Die Nirgendwojagd
bis auf die Knochen.” Ihre Verlegenheit war wieder da; sie fühlte sich unbehaglich in seiner Nähe — und war ärgerlich auf sich selbst wegen dieser Reaktionen, denen sie sich nicht entziehen konnte. Sie wagte einen Blick auf ihn, tauchte damit in seine Augen hinein und wandte sich von dem jähen Aufblitzen von Zorn darin ab.
Schwerfällig stand sie auf. „Ich brauche ein bißchen Schlaf.” Ohne auf ihn zu warten, schritt sie auf die Schildreihe zu und schlug mit der Faust dagegen. „Drij!”
Als Swardheld zu ihr kam, kippten zwei Schilde nach außen, und Drij kroch hervor. Aleytys wurde aus ihrem Vertieftsein in die eigenen Problem aufgeschreckt, als sie den körperlichen Verfall der Frau bemerkte. Drij kauerte in der Hocke vor ihnen und starrte furchtsam auf die wehenden Nebel und Swardhelds düstere Gestalt. Ihre Augen waren in dunkle Ringe eingesunken, Furchen der Überanstrengung waren tief in ihr Gesicht geschnitten. Sie griff nach oben, hielt sich am Chassis des Transporters fest und zog sich hoch. Zögernd trat sie zwischen den Schilden hervor. „Wir dachten, sie hätten euch getötet.”
Ihre Blicke schnellten an Aleytys vorbei zu dem Mann, den sie als Qule kannte. Sie setzte zum Sprechen an, kreischte dann vor Entsetzen und huschte unter den Transporter zurück - ein weiterer Pfeil jagte durch den Nebel und verfehlte sie.
Aleytys fuhr herum und schrie: „Amar, Rus-sis! K’ pa apa mah tok!” Zur Hölle mit euch, verschwindet endlich und laßt uns in Ruhe!
Sie breitete die Arme aus, sammelte den Rest ihrer Kraft-Pfütze, wühlte die Luft um sich herum auf, bis sie eine strahlende, goldene Gestalt in einer Kugel aus rotgoldenem Licht war, bis ihre Haare schlangenbleich um ihren Kopf herumwogten, bis sie karmesinrot brannten, das Diadem strahlend auf ihrem Kopf, ein Reif aus Goldfä-
den-Blüten mit Juwelenzentren … Sie fing Licht in den Händen, schleuderte es in den Nebel, und mit dem Licht schleuderte sie einen Schleier aus Abscheu und Angst, und sie wirbelte in einem Kreis herum, so daß sich die schwarze Angst spiralförmig von ihr ausbreitete und über die im Nebel lauernden, sie beobachtenden Amar fiel.
Sie hielt diese Vorführung durch, bis auch die Reservekraftansammlung erschöpft war und die Eingeborenen verschwindende Lebensfunken waren, die durch den Nebel flohen. Mit zitternden Knien wich sie zurück, bis sich ihr Rücken gegen den Transporter-Chassis preßte, und dann blieb sie stehen, zu müde, sich noch weiter zu bewegen.
Starke Arme schlossen sich um sie. Swardheld hob sie hoch, sank dann auf die Knie und schob sie in den unter dem Transporter freigelassenen Spalt. Sie blieb an seine Brust geschmiegt liegen, zu müde, sich um die Dinge zu kümmern, die sie noch vor wenigen Minuten beunruhigt hatten, im Moment froh, sich warm und behütet zu fühlen.
Schwach war sie sich des länglichen Ovals von Drijs Gesicht bewußt
- blaß und konturenlos im Dunkel -, dann registrierte sie auch die dunklen Gestalten, die stumm am anderen Ende des Raumes unter dem Transporter zusammengekauert saßen, und den starken und scharfen Geruch der Vaada und Valaa-da. Ihr Gesicht an Swardhelds Schulter gekuschelt, schloß sie die Augen und schlief ein.
Als sie erwachte, lag sie allein im grün-grauen Morgenlicht unter dem Transporter. Ein kleines Stück entfernt unterhielten sich Drij und Swardheld, die Vaada wieselten herum, und da war ein Scharren über ihr: Die Valaad-Wachen wurden abgelöst. Sie streckte sich und gähnte und verzog das Gesicht, als ihr die Anstrengungen der Nacht einfielen. „Harskari”, flüsterte sie. „Sprich mit mir.”
Die Bernsteinaugen öffneten sich. „Lee?”
Aleytys schloß die Augen und sah das schmale, dunkle Gesicht, umrahmt von den glänzenden Silberhaaren. „War das eine Nacht!”
„Voller Überraschungen.” Schwere, schwarze Brauen kamen über den dunklen Goldaugen zusammen. „Interessant. Er scheint sich recht bequem in diesen Körper eingepaßt zu haben.”
„Du hast gesehen, was passiert ist?”
„Wenn ich das, was ich in deinem Verstand lese, richtig verstehe, Lee, ja, dann kann ich nach vollziehen, was geschehen ist.”
„Würdest du auch einen Körper haben wollen?”
Die Bernsteinaugen schlossen sich abrupt, und das Abbild der alten Zauberin war genauso abrupt nicht mehr zu sehen. Erschrok-ken setzte sich Aleytys auf. „Harskari?”
Das Phantom kehrte zurück, und ein schmerzvoller Blick lag in verengten Augen. Sie sprach mit
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