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Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Titel: Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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offenbarte sich die merkwürdige Anlage Isensteins: Eine kreisrunde Mauer umschloss den Hof, in dessen Mitte ein ebenso kreisrundes, großes steinernes Haus stand. Auf der freien Fläche zwischen Mauer und Haus erstreckte sich ein gewaltiger Wall aus roten und weißen Wikingerschilden als zusätzliche Verteidigungslinie für die Bewohner.
    Er schloss im Schlachthain mit Schilden mich ein – Rand stieß an Rand – roten und weißen, schoss es Seshmosis durch den Kopf. Bragis Lied von der Schildmaid Brünhild. Offenbar war er in der Burg der sagenhaften Walküre gelandet! Seshmosis hielt inne.
    Er war in der Burg einer Walküre! Vorsichtig blickte er sich um. Und da sah er sie schon: zwei Dutzend behelmte Frauen mit gewaltigen Brustpanzern. Die Kriegerinnen hatten ihn von jenseits der roten und weißen Schilde erspäht, und nun warfen sie diese beiseite, als wären sie aus Papyrus.
    Vorneweg stürmte die größte und mächtigste der Kriegerinnen.
    »Ein Zeichen! Ein Mohr hat mich errettet! Bringst du mir die Dunkelheit, mein Freund?«, rief Brünhild aus.
    »Ich bin weder ein Mohr noch ein Zeichen. Ich bin Seshmosis und brauche ganz dringend ein Bad!«
     
    Sicher mag so mancher Krieger davon träumen, bei einer Walküre zu liegen und mit ihr zu speisen und zu trinken. Doch Seshmosis war eher nicht der Typ für extreme Nähe zu fremden Frauen. Vor allem nicht zu fremden Frauen, die Rüstungen trugen und mit denen er nicht persönlich verlobt war.
    Brünhild wies ihre Mägde an, ihrem Retter ein Bad zu bereiten. Noch hielt sie sich mit ihren Dankesbezeugungen gegenüber ihrem Befreier zurück. Erstaunlich zurück, fand Seshmosis, und so distanziert kühl. Immerhin war er es doch, der die Dame irgendwie in irgendeiner Form von einer göttlichen Strafe erlöst hatte. Wobei er nicht hoffte, dass dieser Gott etwas gegen diese Erlösung hatte. War in Bragis Lied von der Errettung der Walküre überhaupt die Rede? Oder hatte er mit seinem Erscheinen alles verdorben? Seshmosis summte die Melodie und versuchte sich an den Text zu erinnern.
    Es durfte vom Schlaf der nur mich wecken, dem Furcht immer fremd geblieben.
    Genau, das war es! Jemand durfte die Walküre wecken, und der Würfel des Schicksals war auf ihn gefallen. Allerdings fand Seshmosis die Stelle, wo ihm die Furcht immer fremd geblieben war, nicht ganz treffend. Die dichterische Freiheit in Liedern verfälschte eben manchmal ihren Sinngehalt. Besser hätte es in seinem Fall wohl geheißen: Die Furcht vor Fremden war ihm geblieben.
     
    Zwei Mägde führten Seshmosis in eine Kammer. Dort stand ein Holzzuber mit dampfendem, wohlriechendem Wasser. Mit geschickten Händen entledigten sie ihn schneller seiner Kleidung, als er protestieren konnte, und steckten ihn ins Wasser.
    Nach all den Anstrengungen genoss Seshmosis das Bad. Vor allem freute sich seine Haut, endlich wieder direkt, ohne dazwischenliegendes Fell, mit Wasser in Berührung zu kommen. Entspannt lehnte er sich zurück und schloss die Augen. Die Düfte der Kräuter und die wohlige Wärme entführten seine Gedanken in die Vergangenheit. Zurück in die Zeit, als er mit Odysseus unterwegs gewesen war und mit der Amazone Cleite ein Bad im Meer vor der Ziegeninsel genommen hatte. Nur eine kleine feurige Qualle hatte damals sein Glück getrübt. Und weiter schweiften seine Erinnerungen zurück in das Badehaus von Theben, zu dem Tag, an dem er sich von seinem kargen Einkommen einen Besuch abgespart hatte, um einmal seine angebetete Rachel so zu sehen, wie sie von der Liebesgöttin geschaffen worden war. Ein Unterfangen, das anschließend einen längeren Aufenthalt im Kaltwasserbecken notwendig gemacht hatte.
    Auch jetzt zeigten seine Erinnerungen körperliche Auswirkungen. Und das ausgerechnet in dem Augenblick, als die beiden Mägde begannen, ihn mit nasser Asche einzureiben und abzurubbeln.
    Seshmosis bemühte sich krampfhaft, ihr Gekicher zu überhören und seine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken. Vergeblich versuchte er sich das phönizische Alphabet vorzustellen, es gelang ihm nicht, das Bild festzuhalten, während ihn die Frauen mit warmem Wasser übergossen. Dann trockneten sie ihn mit weißen Leinentüchern ab und hüllten ihn schließlich in eine prächtige Wolltunika.
    So gesäubert und erfrischt führte man Seshmosis zur Hausherrin.
     
    Brünhild musterte den Mann ihrer Prophezeiung eindringlich. Eigentlich hatte sie sich ihren Helden etwas anders vorgestellt. Um nicht zu sagen, ganz anders.

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