Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott
Sie werden bestimmt nach uns suchen«, befahl Seshmosis. »Ich habe keine Lust, den Priestern zu erklären, was mit ihrem Gott passiert ist.«
Eilig machten sie sich auf den Weg zum Lager, wo man sie schon sehnsüchtig erwartete.
Kein Tajarim wollte länger als nötig an diesem Ort bleiben, und so brachen sie noch am selben Nachmittag ihre Zelte ab und machten sich auf in Richtung Memphis.
Die Höhle unter den Pyramiden
Die Ägypter waren in diesen Tagen zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um auf eine kleine, nicht besonders prächtige Karawane zu achten. So erreichten die Tajarim unbeachtet und vor allem unbehelligt Memphis, die Metropole des ersten unterägyptischen Gaus.
Die Stadt war einer der volkreichsten und angesehensten Orte Ägyptens, ihr Hafen ein Umschlagplatz für Güter aller Art.
Hier ankerte seit Tagen die Windsbraut, und ihre Passagiere warteten auf die Ankunft der anderen Tajarim.
Prinzessin Kalala genoss es sichtlich, in einer Großstadt zu sein. Täglich ging sie, von ihrem Leibwächter Tafa begleitet, in die Basare und kaufte, was ihr unter die Augen und in die Finger kam. El Vis dagegen wagte nicht, das Schiff zu verlassen, und seine abendlichen Gesangseinlagen waren auffallend leise. Er hatte einfach Angst, gewissen Leuten in Memphis in die Hände zu fallen, die es diesmal sicher nicht bei einer Verbannung bewenden ließen Und auf einen finalen Auftritt bei einem der großen öffentlichen Tempelrituale verspürte er überhaupt keine Lust.
Zerberuh freute sich riesig, als er die große Abordnung der Tajarim am Ufer sah.
Väter und Mütter umarmten ihre Kinder, Söhne und Töchter begrüßten ihre betagten Eltern, und man erkundigte sich nach dem Befinden der Gebrechlichen und Kleinkinder.
Währenddessen gingen Zerberuh, Seshmosis, Mani und Raffim, der inzwischen wieder wie früher aussah, in eine nahe Schänke. Hier wollten sie in Ruhe das weitere Vorgehen besprechen.
Um schneller vorwärts zu kommen, sollten die Alten, Gebrechlichen und Kleinkinder weiter auf der Windsbraut bleiben. Zerberuh besaß größtes Vertrauen in sein Boot und traute sich zu, vom Delta aus die Küste entlang und selbst im Mittelmeer zu segeln.
Man wollte versuchen, auf diese Art das Gebiet der Phönizier zu erreichen, die allgemein als weltoffen galten, weil sie Händler waren.
»Ich werde mich die Küste entlangtasten und bei jeder Gefahr nahe am Ufer ankern. So werden wir Byblos sicher erreichen«, sagte Zerberuh.
Seshmosis nickte. »So müsste es gehen. Und wir ziehen über den Sinai und versuchen den anderen aus dem Weg zu gehen. Aber vorher steht uns leider noch der Besuch der Pyramiden bevor, weil gewisse Leute unbedingt darauf bestehen.« Mit diesen Worten blickte er Raffim giftig an.
Der zuckte mit den Achseln. »Die Mehrheit will es. Und ich auch. Basta!«
»Es wird sich nicht vermeiden lassen. Vor allem, weil Nostr’tut-Amus uns in seinen Visionen bei den Pyramiden sah. Es soll wohl so sein.«
Resigniert schüttelte Seshmosis den Kopf. Er musste an einen anderen Teil der Vision denken, den Teil, in dem der Pharao eine Axt über seinem Kopf schwang. Ihm war ziemlich mulmig zumute. Was Seshmosis nicht wusste, war, dass die Axt des Pharaos eher ein dekorativer Teil der bevorstehenden Ereignisse sein würde. Und bei weitem der harmloseste.
Nur wenige Tajarim waren als Wachen im Lager zurückgeblieben. Alle anderen brachen in guter Stimmung zum Plateau von Gizeh auf, um die berühmten Pyramiden zu bewundern. Die ausgelassene Stimmung wich nach und nach ehrfürchtiger Bewunderung, als die spitzen Kolosse immer höher vor der Gruppe aufragten.
Vor rund tausend Jahren hatten die Pharaonen Chufu (Cheops), Chafre (Chephren) und Menkaure (Mykerinos) diese Monumente errichten lassen. Später vernachlässigten einige Dynastien das Areal, und es kam ziemlich herunter. Doch jetzt erstrahlte es im neuen alten Glanz, denn Pharao Ahmose galt als großer Pyramiden-Fan. Für ihn waren sie das Symbol der großen Zeit Ägyptens, die er wieder aufleben lassen wollte.
Pharao Ahmose hatte zwar erst vor drei Jahren unter nicht geklärten Umständen seinen Vorgänger und Bruder Kamose beerbt. Er konnte aber auf dessen Arbeit aufbauen, denn dieser war den Pyramiden ebenfalls sehr zugetan gewesen und hatte umfangreiche Renovierungsarbeiten begonnen.
Nun strahlten die großen drei also in der Morgensonne und trotz der frühen Stunde waren die Rampen, die Pyramiden und Tempel als Aufwege verbanden,
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