Die Nirgendwojagd
dem Feldbett ausstreckte und spürte, wie sich ihre schmerzenden Muskeln langsam lockerten und ihr müder Verstand begann, sich den Anforderungen des Pfuhls anzupassen.
Sie erwachte und fühlte sich bedeutend besser. Die Sonne streckte gerade ihren Kopf über die wellenförmige Linie der Berge, das Netz des Zangaree-Pfuhls ein geronnener Schaum rings um ihren grünlichen Halbkreis. Sie sprang von der Ladefläche des Transportwagens herunter, schob ihre Finger durch die fettigen Haare und sehnte sich nach einem heißen und seifeschäumenden Bad. Noch immer war die Luft klar und frisch auf ihrem Gesicht, der Kreis der Bäume ein angenehmes Gemisch zahlreicher Grüntöne, die Feuchtigkeit von gestern davongeweht.
Nachdem sie durch Asche gestiefelt, über zerschmetterte Bäume geklettert war und Holz gesammelt hatte, errichtete sie ein Feuer und sah zu, wie die Flammen wuchsen, lächelte über das Prasseln des schmorenden Saftes, der die Luft ringsum mit einem berauschenden Gemisch von Düften parfümierte.
Obgleich sie wußte, daß sie es nicht tun sollte, daß ihr Grey und Haupt die Haut über die Ohren ziehen würden, wenn sie es je erfuhren, kratzte sie mit ihrem Daumennagel einen der Zweige an und zerrieb den Saft, der aus dem Schnitt sickerte, zwischen Daumen und Zeigefinger. Sie spürte ein leichtes Kitzeln auf der Haut, eine kriechende Kälte. Hastig griff sie nach ihrer Kraftquelle, ihrem schwarzen Fluß, der sich zwischen den Sternen wand - und erfuhr einen Augenblick der Panik, als er verschwommen, unwirklich, kaum zu erreichen zu sein schien. Die Anstrengung rief ein tiefes Grollen in ihrer Kehle hervor, ihre Geistfühler schnellten sich dem schwarzen Wasser entgegen, und dann entspannte sie sich, ließ es in ihren Körper strömen und die Auswirkungen des berauschenden Saftes fortspülen.
Sie lehnte an einem Transporterrad, schlürfte an einer letzten Tasse Cha, als die zweibeinigen Aasfresser auf die Lichtung herausbrachen.
Die Jagd
2. Aleytys
Aleytys nippte weiterhin an dem lauwarmen Cha und beobachtete, wie sie den Schutz der Bäume verließen.
Der erste war ein großer, dunkelhäutiger Mann mit einer auffälligen hellen Blesse, die gleich einem weißen Streifen durch sein dichtes, schwarzes Haar schnitt, seine schwarze Augenbraue mit einer weißen Spitze berührte, am äußeren Augenwinkel vorbeiglitt und bis zu seinem Mundwinkel heruntergezogen war. Nach einem schnellen Rundblick und einem leisen Wort an die beiden Männer hinter sich verlagerte er sein Schrotgewehr in die Armbeuge, stieg über eine Luftwurzel und kam in der wachsam lauernden Haltung einer jagenden Katze auf sie zu.
Die beiden anderen Männer - beide kleiner als er, beide schwer bewaffnet - kauerten sich hinter einem Dickicht aus Zweigen und welkenden Blättern nieder, beobachteten aufmerksam die Umgebung entlang der Baumreihen, hielten ihre Gewehre im Anschlag und sich selbst in angespannter Bereitschaft, beim geringsten Anzeichen von Gefahr zu handeln. Aleytys begann zu verstehen, warum sie ihr den Aufschub gewährt hatten. Die Aasfresser mußten die Eingeborenen aufgescheucht haben und vermieden es jetzt, nach Einbruch der Dunkelheit unterwegs zu sein.
Für den Augenblick ignorierte der große Mann Aleytys, schlenderte zu der Kapsel hinüber, kramte eine kleine Weile zwischen den daneben aufgestapelten Behältern und brach ein paar davon auf, um ihren Inhalt zu inspizieren. Er wischte sich mit der linken Hand über den kurzgeschnittenen Bart und sah sie an, wobei die Spekulation in seinen hellen Augen glitzerte. Er ging an ihr vorbei und umrundete den Transporter, hob die Deichsel, zog daran, und die Leichtigkeit, mit der er den Transportwagen ins Rollen brachte, ließ bei ihm eine Augenbraue hochschnellen. Er sprang auf die breite Gestell-Ladeflä-
che hinauf, befühlte den Spinnenseide-Unterschlupf, stieß seinen Kopf durch den Eingangsspalt ins Innere und zog ihn wieder zurück.
Er sprang herunter, landete geschmeidig neben ihr und stupste sie mit seiner Stiefelspitze an. „Wer bist du?”
Aleytys starrte auf ihren Cha, auf die Blätter, die sich am Boden des Bechers sammelten und glitt dann zur Seite, weg vom Druck des Stiefels. Jetzt geht’s los, dachte sie. Sie lehnte sich zurück, leerte den Bodensatz des Cha über seinem Stiefel aus, lächelte, blickte zu ihm hoch, lächelte wieder, sagte nichts.
„Wer hat dich hierhergeschickt?” Seine graugrünen Augen verengten sich; finster blickte er sie an, ohne die
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