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Die Nonne und der Tod

Die Nonne und der Tod

Titel: Die Nonne und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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verkaufen, das Problem ist nur die Gegenleistung, die sie verlangt.« Er machte eine Pause, dann fuhr er fort. »Ich musste ihr zusagen, dass wir zwei Nonnen aus der Stadt schmuggeln.«
    Ich schluckte. Maria und Agnes, dachte ich sofort.
    »Sie hat keine Namen genannt«, sagte er mir, als ich nachfragte.
    »Hast du ihr denn gesagt, dass du ein Schmuggler bist?«, fragte ich verwundert.
    Richard schüttelte den Kopf. »Sie wusste es. Keine Ahnung, woher.«
    Meine Gedanken kreisten um Agnes und Maria. Ich war mir sicher, dass sie es waren, die aus der Stadt geschafft werden sollten, und dass sie ihre Verbannung mir verdankten. »Dann bringen wir sie hierher und sagen, wir hätten sie aus der Stadt geschmuggelt.«
    »So dumm ist Schwester Johannita nicht«, sagte Richard. »Sie will, dass jemand von uns die beiden bis zu einem Kloster in Bonn begleitet. Die Äbtissin dort wird uns einen Brief mitgeben, sobald sie dort eingetroffen sind. Den Brief sollen wir Schwester Johannita bringen, dann bekommen wir die Kräuter.«
    »Dann müssen wir eine andere Möglichkeit finden«, sagte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich werde Maria und Agnes nicht opfern, nicht nach all der Hilfe, die sie mir gewährt haben.«
    »Es ist nur ein anderes Kloster«, sagte Richard ruhig, »kein Kerker.«
    Jacob nickte.
    Ich atmete tief durch. »Schwester Johannita wird die beiden weit wegschaffen wollen, weil sie – oder eher Bürgermeister Wilbolt – befürchtet, sie könnten von mir etwas erfahren haben, das seinem Amt schadet. Hinzu kommt noch, dass Schwester Agnes dabei war, als Johannita die ehrwürdige Mutter Schwester Immaculata ermordete. Das heißt, dass man die beiden von Bonn aus woanders hinbringen wird, weit, weit weg, wo sie weder Johannita noch Wilbolt schaden können, mit einer fadenscheinigen Begründung, sodass man jedes Wort, das sie gegen Johannita äußern, für eine schändliche Lüge halten wird, und vor allem ohne Mitgift. Jeder wird das als Strafe betrachten. Man wird sie behandeln wie Leibeigene, und dies nur, weil mein Vater befürchtet, sie könnten etwas wissen, das seinem Ruf abträglich wäre.« Entschlossen fügte ich hinzu: »Das werde ich nicht zulassen.«
    »Johannita wird sie früher oder später ohnehin wegschicken«, sagte Jacob.
    »Dann werden wir das verhindern.« Ich sah die beiden an. »Wir müssen es verhindern.«
    Richard seufzte.
    Der Erkrankte, der bereits bewusstlos zu uns gebracht worden war, starb, ohne dass ich ein einziges Mal seine Stimme gehört oder seine Augen gesehen hatte. Wir wollten seinen Leichnam verbrennen, vor allem Jacob bestand darauf, aber die Familie nahm den Toten mit und ignorierte unsere Bedenken.
    Während Jacob und ich uns um die anderen beiden Kranken kümmerten, wurden bereits vier neue gebracht. Richard machte sich unterdessen auf den Weg zum Kloster. Ich wusste, dass ihm das, worum ich ihn gebeten hatte, nicht gefiel, aber er würde es dennoch tun.
    Die Tränke, die ich aus dem Kräutersud gekocht hatte, gingen rasend schnell zur Neige, und schließlich nahm mich Jacob beiseite und sagte leise: »Wir sollten nur noch die behandeln, bei denen es Sinn macht, nicht die, die ohnehin sterben werden.«
    Ich dachte daran, wie nahe er dem Tod gewesen war. »Und wie sollen wir die einen von den anderen unterscheiden?«
    »Wir müssen es einfach versuchen.«
    Wir sprachen nicht darüber, dass der erste Kranke gestorben war, obwohl es sich um einen Mann gehandelt hatte, und auch nicht darüber, dass die anderen, ob Mann oder Frau, keine Besserung zeigten. Ich sah, wie sehr Jacob das beschäftigte. Immer wieder las er in seinen Notizen nach, suchte nach dem einen Fehler, den er begangen, oder der einen Sache, die er übersehen hatte.
    Die erkrankte Frau hatte bisher still vor sich hin gebetet. Nun bewegten sich ihre Lippen nicht mehr, sie lag nur noch schwach atmend und ansonsten reglos im Stroh. Ich nahm einen Krug, um ihr etwas Flüssigkeit einzuflößen, dann aber überlegte ich es mir anders und ging mit dem Krug zu einem kleinen Jungen, der bei der zweiten Gruppe gewesen war.
    »Ketlin?«
    Ich hob den Kopf, sprang im nächsten Moment auf und umarmte Maria und Agnes. Sie trugen ihre Nonnentracht, jede hatte einen kleinen Sack bei sich, den sie auf dem Boden abstellten, um die Umarmung zu erwidern.
    Richard stand hinter ihnen. »Ich habe ihnen erzahlt, wer wir sind und was wir hier tun«, sagte er. »Maria will gehen, Agnes nicht.«
    »Du willst was?« Ich sah

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