Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler
Gesicht. Auch von dort war der dichte Pelz verschwunden.
»Danke, GON, danke!«, rief er erleichtert zum Himmel.
*
»Da ist kein Feuer, nur Rauch«, sagte Gunther und deutete auf die Burg unterhalb des Vulkangipfels.
»Umso besser. Ich habe mich schon die ganze Zeit gefragt, wie wir durch einen Feuerring reiten sollen«. Hagens Gemüt war seit dem Treffen mit seinem Vater nicht mehr ganz so düster wie sonst, aber keiner der Burgunden kannte den Grund dafür.
»Wir reiten zuerst in diese dunkle Stadt und holen uns weitere Auskünfte. Folgt mir, Männer!«, befahl der König.
Die Burgunden ritten los, doch sie kamen nicht weit. Noch vor den schwarzen Mauern von Dimmuborgir traten ihnen Bewaffnete entgegen.
Gunther überlegte nicht lange und wählte die Alternative, die er immer wählte, seit der Heroe Siegfried an seiner Seite ritt: Kampf!
Doch kaum hatten die Burgunden ihre Waffen blank gezogen, verdreifachte sich die Zahl ihrer Gegner.
Als Gunther nun »Vorwärts!« rief, hörten Eingeweihte schon ein leichtes Zittern in seiner Stimme. Doch es kam noch schlimmer. Das Emporrecken des Königsschwerts hatte eine weitere Verdopplung der gegnerischen Streitkräfte zur Folge.
Hagen überlegte kurz, ob er mit seinem Ring die Geisterkrieger der Nibelungen rufen sollte, doch dann ließ er den Gedanken schnell wieder fallen. Die Ringgeister sollten für ihn kämpfen, nicht für Gunther. Dann brüllte der Einäugige: »Halt! Die Sache ist keinen Kampf wert. Lasst uns verhandeln!«
Hagen und Gunther ritten langsam auf die schwarzen Krieger vor der schwarzen Mauer zu.
»Das ist nah genug! Bleibt stehen!«
Aus dem Schatten löste sich ein Mann mit hagerem Gesicht. Er war ganz in schwarzes Leder gekleidet, und auf seiner Schulter stand ein unterarmlanges Wesen. Es sah aus wie ein hässlicher Mensch mit rotem Fell und ebenso rotem Borstenschopf auf dem Kopf.
»Niemand betritt Dimmuborgir ohne unsere Erlaubnis!«, keifte der Winzling.
Gunther lachte schallend.
Allerdings wurde sein Gelächter abrupt beendet und von einem Schmerzensschrei abgelöst. Lava konnte sehr spitze Formen annehmen, und Wichtel verfügten über wirkungsvolle Schleudern.
»Niemand lacht in Dimmuborgir ohne unsere Erlaubnis. Oder wenn wir es nicht wollen. Und ich will nicht, dass du lachst, Fremder! Ich bin Chief Cormick vom Clan der Roten Borsten.«
»Und ich bin Náttfari, der Geschäftsführer der Schwarz-Roten Allianz. Unsere Stadt betritt man nicht einfach so, sondern zahlt höflich Eintritt.«
»Wie viel willst du?«, fragte Hagen.
»Eine Münze reicht uns. Pro Person.«
Gunther überlegte kurz, dann sagte er: »Hagen, Wahnfried, ihr beide begleitet mich. Die anderen lagern hier vor der Stadt. Ich will mein Geld doch nicht zum Fenster hinauswerfen.«
Die drei saßen ab, übergaben ihre Pferde an Dankwart und gingen durch das Tor, wo man sie in Empfang nahm.
»Bitte händigt uns ohne Widerstand eure Waffen aus«, befahl Náttfari. »Wir versprechen euch, dass ihr ehrenvoll wie wertvolle Gefangene behandelt werdet.«
»Wie könnt ihr es wagen, den König der Burgunden gefangen zu nehmen?«
»So, so, ein König bist du also. Dann kann ich ja das Zehnfache an Lösegeld verlangen. Oder mögen dich deine Leute etwa nicht? Vielleicht bezahlt dein Volk sogar noch viel mehr dafür, wenn du nie wieder auftauchst?«, spottete Náttfari.
»Das ist eine Unverschämtheit! Mein Volk liebt mich!«, empörte sich Gunther.
»Reiß dich zusammen! Und gib nicht so an«, flüsterte ihm Hagen ins Ohr. »Du treibst gerade deinen Preis weiter in die Höhe.«
*
Seshmosis war noch ein Stück weiter den Berg hinaufgekrochen. Der Vulkan Hverfjall hatte hier einen Seitenschlot gebildet, und auf diesem erhob sich eine mächtige Burg: Isenstein. Allerdings hatte der Schreiber den Weg zum Haupttor der Burg verfehlt und stand nun froh, aber erschöpft vor einer kleinen Tür in einer mächtigen Mauer.
Zaghaft klopfte Seshmosis an. Doch schnell wurde ihm klar, dass kein Mensch zaghaft an Burgtore oder Burgtüren klopfte. Man musste mit der Faust sehr kräftig dagegenhauen. Dann hatte man vielleicht eine Chance, dass das Klopfen drinnen in der Burg gehört wurde. Wenn man es denn überhaupt hören wollte.
Bevor er es mit Klopfen versuchen wollte, drückte Seshmosis die Klinke. Und siehe da: wider Erwarten öffnete sich die Tür. Seshmosis steckte den Kopf durch den Türspalt, und da er niemanden sah, wagte er es, die Burg zu betreten.
Im Innern
Weitere Kostenlose Bücher