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Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott

Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott

Titel: Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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Tieres, streichelte es sanft über den Rücken und griff nach dem Seil, das um den Hals geschlungen war. »Ich werde dich Apis nennen«, flüsterte er und sah dem Stier dabei in die Augen. Dem Stier schien es recht zu sein, denn er setzte sich unaufgefordert langsam in Bewegung.

     
    Aram war nach der Versammlung bei Raffim zu den Trümmern seines Badehauses zurückgekehrt. Im großen Becken, in dem er seine letzte Reise hatte antreten wollen, lagen einige der umgestürzten Götterstatuen. Sehnsüchtig blickte er zu ihnen hinab. Plötzlich hörte er eine Stimme: »Möchtest du bei uns sein, Aram?«
    Irritiert sah sich der Bademeister um. Und er erblickte Anubis, den schakalköpfigen Totengott. Es war ein anderer Anubis als der, der unten im Wasser lag. Die Statue dort war zwar gut gemacht und reich bemalt, aber sie war eben nur ein Abbild. Hinter Aram stand das Original, der Gott selbst.
    »Hilfst du mir, Anubis?«, fragte Aram leise hoffend.
    »Ich helfe dir, Aram«, sagte der Gott und berührte ihn.

     
    Schedrach, der Karrenbauer, überblickte seine Flotte. Gut zwanzig Karren standen vor dem halb eingestürzten Haus, das vorgestern noch als respektabel bezeichnet werden konnte. Nun, er lebte von der Mobilität der Menschen, und nun würde er eben selbst mobil machen. Zwei Karren für sich und seine Familie, einen für Werkzeug und Ersatzteile, der Rest mit einem Schlag verkauft. Er rieb sich die Hände. Die Zukunft begann viel versprechend.

     
    Zerberuh saß auf seinem Nilsegler und starrte ins Wasser. Er hasste die Wüste. Er hasste jeden Ort, der außer Sichtweite von Wasser lag. Für ihn besaß allein Wasser Bedeutung, alles Land war nur Ufer, mehr oder weniger zumutbar entfernt.
    Dort mochte er nicht einmal begraben sein. Eine schreckliche Vorstellung für ihn, in einer Kammer unter der Erde zu liegen. Sein Paradies war flüssig oder gar nicht.
    Nun wartete er auf den neuen Besitzer seines Boo tes, der Windsbraut. Zumindest konnte er, im Gegensatz zu den anderen, sein Zuhause noch verkaufen. Wenn auch zu einem schmerzhaft niedrigen Preis. Doch das Schmerzlichste überhaupt war, dass er an Warn’keter, seinen verhassten Konkurrenten, verkaufen musste. Jahrelang waren die beiden um die Wette den Nil hinauf und hinunter gesegelt, hatten sich gegenseitig so manches Geschäft weggeschnappt und sich über jeden Mastbruch des anderen gefreut. Zerberuh würde seinen Lieblingsfeind vermissen.
    Sein einziger Trost war, dass Seshmosis versprochen hatte, man werde seine Dienste auf der Reise noch benötigen. Dass sie es ohne ihn nie schaffen würden, hatte der Schreiber gesagt. Stolz wuchs in seiner Brust. Er, Zerberuh, als Retter der Tajarim, als Held, als Schwarm der Frauen. Vor allem der dicken, hoffte er.

     
    Hataha, die Alte, schaute Habak, dem Irren, tief in die Augen.
    »Du hast es gewusst? Du hast es schon lange gewusst?«
    »Ja, ich habe es schon lange gewusst.«
    »Und es gibt keinen anderen Weg?«
    »Sei froh, dass es überhaupt einen Weg gibt.«
    »Werden wir ankommen?«
    »Wir werden nie ankommen. Keiner wird je ankommen. Jeder wird immer unterwegs sein. Wir sind Tajarim, wir sind Touristen. Heimat ist kein Ort. Heimat ist ein kleiner Gott mit warmem Fell in unseren Herzen.«
    Habak kicherte, und Hataha nickte.
    »Ich habe es auch gewusst.«

     
    Mani, der Stoffhändler, packte mit seinem Sohn Ben Mani die Tuche zusammen, die sie nicht verkaufen wollten. »Das ist der Grundstock für unser neues Geschäft. Bei einer Reise wird viel Stoff verbraucht. Und bei einer langen Reise sehr viel. Wir müssen sehen, dass wir immer Nachschub bekommen«, sagte der alte Mani, und die Zufriedenheit eines Händlers, der gute Geschäfte erwartet, stand ihm ins Gesicht geschrieben.

     
    Mumal, dessen Muskeln vom Steinbruch gestählt waren und der seine Schönheit einer Laune der Göttin Kadesch verdankte, ging Hand in Hand mit Rachel zu den Ruinen des Badehauses. Bis gestern hatte sie dort als Handtuchhalterin gearbeitet. Wobei die Handtücher die einzigen Textilien waren, die ihre Haut berühren durften, und das nur über ihren vorgestreckten Armen. Vielleicht war sie deshalb so anziehend für Mumal, weil er sie in seiner Fantasie nicht ausziehen musste. Er besaß nämlich keine.
    Seine Patengöttin Kadesch sah man auf den Darstellungen in den Tempeln immer auf einem Löwen stehend, und zwar nackt, mit ausgestreckten Armen, in denen sie Schlangen hielt. Nun, seine Rachel hielt dafür eben Handtücher, was Mumal auch

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