Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nonne und die Hure

Die Nonne und die Hure

Titel: Die Nonne und die Hure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
Vom Netzwerk:
Gespräch.
    »Jetzt sag mir mal einer, was dieser komische Herr da die ganze Zeit treibt«, meinte ein junger, kräftiger Fischer mit einem prachtvollen schwarzen Haarschopf.
    »Ach, meinst du den Deutschen, der den Palazzo gekauft hat?«, schaltete sich die beleibte Wirtin ein.
    »Geld scheint er ja zu haben.« Der Wirt, ein dürresMännchen, ging zum Fass in der Ecke des Raumes, um frisches Bier zu zapfen.
    »Er macht was aus dem alten Gemäuer, das muss man ihm lassen«, meinte der Fischer. Eine alte Vettel, vielleicht seine Mutter, öffnete ihren zahnlosen Mund zum Sprechen. »Es geht nicht mit rechten Dingen zu dort«, meinte sie. »Neulich kam Besuch, ein Mönch und eine Nonne, beide wirkten wie vom Teufel gehetzt. Der Diener hat sie eingelassen, und seitdem klingen manchmal die Laute einer Mandoline aus dem Haus. Morgens tragen die Diener einen Haufen Abfälle vor die Tür und verfüttern sie an die Schweine.«
    »Sollen sie den Abfall doch lieber den Armen geben, uns zum Beispiel«, tönte es aus dem Halbdunkel, wo die übrigen Gäste saßen.
    »Wisst Ihr, wie dieser Fremde heißt?«, fragte Christoph..
    » Chiodo ampio «, war die Antwort der Alten.
    »Breiter Nagel. Um Gottes willen«, sagte Hans.
    Nun bestürmten die Gäste die beiden mit Fragen. »Was habt Ihr mit dem zu tun?« – »Ist es Euer Vater? Oder Onkel?«
    »Es ist ein … Bekannter«, wich Christoph aus. »Wir suchen diesen Mönch und die Nonne, weil sie etwas Wichtiges in ihrem Besitz haben, das uns gehört.«
    »Ah, ein Fall von Diebstahl«, meinte der junge Fischer mit einem Zwinkern. Dann wandten sich die Gäste anderen Themen zu; sie sprachen über die diesjährige Ernte, die Fangergebnisse der letzten Tage und Wochen und dass es eine Gemeinheit sei, dass jemand wie dieser Deutsche und andere reiche Leute jagen dürften, sie aber nur mit deren ausdrücklicher Erlaubnis, für die sie auch noch bezahlen müssten. Über die örtliche Festung La Rocca erfuhren sie, dass sie der Schaustellung militärischer Macht diene und Ende des letzten Jahrhunderts ein merkwürdiger Menschnamens Nostradamus dort geboren worden sei. Die Gäste zogen sich bald zurück, und Christoph und Hans verbrachten eine ungemütliche Nacht zwischen schnarchenden, schwitzenden Männern und Frauen.
    Das Schiff strich unter vollen Segeln an der dalmatinischen Küste entlang. Am Himmel zeigten sich hohe Federwolken, die Aussicht auf gutes Wetter boten. Celina ging dem Schiffsjungen beim Kochen zur Hand. Das Leben an Bord war ansonsten recht eintönig. Sie las viel oder unterhielt sich mit Andriana über die Unendlichkeit der Liebe.
    »Ich habe jetzt die Lösung gefunden«, sagte sie und ließ ihre Haare, die sie von allen Hauben und Hüten befreit hatte, im Wind flattern. »Christoph und ich, wir lieben uns, nicht nur platonisch, und das macht diese Liebe unendlich, weil sie einmal stattgefunden hat. Sie ist zwar nur ein kurzes Aufflackern in der Unendlichkeit der Geschichte und des Raums, aber sie war da und wird von Gottes Güte und Gnade gezählt. Was für ein Ereignis ist bedeutsamer, eine lange Seeschlacht, ein großes Herrscherleben, die Ära eines Papstes oder Abtes, der das, was er lehrt, sich selbst nicht abverlangt – oder eine Spanne der Zärtlichkeit, die liebevolle Verbindung zweier Menschen?«
    »Du bist eine richtige Philosophin geworden«, meinte Andriana bewundernd.
    Die unzähligen, verstreuten grünen Inseln der dalmatinischen Küste lagen hinter ihnen. In Zadar lagen sie eine Nacht vor Anker. Wilde Gestalten mit roten Kopftüchern standen am Ufer und halfen beim Entladen. Sie passierten die Straße von Otranto zwischen der Spitze des apulischen Festlands und der osmanischen Küste. Vorbei an Korfu und Levkas, Inseln, die durch ihre Steilfelsen und das blaugrün bewegte Meer beeindruckten, kamen sie zum Kanal von Korinth. Die Landschaft wirkte kahl und trocken, nurvon einzelnen Büschen und Olivenbäumen bestanden. In Athen lagen sie zwei Tage. Am dritten Tag fuhren sie durch das Ägäische Meer. Hier erlebten sie einen Sturm, der aber glimpflich ablief und nur dazu führte, dass ein paar Weinfässer über Bord gingen und es Celina eine Zeitlang schlecht war. Sie stand die ganze Zeit an der Reling und schaute zum Horizont, nur so konnte sie den starken Wellengang ertragen. Schließlich erreichten sie den Bosporus, die Meerenge, die den Weg nach Konstantinopel freimachte.

38.
    Am Morgen kam durch das Fenster der Geruch nach Mist herein. Christoph wusch

Weitere Kostenlose Bücher