles erschien, hatte Zutritt zum Park, um sich mit eigenen Augen von der Herrlichkeit der Anlage überzeugen zu können. Zu manchen Zeiten hielten sich an die zwölftausend Menschen in der Residenz auf, deren Bau mehrere Jahrzehnte gedauert hatte.
    Fasziniert betrachtete Marie die Fontänen der Springbrunnen und die in geometrischen Mustern angelegten Blumenbeete. Auch die Hecken und Bäume hatte man ihres natürlichen Wuchses beraubt und zu beliebigen Figuren gestutzt. Sie sah aus grünen Büschen geformte Hasen und Rehe und Kätzchen, die auf dem Rasen herumzutollen schienen.
    »Ist das schön«, murmelte Marie, denn auf sie wirkte das alles, als hätte sie ein Zauberland betreten.
    Die Marquise spannte ihren Sonnenschirm auf. »Nicht nur wir Menschen, auch die Natur muss sich dem Willen des Königs beugen«, bemerkte sie trocken und schritt die Stufen zum Park hinunter.
    Sie schlenderten die Hauptallee entlang und Marie entdeckte immer neue Sensationen. Unzureichend bekleidete, lebensgroße Marmorstatuen, die antike Götter einer anderen Kultur darstellten, wie ihr die Marquise erklärte. Es gab künstliche Seen und einen langen Kanal, der sich durch den ganzen Park zog. Kleine Holzboote, die Platz für nicht mehr als zwei Personen boten, trieben darauf. In der Luft hing der schwere Duft von Jasmin und der letzten, spät blühenden Rosen.
    Marie war so sehr damit beschäftigt, die Eindrücke in sich aufzunehmen, dass sie erstaunt stehen blieb, als Juliette de Solange sie unvermittelt am Arm packte und ihr hastig zuflüsterte: »Mach deine Referenz, dort kommt der König.«
    Ohne nachzudenken, versank Marie in den tiefen Hofknicks, den sie unter der Anleitung der Marquise schon so oft geübt hatte. In ihrem Blickfeld tauchten glänzende, mit goldenen Schnallen geschmückte, hochhackige Schuhe auf.
    »Madame de Solange, welche Freude, Sie in Versailles begrüßen zu dürfen. Ein viel zu seltenes Vergnügen«, sagte eine angenehme Stimme über ihr.
    Seide raschelte, als sich die Marquise erhob. »Sire, die Freude liegt bei mir. Dringende Familienangelegenheiten hielten mich vom Hof fern. Darf ich Euch meine Nichte vorstellen? Das arme Kind hat seine Eltern verloren und steht jetzt ganz alleine in der Welt.«
    »Sie mag sich erheben«, sagte die Stimme, und Marie gehorchte. Ihre Augen wanderten über Seidenstrümpfe, weite, mit Spitzen und Volants bedeckte Hosenbeine, das schneeweiße Hemd, das sich unter dem kurzen, mit Goldfäden bestickten Brokatwams bauschte bis zur gefältelten Halsbinde, über der das Gesicht des Königs thronte. Einen Moment lang vergaß sie darauf, die Augen zu senken, zu überrascht war sie von dem Anblick, der sich ihr bot.
    Sie hatte einen alten, würdevollen Monarchen erwartet, doch der Mann, der vor ihr stand, mochte die Dreißig noch nicht überschritten haben. Unter dem breitkrempigen, mit weißen Straußenfedern geschmückten Hut quoll üppiges dunkles Haar auf seine Schultern, das der herrschenden Mode nach aus der Werkstatt eines talentierten Perückenmachers stammte. Ein keckes Bärtchen spross auf seiner Oberlippe und betonte den sinnlichen Schnitt seiner Lippen. Seine Augen waren dunkel wie allerfeinster Nougat aus Montelimar und glitzerten abenteuerlustig. Zwar hatten die Blattern seine Wangen gezeichnet, doch das tat seiner ansprechenden Erscheinung keinen Abbruch.
    Er legte einen Finger unter ihr Kinn und betrachtete sie prüfend. Sein Blick glitt über ihre makellose Haut, die runden Wangen und verweilte auf ihrem leicht geöffneten Mund, ehe er zu ihrem Dekollete wanderte, das sich vor Aufregung schnell hob und senkte.
    »Meine liebe Marquise, wie konnten Sie uns Ihre Nichte so lange vorenthalten? Wie ist Ihr Name?«
    »Marie«, murmelte sie und versuchte, ihren rasenden Herzschlag zu beruhigen. Konnte es möglich sein, dass der König höchstpersönlich Interesse an ihr bekundete? An ihr, Marie Callière, die noch vor wenigen Tagen barfuß über die Felder von Trou-sur-Laynne gelaufen war?
    Seine dunklen Augen funkelten, und er legte ihre Hand auf seinen Arm. »Sie begleitet mich auf meinem Spaziergang, schöne Marie.«
    Nach einem Hilfe suchenden Blick zur Marquise, die unmerklich nickte, brachte Marie ein Lächeln zustande und klappte spielerisch ihren Fächer auf. »Mit Vergnügen, Sire.«
    Während sie durch den Park schlenderten, erkundigte sich der König nach ihren Eltern und der Ursache deren Ablebens. Die Marquise hatte

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