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Die Normannen

Die Normannen

Titel: Die Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Tarent oder Fürst von Tarent bezeichnen, wie dies in der älteren Literatur geschehen ist. Den Fürstentitel erwarb er, wie wir sehen werden, erst auf dem Kreuzzug. Das Fürstentum Tarent wurde hingegen erst um 1140 von König Roger II. als kurzlebiges Titularfürstentum für seinen Sohn Wilhelm I. geschaffen, als territoriales Fürstentum sogar erst 1250 von Friedrich II. für seinen Sohn Manfred (gest. 1266).
    Bohemund war auf den Namen Markus getauft worden; doch als Robert Guiscard von einem Spielmann die Geschichteeines Riesen namens Boamundus hörte – so der normannische Geschichtsschreiber Ordericus Vitalis (gest. um 1142) –, habe er für seinen außergewöhnlich hochgewachsenen Sohn diesen Namen vorgezogen. Dass Bohemund sehr groß war, bestätigt Anna Komnena, eine Tochter des Kaisers Alexios, die ihn vermutlich im Frühjahr 1097 im Palast ihres Vaters gesehen hatte. Die damals erst 14 Jahre alte Prinzessin schrieb später, Bohemund sei das Ebenbild seines Vaters Robert Guiscard gewesen. Von letzterem, den Anna nicht aus eigener Anschauung kennen konnte, entwirft sie ein stark literarisch gefärbtes Idealbild, hinter dem sich vielleicht in Wirklichkeit Bohemund verbirgt:
    Dieser Robert (Guiscard), von Geburt Normanne und von dunkler Herkunft, verband großen Ehrgeiz mit außerordentlichem Scharfsinn. Seine Körperkraft war bemerkenswert. Sein ganzes Verlangen war, Vermögen und hohe Stellung der Mächtigen zu gewinnen. Nichts konnte ihn an der Ausführung seiner Pläne hindern, und, um dieses Ziel zu erreichen, traf er seine Maßnahmen in unfehlbarer Weise. Seine hohe Gestalt überragte diejenige der größten Krieger. Seine Gesichtsfarbe war rötlich, sein Haar blond, seine Schultern breit. Seine Augen schienen Blitze zu schleudern. Gut gebaut in den Partien, die von Natur aus breiter sein sollen, war er so glücklich proportioniert, dass er dort schlanker wurde, wo man mehr Feinheit und Eleganz erwartet. So war dieser Mann, wie ich es oft von vielen habe sagen hören, vom Kopf bis zu den Füßen gut gewachsen. Was seine Stimme angeht: Wenn Homer von Achill hat sagen können, dass die Menschen, wenn sie ihn hörten, den Eindruck einer aufgeregten Menge hatten, so schlug der Schrei dieses Kriegers, wie man berichtet, Tausende in die Flucht.
    Zu Beginn des Kreuzzugs spielte Bohemund noch keine besondere Rolle. Erst nachdem die Kreuzfahrer, die von byzantinischen Truppen unter dem General Tatikios begleitet wurden, Anatolien und das von christlichen Armeniern bewohnte Kilikien durchquert hatten und im Oktober 1097 Syrien erreichten, wurde der süditalienische Normanne zum Protagonisten. Es galt das stark befestigte Antiochia (heute Antakya, Türkei), das wichtigste Hindernis auf dem Weg nach Jerusalem, in die Hand zu bekommen. Die Stadt war nach ihrer Eroberung durch die Araber (637) im Jahr 969 vom byzantinischen Kaiser NikephorosPhokas zurückerobert worden und erst 1084 in die Hand der Seldschuken gefallen. Ihre Bevölkerung bestand hauptsächlich aus christlichen Griechen, Syrern und Armeniern.
    Die Belagerung der stark befestigten Stadt, die durch einen doppelten Mauerring und zahlreiche Türme gesichert war, stellte die Kreuzfahrer vor ein Problem, das unlösbar schien. Als im Winter 1097/98 Hunger und Kälte den Belagerern arg zu schaffen machten, verließen einige Ritter sowie im Februar 1098 auch der General Tatikios das Heerlager. Wenige Wochen später erfuhren die Kreuzfahrer, dass türkische Truppen unter dem Emir Kerboga von Mosul im Anmarsch waren, um den Belagerten zu Hilfe kommen. In dieser verzweifelten Situation machte Bohemund einen Vorschlag: Wer am meisten zur Eroberung Antiochias beitrage, dem solle die Stadt überlassen werden, es sei denn, der byzantinische Kaiser erscheine persönlich, um sie für sich zu beanspruchen. Letzteres schien nicht ausgeschlossen, denn Alexios I. war mit einem Heer auf dem Weg nach Syrien. Doch als ihm berichtet wurde, das Unternehmen der Kreuzfahrer sei so gut wie gescheitert, kehrte er um. Die Folgen waren fatal: Die Kreuzritter sahen sich vom Kaiser verlassen. Da er seiner Verpflichtung, sie militärisch zu unterstützen, nicht nachkam, fühlten sie sich nicht mehr an die ihm in Konstantinopel gemachten Versprechungen gebunden.
    Daher akzeptierten sie, mit Ausnahme Raimunds von Toulouse, Bohemunds Vorschlag, der nicht ohne Hintergedanken gemacht worden war. Der Normanne hatte nämlich Kontakte mit einem armenischen Kommandanten in Antiochia

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