Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Normannen

Die Normannen

Titel: Die Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
Vom Netzwerk:
in Fécamp in eine Benediktinerabtei. Ihre Leitung übernahm Wilhelm persönlich. In den folgenden drei Jahrzehnten reformierte der Abt auf Wunsch des Herzogs die wichtigsten Klöster der Normandie.
    Diese Reform betraf sowohl die Formen des religiösen Lebens wie die Liturgie, auf die in Cluny besonders großen Wert gelegt wurde, als auch die intellektuelle Ausbildung der Möncheund Weltgeistlichen, die das hohe Niveau Burgunds und Norditaliens erreichen sollte. Verbessert wurde ferner die landwirtschaftliche Nutzung des umfangreichen Kirchenguts. Die Mönche kümmerten sich außerdem um das leibliche Wohl der dort lebenden Bevölkerung. Durch soziale und medizinische Unterstützung brachten sie ihr indirekt die Botschaft des Evangeliums näher. Wie die von Cluny abhängigen Klöster sollten die von Wilhelm reformierten Abteien dem Ideal der
libertas ecclesiae
(Freiheit der Kirche) entsprechen; sie sollten frei sein sowohl vom Einfluss des weltlichen Adels, der sie bisher kontrolliert hatte, als auch von dem der Bischöfe, die meist aus dem Adel stammten. Obwohl Wilhelm selbst zeitweise mehrere Klöster gleichzeitig leitete (neben Fécamp auch Saint-Ouen in Rouen sowie Mont-Saint-Michel), blieb die Autonomie der einzelnen Abteien gewahrt.
    Die Romanisierung der Normannen, die ihrer Christianisierung folgte, begann im Osten des Herzogtums bereits um die Mitte des 10. Jahrhunderts, im Westen, wo bis etwa 966 immer noch Skandinavier einwanderten, einige Jahrzehnte später. Der Aufenthalt eines skandinavischen Skalden (Dichter und Sänger) am Herzogshof in Rouen ist zum letzten Mal 1021 belegt. Während die ersten Generationen der Normannen noch zweisprachig waren, sprachen die folgenden nur noch altfranzösisch.
    Die Stärkung des Herzogtums Unter Richard II., der ein Freund und Verbündeter des französischen Königs Robert II. (996–1031) war, konsolidierte sich das Herzogtum Normandie. Dazu trugen politisch motivierte Ehen bei: Richard heiratete eine Schwester Gottfrieds, des Herzogs der Bretagne (gest. 1028), und dieser vermählte sich wiederum mit einer Schwester des normannischen Herzogs. Als Gottfried auf einer Pilgerfahrt nach Rom starb, wurde Richard Vormund seiner minderjährigen Söhne und kontrollierte so zusätzlich die Bretagne. Noch folgenreicher erwies sich die Heirat einer anderen Schwester Richards namens Emma mit König Ethelred II. von England (gest. 1016), der sich zeitweilig ins Exil in die Normandie begeben musste. Als sein Nachfolger, König Eduard, 1066 kinderlosstarb, öffnete sich für Richards Enkel Wilhelm der Weg zur englischen Krone (s. Tafel S. 26).
    Ein zeitgenössischer Chronist, der Mönch Rudolf Glaber aus Cluny, zeichnete um 1030 ein Idealbild der Normandie:
    Die Herzöge übertrafen alle durch militärische Stärke, den Wunsch nach allgemeinem Frieden und Freigebigkeit. Das Land, das sie beherrschten, lebte wie eine einzige Sippe oder Familie vereint in Harmonie und stabilem Frieden. Ein Normanne, der in einem Geschäft mehr verlangte als rechtens war oder eine Ware unkorrekt anpries, wurde als Dieb oder Räuber angesehen. Die Herzöge kümmerten sich um die Bedürftigen, Armen und Pilger, so wie es Väter mit ihren Söhnen tun. Sie bedachten die Kirchen fast der ganzen Welt mit großzügigen Geschenken.
    Da der Autor durch die Förderung der Kirchen und Klöster im Herzogtum Normandie voreingenommen war, übertrieb er sicher die Bedeutung der Herzöge als Garanten von Frieden, Recht und Ordnung. Unbestritten ist aber, dass in der Normandie unter Richard II. eine für die damaligen Verhältnisse in Frankreich, die durch Übergriffe des Adels auf Bevölkerung und Kirchen gekennzeichnet waren, beachtenswerte allgemeine Sicherheit herrschte. Dies lag auch daran, dass der normannische Herzog die höchsten weltlichen und geistlichen Ämter mit seinen Verwandten besetzen konnte: Richards Bruder Malgerius wurde Graf von Corbeil, sein Halbbruder Wilhelm Graf von Eu, sein Bruder Robert Erzbischof von Rouen und gleichzeitig Graf von Évreux; zwei Söhne seines Onkels Raoul d’Ivry, Hugo und Johannes, wurden Bischöfe von Bayeux bzw. Avranches.
    Eine Phase der Instabilität Die Stabilität mittelalterlicher Herrschaft hing stark von der Person des Herrschers ab. Dies zeigte sich in der Normandie, als nur ein Jahr nach dem Tod Richards II. sein Sohn und Nachfolger Richard III. 1027 plötzlich starb. Es ging das Gerücht um, er sei von seinem Bruder und Nachfolger Robert I.

Weitere Kostenlose Bücher