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Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott

Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott

Titel: Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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euch für euer Kommen. Wir werden sicher den einen, die oder das eine von euch für bestimmte Dinge brauchen, und es wäre gut, wenn ihr nicht gerade jetzt am anderen Ende der Welt versuchtet, Urlaub zu machen oder eine neue Religion zu stiften. Haltet euch zur Verfügung!«, ermahnte Amun die Gottheiten und entließ sie mit einer großzügigen Geste.

     
    Ungefähr dreißig Tajarim, darunter sogar Frauen, waren bei Raffim versammelt, der nun doch davon Abstand genommen hatte, sich als Suchosmoses oder Halbgott zu bezeichnen.
    Die fürchterlichen Lichter am westlichen Nachthimmel waren für alle ein Schock gewesen, und man war sich einig, dass diese Zeichen der Götter einzig Raffim galten.
    Mesmoses, der ägyptische Diener, war am Morgen nicht mehr zum Dienst erschienen, und Raffim war nicht gram deswegen. Er konnte auf die Ägypter in seinem Personal verzichten. Er musste auf sie alle verzichten. Leider.
    So blieben ihm nur noch die drei überaus gesund und kräftig aussehenden Diener Jebul, Jabul und Jubul, die bereitstanden, ihm jeden Wunsch von den Augen abzulesen.
    Seshmosis sah mit besorgtem Gesicht auf Aram, der trotz Wiederbelebung und mehrfacher Behandlung mit dem Ankh mehr tot als lebendig schien. Außerdem nörgelte er ständig, beschwerte sich über seine ungewollte Rückholung, bestand gegenüber Raffim auf Schadenersatz, was dieser natürlich weit von sich wies und worauf er im Gegenzug von Aram Wiedererweckungsgebühren forderte.
    Almak, der großnasige Türsteher und Ochsentreiber, stand Seite an Seite mit dem romantischen Bäcker Shamir, Melmak, dem Bauern und Viehhändler, und Zerberuh, dem freiberuflichen Nilsegler mit ausgeprägtem Hang zur Mystik und dickleibigen Wesen. Seine persönliche Hausgottheit war Thoeris, jenes opulente, aufrecht gehende Nilpferd.
    Eine weitere Gruppe bildeten einige junge Männer, darunter Mumal, der aussah wie ein Held, also schön, stark und beschränkt, Elimas, der Schaf- und Ziegenhirt, Aruel, der Wasserträger, Ismail, der zwergenwüchsige Ziegenhirte, und Ben Mani, der Sohn des Stoffhändlers.
    Die Frauen standen in geziemendem Abstand. Sie scharten sich um die alte Hataha, die von manchen für weise, von anderen für schwachsinnig gehalten wurde. Auf junge Mädchen schien sie große Anziehungskraft auszuüben, und sie hörten ihr immer sehr interessiert zu. Ab und an ertönte die schrille Stimme von Gomer, einer jungen Tajarim, die alle Menschen liebte, vor allem Männer mit Geld, und deshalb gern in Raffims Nähe war.
     
    Der Lärm legte sich kaum, als Schedrach, der Karrenbauer, gefolgt von Habak, den alle nur »den irren Habak« nannten, den Raum betrat.
    Habak kicherte. Nicht laut, nur einfach so, ganz bei sich. Doch von ihm breitete sich Schweigen aus. Es verteilte sich konzentrisch im Raum, wie die Kreise im Wasser, in das man ein Steinchen geworfen hatte. Und es war ein gespanntes, nervöses Schweigen. Es war nicht gut, wenn der irre Habak kicherte. Es war nie gut, wenn der irre Habak kicherte.
    Schedrach erhob die Stimme: »Kamoses tobt. Er sagt, Raffim habe ihn verhext. Er sagt, alle Hyksos seien Hexer, bösartige Zauberer und Dämonen. Er verspricht den Ägyptern, uns zu vernichten.«
    Seshmosis trat einen Schritt nach vorn und räusperte sich. »Ich habe es befürchtet. Er kann diese Niederlage nicht auf sich beruhen lassen. Raffim hat ihn vor seinen Leuten lächerlich gemacht. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit. Die Kraft des Ankh mag uns noch schützen, aber die Götter sind launisch, wir dürfen uns nicht auf sie verlassen. Wir müssen aufbrechen, und zwar sehr bald. Nutzt den Tag, verkauft, was ihr nicht braucht, und kauft, was wichtig ist. Bei Morgengrauen ziehen wir los. Und denkt immer daran: Wir sind keine Hyksos, wir sind Tajarim!«
    Seshmosis hatte die wenigen Habseligkeiten aus den Trümmern seiner Hütte geborgen und würde die letzte Nacht in Theben in Raffims Haus verbringen. Das Beben machte wohl für alle den Abschied leichter, man musste sowieso etwas Neues aufbauen, da war es egal, wo. Fast egal, dachte sich der Schreiber. Die meisten ahnten nicht, was auf sie zukommen würde. Er selbst wusste es ja auch nicht. In seinem Kopf spukte eine vage Vorstellung vom »Land der Väter« herum und eine Ahnung, wie man dort hinkommen könnte. Vielleicht hinkommen könnte.
    Schließlich war es nicht so, dass die Väter in der alten Heimat die Haustüre verbarrikadiert hatten und nach Ägypten gezogen waren, und nun musste man nur hingehen, den

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