Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler
ohne dich bloß überleben?«, jammerte Torarin.
»Gar nicht«, antwortete Hallfred und schnitt dem Krüppel die Kehle durch.
»Was war das für ein Geräusch?«, fragte Tangbrand.
Ohne darauf einzugehen, tötete Hallfred auch den Blinden. Dann wischte er an dessen Hose das Messer ab, schnürte sein Bündel und verließ die Höhle.
Wenig später schnüffelten Skalli und Hati an den beiden Leichen. »Auf die brauchen wir nicht mehr aufzupassen«, knurrte Skalli.
»Nein, die sind fertig für immer«, bestätigte Hati. »Und der Dritte kommt aus Dimmuborgir nie mehr weg. Dafür sorgen schon die Wichtel. Lass uns zu Gamlis Hof zurücklaufen. Aber schnell! Ich will endlich wieder Landschaft unter meinen Pfoten spüren.«
Einige Gassen weiter seufzte Hallfred tief. Nie würde er alte Freunde in einer lebensfeindlichen Umgebung im Stich lassen. Nun waren sie in einer besseren Welt. Hoffte er zumindest. Schließlich hatte ihn Tangbrand gelehrt, dass es für jedes Problem eine Lösung gab, und wenn es die Endlösung war.
*
Auf Burg Isenstein herrschte reges Treiben. Die roten und weißen Schilde lagen inzwischen in der Waffenkammer, so dass auf dem Burghof viel Platz für Bewohnerinnen und Besucher war.
Seshmosis beobachtete wie immer etwas abseits mit seinen beiden Freunden Nostr'tut-Amus und Sampo das geschäftige Treiben. Man hatte Brünhilds Thron ins Freie geschafft, und auch sie blickte gespannt auf die Vorbereitungen, die für den bevorstehenden Wettkampf getroffen wurden. Um sie herum standen ihre bis an die Zähne bewaffneten Kriegerinnen. In einigem Abstand dazu hatten sich die ziemlich ratlosen Burgunden postiert und harrten der Dinge, die da kommen sollten.
Auf einmal schlugen die Kriegerinnen mit den Schwertern in einem ohrenbetäubenden Lärm rhythmisch auf ihre Schilde. Dann erhob sich Brünhild, deutete auf Seshmosis und ergriff das Wort.
»Hier steht der Held, der die Waberlohe durchschritt und sie zum Erlöschen brachte. Er ist der, der mich aus langem Schlummer erweckte – Seshmosis von Byblos. Der Held aus dem fernen Land, in dem die Sonne aufgeht. Wer Odins Feuer zum Erlöschen bringt, ist wahrhaft ein Großer unter den Heroen. Er trug einst das Wolfsgewand und ist doch ein Beowulf, ein Bienenwolf, ein Bär. Seshmosis, der die Serka trug, das Gewand des Bären, ein Berserker! Kein Krieger ist ihm gleich, ihm, Seshmosis, der die Flammen Odins besiegte. Heil meinem Retter, heil Seshmosis!«
Die Kriegerinnen schlugen wieder frenetisch mit den Schwertern auf die Schilde und brüllten: »Heil! Heil! Heil!«
Stolz blickte Brünhild in die Runde, und ihre Augen suchten ihren Helden. Doch Seshmosis versuchte sich gerade hinter Sampo zu verstecken. Es half nichts, zwei energische Frauen in glänzenden Brustpanzern nahmen ihn links und rechts bei den Armen und führten ihn zu Brünhild.
»Ehre sei dir, mein Befreier! Dir gebührt der Preis, das Weib zu freien, das du befreitest. Nimm nun an die Ehre, die dir zusteht!«
Seshmosis entging der lauernde, unerbittliche Unterton nicht, und sein Geist arbeitete unter höchster Anspannung.
»Dank dir, edle Herrin von Burg Isenstein. Dank dir für die Ehre, derer ich kaum würdig bin. Es war mir eine Freude, dich zu befreien, und so soll mir die Tat selbst Lohn genug sein. Gerne wäre ich der Mann an deiner Seite, doch bin ich durch ein Gelübde in der Heimat gebunden. Eine ägyptische Prinzessin wartet dort sehnsüchtig auf den versprochenen Gatten. Darum, edle Brünhild, muss ich schweren Herzens auf den Preis verzichten. Verzeih mir, deinem Retter, der dich immer verehren wird.«
Seshmosis hatte kein schlechtes Gewissen, in seiner Not die Situation etwas zu seinen Gunsten zu beschönigen. Immerhin war er ja der Held in dieser ganzen Angelegenheit. Dass er Tani zur Prinzessin befördert hatte, empfand er ebenfalls als rechtens, schließlich war sie die Prinzessin seines Herzens. Und das mit dem »sehnsüchtig«, nun ja, das hoffte er einfach.
Brünhild schien mit Seshmosis' Ansprache zufrieden. Nun sagte sie zu Gunther: »Da mein Retter verzichtet, ist es an euch, um meine Hand zu kämpfen. Was hast du mir Besseres zu bieten als jener, der mich aus der Waberlohe befreite?«
Gunther wandte sich zur Seite und fragte Hagen leise: »Was habe ich eigentlich zu bieten? Was meint sie? Los, Hagen, hilf mir!«
»Fordere den anderen Kerl zum Zweikampf heraus. Er ist ein Schwächling. Sieh dir nur seine dünnen Arme an! Die Gelegenheit ist
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