Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Titel: Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
Vom Netzwerk:
Kräuteranpflanzungen des Küchenchefs, aber es war auf jeden Fall ein schöner Fleck.
    Die Mitglieder des burgundischen Hofstaates hatten es sich zur Angewohnheit gemacht, bei schönem Wetter hier nach dem Mittagsmahl einige Schritte zu gehen, um die Verdauung anzuregen.
    Auch Helden plagen manchmal Verstopfungen, und deshalb empfahl ein seit Monaten am Hof tätiger Medikus aus Franken diese vorbeugende Maßnahme.
    Siegfried spazierte mit Kriemhild unterhalb des Haupttores und versuchte seiner Gemahlin gerade klarzumachen, wie wichtig seine Drachenjagdausflüge für die Reichssicherheit waren.
    »Aber du hast das grausliche Vieh doch schon erwischt! Was musst du dich weiterhin jeden Tag im Wald herumtreiben?«
    Siegfried konnte seiner Gattin schlecht anvertrauen, dass sein derzeitiges Lieblingsjagdrevier Der fidele Drache war, ein mehr als zwielichtiges Lokal am Stadtrand mit Schänke und kurzfristig mietbaren Fremdenzimmern. Die dort tätigen Damen besaßen auch keinerlei Ähnlichkeit mit geschuppten Wesen, außer vielleicht im feurigen Temperament.
    »Durch meinen Sieg über den Drachen ist die Bedrohung unserer Stadt nur noch größer geworden, mein Schätzchen. Die anderen Drachen rasen vor Wut und sinnen auf Rache. Ich muss sie erwischen, bevor sie über Worms herfallen und unschuldige Frauen und Kinder töten!«
    »Du bist wirklich ein wahrer Held, mein Gemahl! Ich bin ja so stolz, dein Weib zu sein!«
    Siegfried fand, dass dies ein günstiger Augenblick war, noch mehr für seine Verdauung zu tun, als sich nur die Füße zu vertreten. Da fiel ihm der Ring des Orientalen ein, den er am Vormittag mitgenommen hatte.
    Rasch zog er ihn aus seiner Gürteltasche und steckte ihn Kriemhild an den Finger.
    »Als Zeichen meiner Wertschätzung und als ewiges Treuepfand für dich, meine edle Kriemhild. Dies Ringlein mag auf den ersten Blick unscheinbar aussehen, doch es ist Zeichen eines meiner größten Triumphe. Ich erbeutete den Ring nach erbittertem Kampf von einem schrecklichen Riesen. Doch nun muss ich eilen, die Pflicht ruft!«
    »O mein Held, mein Gemahl! Glücklich kann ich mich preisen, deine Auserwählte zu sein. Kein Weib auf der ganzen Welt hat einen solchen Ehemann wie ich. Eile, mein Gatte, eile, die Menschheit zu schützen!«
    Mit der frisch beringten Hand winkte sie Siegfried nach, der frohen Mutes in den Kampf des Nachmittags zog. Kriemhild freute sich derweil am neuen Unterpfand der Liebe ihres Gemahls. Darüber nachzudenken, wo ausgerechnet ein Riese dieses Ringlein getragen haben könnte, kam ihr nicht in den Sinn.
    Als die Glocke zum Nachmittagsgebet der Non rief, eilte Kriemhild in die Burgkapelle. Außer der Pflege von Glaubensdingen blieb ihr als Gemahlin Siegfrieds nicht viel an Beschäftigung.
    Die Arbeiten wurden alle von Dienern, Leibeigenen und Sklaven verrichtet. Die sogenannten ehelichen Pflichten beschränkten sich, wenn überhaupt noch erwähnenswert, auf die Nacht.
    Sticken wollte Kriemhild nicht, und lesen konnte sie nicht. So blieb ihr kaum Zerstreuung: Ein Lied, vorgetragen von Wahnfried, der ihr aber immer ein gewisses Unbehagen bereitete, ein Schwatz mit den anderen Hofdamen, ein sehnsüchtiger, suchender Blick in die unbekannte Ferne vom Luginsland. Ihrer Schwägerin Brünhild ging sie aus dem Weg. Sie mochte ihre selbstbewusste Art nicht. Dieses Weib dachte, sie sei etwas Besseres, nur weil sie mit ihrem Bruder, dem König, verheiratet war. Dabei war doch ihr Siegfried eindeutig der größere Held in Burgund.
    All diese Gedanken kreisten in Kriemhilds Kopf, während sie gewohnheitsmäßig Psalmen und Gebete vor sich hin murmelte.
    Sie nahm auch Hagen nicht wahr, der wenige Schritte von ihr entfernt kniete und immer wieder verstohlen auf ihre gefalteten Hände blickte. Ihn faszinierte der neue Ring, den Kriemhild trug. Ein Ring, der eine merkwürdige Anziehungskraft auf ihn ausübte. Ein Ring, der zu seinem Unterbewusstsein sprach: Ich bin Andwaranaut, der Gefährte des Andwari. Ich bin deines Vaters Ring, der rechtmäßig zu deinem Erbe gehört. Ich bin ein ganz besonderer Ring. Ich, Andwaranaut, bin der Schatz der Schätze. Ohne mich wird dein Glück niemals vollkommen sein.
    Nur mit Mühe konnte sich Hagen beherrschen, den Gottesdienst nicht vorzeitig zu verlassen. In ihm wuchs der Groll. Wie kam Kriemhild in den Besitz seines Ringes? Er musste es herausfinden.
     
    *
     
    Bei der abendlichen Tafel war die Atmosphäre mehr als angespannt. Alle schienen sich gegenseitig zu

Weitere Kostenlose Bücher