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Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise

Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise

Titel: Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
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Hinterhalt mit einem bedauerlichen Unfall vor.«
    Er nahm die Tasse und spreizte den kleinen Finger so übertrieben affektiert ab, dass Tris zu lachen begann.
    »Ja, ich sehe dich direkt vor mir, wie du mitten in finsterer Nacht mit einem Spaten eine Grube gräbst und sie mit Jauche füllst, während du dein parfümiertes Taschentuch schwenkst.«
    Würdevoll stellte Henri die Tasse wieder auf den Tisch. »Das ist nicht lustiger als deine Angewohnheit, Veilchenpastillen zu kauen. Ein echter Mann kaut Tabak.«
    »In dem Fall ist es mir lieber, man hält mich für deinen Liebhaber, als dass ich ekelhaftes grünliches Kraut in vier Windrichtungen spucke. Nicht alles, was aus den Kolonien zu uns kommt, lohnt der Nachahmung.«
    »Wie auch immer. Kehren wir zum Thema zurück. Bist du dir eigentlich im Klaren darüber, dass Ghislaines Kind auch mein Erbe sein wird? Spornt dich das nicht an, wenigstens in dieser Hinsicht tätig zu werden?«
    Tris griff nach dem Becher mit der geriebenen Schokolade und tat etwas davon in seine Tasse, ehe er aus dem Krug warme Milch darüber goss. »Ghislaine nimmt irgendeinen geheimnisvollen Trank zu sich. Sie will kein Kind. Sie hat Angst, dass Plessis-Fertoc es tötet, und sei es nur, dass er es vor lauter Liebe erdrückt.«
    »Der crétin steht all meinen Plänen im Wege«, rief Henri wütend. »Wenn Gott ein Einsehen hätte, sollte ihn der Blitz erschlagen.«
    »Nachdem das vermutlich nicht passieren wird, solltest du dich nach einem anderen Erben für deine Latifundien umsehen. Wenn du dir eine der Töchter aus den Familien wählst, die mich ablehnen, weil sie unbedingt einen Herzog als Schwiegersohn wollen, können wir gemeinsam vor den Altar treten.«
    Henri blies die Wangen auf. »Ich war noch nie im Leben mit einer Frau im Bett, und solange ich einen klaren Gedanken fassen kann, wird sich daran nichts ändern«, sagte er entschieden, stutzte aber dann. »Das heißt, du wirst die Demoiselle Callière heiraten?«
    Tris seufzte. »Ich weiß nicht, nachdem du allerdings meine romantischen Vorstellungen so drastisch korrigiert hast, werde ich zumindest darüber nachdenken.«
    Das tat er auch, obwohl er sich schon alleine fürs Erwägen dieser Möglichkeit verachtete. Die nackte Mordlust, die er unmittelbar nach den Geschehnissen bei Madame Dessante empfunden hatte, war zwar abgekühlt, doch noch lange nicht verschwunden.
    Er, der sich rühmte, für alle sexuellen Spielarten aufgeschlossen zu sein, war durch dieses unverfrorene Weibsstück an seine Grenzen geführt und gedemütigt worden. Sie hatte voller Kalkül nach seinem wunden Punkt gesucht und ohne zu zögern zugeschlagen. Wäre es nicht um ihn selbst gegangen, hätten ihm ihr Einfallsreichtum und die Skrupellosigkeit, mit der sie ihn den Hinterhalt gelockt hatte, eine gewisse Bewunderung abgerungen.
    Er verfluchte den Tag, als er sie bei dem lächerlichen Federballspiel angesprochen hatte. Die Langeweile, die er immer empfand, wenn er sich unter die gackernde Hühnerschar mischte, mit der sich Henri umgab, musste schuld daran gewesen sein. Und die hübsche Larve, die abfällig ihr Näschen über ihn gerümpft hatte. Normalerweise ließen ihn Beleidigungen wie die ihren kalt. Wenn er sich mit Henris Hofstaat sehen ließ, gehörten solche Bemerkungen zur Tagesordnung, und er ging gar nicht mehr darauf ein.
    Aber ihre durch nichts gerechtfertigte Überheblichkeit, gepaart mit dem stumpfsinnigen Einerlei seines Daseins in Versailles sowie dem endlosen Warten auf die Entscheidung des Königs, was sein Ersuchen um Steuererleichterung betraf, hatten ihn gereizt und genervt.
    So folgte er Mademoiselle Callière verstohlen, bis sie sich vor seinen ungläubigen Augen ausgezogen und in einladender Pose auf das Bett gelegt hatte. Und dann war es zu spät gewesen, weil ihn jeder klare Gedanke verlassen hatte. Die Situation hatte ihn erregt.
    Eine Frau zu vögeln, die ihn bei hellem Tageslicht und vollem Verstand für einen anderen hielt, barg einen ungeheuren Reiz. Sie nach dem Akt über seine wahre Identität aufzuklären, einen noch größeren. Wie hatte er auch ahnen können, dass ein einzelner leichtsinniger Augenblick sein ganzes Leben zerstören würde?
    Missmutig dachte er daran, dass er ihr bei Madame Dessante in einer unerklärlichen Gefühlsanwandlung tatsächlich gestanden hatte, dass ihm keine andere Frau jemals solche Lust bereitet hatte. Ihm graute bei der Vorstellung, was sie mit diesem Wissen anstellen konnte, wenn er sich

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